Stralsund: Wo Mehmel die Jakobi-Orgelpfeifen wirklich baute

Er machte Stralsund berühmt: Orgelbauer Friedrich Albert Daniel Mehmel. Er wurde am 6. Dezember 1827 in Allstedt (Thüringen) geboren, der Vater war Tischler und lebte mit der Familie in Eisleben. 1859 erhielt Mehmel das Bürgerrecht von Stralsund. Wann er wirklich in Stralsund ankam, wissen wir nicht. Er übernahm aber zu dieser Zeit die Orgelwerkstatt von Matthias Fernau in der Frankenstraße 16. Der war am 11. Mai 1858 mit gerade mal 36 Jahren gestorben. Mehmel heiratete die Witwe Maria Johanna Elise Carolina Fernau am 29. November 1859. Man munkelte, dass die Eheschließung eine Bedingung für die Übernahme der Werkstatt war. Oder war es doch echte Liebe? Immerhin kamen noch sechs Kinder auf die Welt... Jedenfalls zog Mehmel 1861 in das Gebäude Apollonienmarkt 16, das mit dem heutigen aber nicht identisch ist. Das war damals ein zweigeschossiger Bau mit Satteldach, der etwas abseits vom Apollonienmarkt stand, zur Straße wurde das Grundstück von einer Steinmauer mit Toreinfahrt abgegrenzt, die Werkstatträume befanden sich sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss. Davor waren es Schulräume, denn seit 1799 befand sich am Apollonienmarkt 16 die so genannte Industrieschule der Stadt. Mehmel baute alles um: Vorhandene Öfen baute er einfach um, ließ einen eisernen Grapen zum Schmelzen von Blei in die Wand einmauern. Alles ohne Baugenehmigung, nachträgliche Umbauten wurden von der Bauinspektion angemahnt. Mehmel kaufte das Haus am Apollonienmarkt erst am 31. Oktober 1865, 1886 ließ er auf dem Hof einen „Arbeitssaal“ und einen Holzschuppen errichten. 1867 entstand ein weiteres Hofgebäude für die Lagerung von Orgelteilen. Das Werkstattgebäude wurde mehrfach erweitert, so viel hatte er zu tun. Und hier, am Apollonienmarkt 16, war es auch, wo die Pfeifen für die Jakobiorgel entstanden. Allerdings muss man auch sagen, dass mehrere Orgelbauer, so Richter und Marx, ihre Handschrift in den Instrumenten der Jakobikirche verewigten. Nach 1896 wurde alles abgerissen: Kein Wunder, dass der Handwerker Mehmel so viel Platz brauchte: Er war äußerst produktiv, denn er baute von 1860 bis 1887 über 60 Instrumente, so die Orgeln in den Dorfkirchen Prohn, Steinhagen und Groß Mohrdorf, aber auch in der Nikolaikirche Richtenberg, in der St. Jürgen Basilika Starkow und in der Kirche Niepars freut man sich noch heute über die Arbeit des Stralsunder Orgelbauers. Am 27. Juni 1888 starb die Frau des Orgelbauers, er folgte nur sieben Tage später. Sohn Paul Heinrich Julius Mehmel führte die Werkstatt weiter, dieser, 1866 geboren, starb schon im Jahre 1894. Zwei Jahre später kaufte der Tischlermeister Ferdinand Wahlström aus Schweden das Haus von den Erben, ließ es abreißen und errichtete ein neues, ansehnliches Gebäude, in dem heute die OSTSEE-ZEITUNG ihr Domizil hat. Lesen Sie auch Stralsund: Neue Orgel auf CD jetzt schon zu hören Stralsund: Hansestadt feiert erste Orgelwoche Stralsund ist stolz auf die neue Orgel von St. Jakobi Von Ines Sommer