Stralsunder Adventskalender Tür fünf: Der Tapentensaal

Über der Welterbe-Ausstellung in der Ossenreyerstraße befindet sich ein aufwendig sanierter Raum, der so herrlich wie seltsam ist. In Stralsund gibt es so etwas kein zweites Mal, nur auf Rügen ist in einem privaten Gutshaus ein vergleichbarer Raum bekannt. Genannt wird er Tapetensaal – er steckt voller Schönheit und Rätsel. Bevor Steffi Behrendt, Leiterin des Amtes für Kultur, Welterbe und Medien, Türchen Nummer 4 unseres Stralsunder Adventskalenders öffnet, müssen die Besucher dicke Puschen über die Schuhe ziehen. Denn der „Hackertsche Tapetensaal im Olthofschen Palais“ (für alle, die es genau nehmen wollen) hat einen spektakulären Fußboden: Auf ihm hat ein Künstler in perspektivischer Art ein Becken gemalt, in dem der Boden tiefer zu liegen scheint. Ideale, aber reale Landschaften: Raffiniert. Aber warum? „Darüber lässt sich nur spekulieren“, sagt die Amtsleiterin. Und wer war es? Dem Maler Jakob Philipp Hackert wird das Werk zumindest zugeschrieben, da er 1762 und 1763 die künstlerische Gestaltung des Raumes übernahm. Ob er tatsächlich auch den Boden gemalt hat, ist aber nicht sicher. Was hingegen sicher ist: Wer diesen Raum betritt, hat das unwirkliche, aber angenehme Gefühl, in einem Pavillon oder einem Tempel zu stehen. Zwischen den gemalten Säulen an den Wänden sind ideale, aber reale Landschaften zu sehen. Der Betrachter blickt auf Burg Schreckenstein in Ústí nad Labem im heutigen Tschechien, auf eine Stadtansicht von Dresden, er blickt auf die sächsische Kleinstadt Tharandt und zur Festung Königstein an der Elbe, informiert Behrendt. Alles sehr hübsch anzusehen. Auch ein schmucker Ofen steht im Raum. Der Stralsunder Adventskalender bis jetzt: Folge 1: Keller erzählt Storys von Bier, Bush und Störtebeker Folge 2: Eine der ältesten Türen ist wieder schick Folge 3: Tür auf zu Stralsunds ältestem Schiff: die „Aken“ Früher wurde hier feste gefeiert: „Die auf Papierbögen gemalten Bilder sind nicht direkt mit der Wand verbunden, sondern auf Leinwand geklebt, die auf Rahmen gespannt ist“, erzählt Steffi Behrendt. Warum der Künstler ausgerechnet auf Tapeten malte? Wieso er sächsische Motive wählte? „Das ist noch nicht beantwortet.“ Wie die Malereien über den Türen verraten, muss in diesem Raum früher feste gefeiert und der Wein in Strömen geflossen sein. Heutzutage werden hier nur noch Besuchergruppen durchgeführt. Behrendt: „Mehr wollen wir dem Raum nicht zumuten.“ Von Kai Lachmann