Stralsunder Eigeninitiative: Mieter pflanzen sich eine Hecke

Von den neu gepflanzten Büschen, die einmal eine Hecke werden sollen, sind in den letzten kalten Tagen schon viele Blätter abgefallen. Doch Herbert Heller hat keine Zweifel. „In zwei bis drei Jahren ist das hier eine schöne Hecke, die unseren Wohnblock zur Straße hin etwas mehr vor Staub und Lärm schützen wird“, sagt der 83-Jährige. Noch wichtiger ist für ihn aber, dass sie Mieter und der Vermieter, die TAG Wohnen sowie die Hansestadt mitgezogen haben. „Die fünfzehn Mietparteien haben zusammengelegt, die Pflanzen von dem Geld gekauft und anschließend in die Erde gebracht“, sagt Heller. Mieter haben Erfahrung mit Pflanzaktionen: Seit 40 Jahren wohnt er in dem Haus mit den drei Aufgängen Nr. 74, 76 und 78 an der Vogelwiese in Knieper Nord. Schon einmal haben hier die Mieter zur Selbsthilfe gegriffen und eine Schutzbaumhecke hinters Haus gepflanzt. Da war der Diplomforstwirt gerade eingezogen. Gemeinsam mit seinen Mitbewohnern hatte er damals im Rathaus vorgesprochen und gefragt, ob dort etwas Eigeninitiative bei der Heckenpflanzung unterstützt wird. Bei der Stadt war man da nicht abgeneigt. „Über Kommunalvereinbarungen, die viele Betriebe mit der Stadt hatten, wurden die Bäumchen gespendet und wir haben sie dann eingepflanzt“, erinnert sich Heller. Die Mieter kümmerten sich anschließend darum, dass Feldahorn, Ebereschen und Kreuzdorn als Jungpflanzen immer reichlich Wasser bekamen. 30 Jahre für den Naturschutz in Stralsund im Einsatz: Herbert Heller war damals der richtige Mann zur richtigen Zeit. Als Mitarbeiter bei der einstigen Wasserwirtschaftsdirektion Küste hatte er nicht nur die richtigen Kontakte. Als Naturschutzbeauftragter der Hansestadt hat er sich zudem über 30 Jahre lang gemeinsam mit 25 Naturschutzhelfern um die Stadtbegrünung gekümmert und die Rekultivierung des Stadtwaldes begleitet. „Auf den Spülfeldern, die einst für die Entschlammung von Knieper- und Moorteich auf Niederholzflächen des Stadtwaldes angelegt worden waren, wurden neue Bäume gepflanzt“, sagt Heller. Das Projekt, an diesen Stellen wieder Wald wachsen zu lassen, stammt von ihm. „Das war ein großes Vorhaben, an dem sich viele Stralsunder beteiligt haben“, sagt der Forstwirt. Neue Hecke unter alte Baumreihe gepflanzt: Nun also eine Aufforstung ein paar Nummern kleiner. Die vierzig Jahre alte Baumpflanzung hinter den Balkonen der Vogelwiese 74–78 war im Laufe der Zeit etwas lichter geworden. Der Durchgangsverkehr zwischen Knieper Nord und Knieper West hatte dafür immer mehr zugenommen. Abgase und Staub wehten immer öfter über den Trockenplatz zwischen den Bäumen und dem Wohnblock. „Vor zwei Jahren wurde im Haus die Idee geboren, die Baumreihe mit einer Hecke zu unterpflanzen“ sagt Heller. Die Mieter holten sich den Stralsunder Baumsachverständigen Silvio Nagel mit ins Boot. „Dieser hat das Vorhaben befürwortet und damit stand auch die Stadtverwaltung dahinter“, so Heller. Ein Feuerahorn für die Enkeltochter: Von den Spenden der Hausbewohner wurden Heckenpflanzen wie Schneeball, Ölweide und Kreuzdorn gekauft und dann griffen die Anwohner vor zwei Jahren zum Spaten „Die letzten Pflanzