Stralsunder Betriebskantinen in der Krise: Essen zum Mitnehmen

Gesund und lecker Mittag essen: Das geht in Stralsunder Betriebskantinen. Wegen der Verschärfung der Corona-Maßnahmen mussten viele jedoch ihren Betrieb stark runterfahren. Angeboten wird nun oft ein Außer-Haus-Verkauf, gegessen wird im eigenen Büro. Doch nicht überall ist dies auch möglich. Eine Kantine hat den Betrieb sogar bis Ende Januar komplett eingestellt. Die OZ hat sich einige Kantinen in der Hansestadt angeguckt und nachgefragt, ob Speisen zum Mitnehmen angeboten werden. Koch managt Gerichtskantine fast allein: „Der Dezember lief noch gut. Für den Januar sehe ich jedoch schwarz“, schildert Steffen Spohn, der junge Betreiber der Gerichtskantine, die Lage. Erst Anfang 2018 hatte der Koch die Kantine übernommen. Vor dem Lockdown brachte er täglich rund 120 Essen an den Mann, jetzt sind es nur noch 20 bis 30. Tendenz fallend. Auch Spohn darf seit Montag Essen nur noch „to-Go“ anbieten. „Letzte Woche durften unsere Juristen hier noch essen. Jetzt ist der Laden leer“, sagt er. Beklagen tut er sich nicht. Er hätte aus dem ersten Lockdown gelernt: der Einkauf wurde an die dynamische Lage angepasst, das Personal reduziert. Heißt: Spohn schmeißt den Laden quasi allein. „Kathrin unterstützt mich“, sagt er. Sie ist seine letzte Angestellte, arbeitet nun aber nur noch auf 450-Euro-Basis. Dabei waren sie am Anfang noch zu viert. „Ich biete die gleichen Speisen an wie sonst auch. Nur zum Mitnehmen.“ Die Leute aus der Umgebung würden selbst Schüsseln oder Töpfe mitbringen. „Aufgeben ist keine Lösung“, sagt er. „Wir haben uns hier etwas aufgebaut und wollen, dass es weitergeht.“ Die Essensausgabe hat Spohn gestaffelt. Gegen 11 Uhr kommen externe Gäste, danach holen sich Polizisten und Juristen ihr Mittagessen ab. Mit einer Idee begeisterte er an Weihnachten. Er bot „Entenkeule zum Mitnehmen“. Die Nachfrage sei nicht nur im eigenen Stadtteil groß gewesen, berichtet Spohn. „Das war gut. Aber natürlich eine spezielle Sache.“ Wichtig sei, dass die Kunden ihrer Kantine auch während des Lockdowns treu bleiben würden. Nachfrage bei care & cater GmbH deutlich eingebrochen: Angespannt ist die Situation bei der care & cater GmbH. Zwar kann die Betriebsspeisung in der Stralsunder Agentur für Arbeit über ein Mitnahme-Angebot aufrecht erhalten werden, dennoch ist die Nachfrage an Gerichten deutlich eingebrochen. Insgesamt wird der Stralsunder Caterer von Geschäftsführer Lutz Richter derzeit nur 280 von 1500 Gerichten los. Auch Richter musste die Kosten runterfahren. Von den rund 20 Mitarbeitern sind aktuell nur noch acht an Bord. „To-Go ist eine Möglichkeit“, erklärt Lutz Richter. „Es fehlt aber das Nebengeschäft aus Kaffee und Kuchen.“ Neben der Kantinenspeisung hat sich care & cater auf kleine Kunden im Stralsunder Umland von Tribsees bis Sassnitz spezialisiert. Ein wichtiges Projekt ist die Versorgung kleiner Haushalte über „Essen auf Rädern“. Dieses Geschäftsmodell lohnt sich im Lockdown nicht. „Es rechnet sich nur, wenn am Ende der Lieferkette eine Schule ist“, erklärte Richter über die eigene Internetseite bereits im Dezember. Dort kritisiert er auch die unentschiedene Strategie zur Schulöffnung als „Wischi-Waschi“. Dadurch würde das Geschäft mit dem Schulessen nahezu unplanbar. „Meine Hoffnung ist, dass die Kinder bald wieder in den Unterricht können“, sagt er. „Wegen der Bildung, nicht für das Essen“, sagt er. Wer den Caterer unterstützen möchte, kann das Werkessen über die Homepage bestellen und ab 11.30 Uhr in der Hans-Fallada-Straße abholen. Großküche (IB) in Groß Lüdershagen kocht weiter: Für die Großküche des Internationalen Bundes (IB) in Groß Lüdershagen geht der Kantinen-Betrieb erst einmal weiter, natürlich unter ganz anderen Bedingungen als bisher. „Jedes Essen muss gut eingepackt sein, nichts darf offen serviert werden. Und da reden wir nicht nur über ein Mittagessen in der Assiette, sondern zum Beispiel auch über das Frühstück“, sagt der Betriebsleiter Nico Bothe im OZ-Gespräch und schiebt hinterher: „Wir müssen alles einzeln verpacken. Das ist ein riesiger Aufwand.“ Aber anders dürften die Angebote nicht über den Tresen gehen. „Viele nehmen sich das Essen dann mit an den Arbeitsplatz. In Ausnahmefällen, zum Beispiel in der Produktion, darf unter Einhaltung strengster Abstandsregeln auch am Kantinentisch Platz genommen werden“, sagt der gelernte Koch und Hotel-Betriebswirt, der im Dezember 2019 den IB-Betrieb übernahm. Aus Groß Lüdershagen werden drei Betriebseinrichtungen beliefert: die Kantine bei Ostseestaal, ein Spezialunternehmen mit rund 200 Mitarbeitern, das Bistro im Bürogebäude der Architekten- und Ingenieur-Union am Carl-Heydemann-Ring und die Kantine im Friedrich-Löffler-Forschungsinstitut auf der Insel Riems. „Natürlich müssen wir gucken, wie lange eine Kantine wirtschaftlich betrieben werden kann“. so Bothe. Wegen Kurzarbeit und Homeoffice würden auch sie immer weniger Portionen verkaufen. Der 37-Jährige verschweigt nicht, dass sich auch die Küche des Stralsunder IB in schwierigem Fahrwasser befindet. Von den 75 Mitarbeitern mussten bereits 30 in Kurzarbeit geschickt werden. 45 halten das Planen, Kochen und Ausliefern für Kitas, genannte Kantinen und „Essen auf Rädern“ am Laufen. Krankenhaus-Kantine ist ein Sonderfall: Eine Kantine, die unter strengen Vorkehrungen noch betrieben wird, befindet sich im Helios Hanseklinikum. Entsprechend der Landesverordnung ist der Betrieb der Kantine in medizinischen Einrichtungen möglich, heißt es aus der Helios-Unternehmenskommunikation. Die notwendigen Vorkehrungen wurden bereits vor vielen Monaten getroffen. Versorgt wird hier nur noch das Personal, keine Patienten. Es muss ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern eingehalten werden, die Sitzplätze sind durch Glasscheiben abgetrennt. „Die Kantine ist nicht nur zentrale Anlaufstelle für die Speisenversorgung der Mitarbeiter, sondern auch ein Ort, um „Luft zu holen“ und in der Pause für einen Moment abzuschalten“, erklärt David Kayser, Geschäftsführer des Helios Hanseklinikums Stralsund. HOST: Mensa bis Ende Januar geschlossen: An der Stralsunder Hochschule wurde die betriebliche Versorgung bereits Mitte Dezember 2020 eingestellt. Mensa und Cafeteria bleiben vorerst auch bis zum 29. Januar 2021 geschlossen. Von rund 500 Essen pro Tag im Dezember 2019 sank die Nachfrage hier auf deutlich unter 80 Essen pro Tag im Dezember 2020. Das Studierendenwerk Greifswald hatte das Angebot bereits auf „To-Go“ umgestellt. Lesen Sie auch: Corona-Lockdown in MV: Linke fordern Öffnung von Betriebskantinen Die Angestellten der Deutschen Rentenversicherung können noch auf das Angebot von „Catering und Service Nord“ vertrauen. Auch hier wird das Essen jedoch nur zur Mitnahme angeboten. Neben Mittag wird Frühstück ausgegeben. Versorgt werden jedoch nur die eigenen DRV-Mitarbeiter, Arbeiter anderer Firmen werden nicht bedient. Mit der Essenversorgung sind in der Regel zehn Mitarbeiter betraut, unter sind es je nach Umsatzerwartung nur sechs bis sieben Personen. Von Kay Steinke, Jörg Mattern, Ines Sommer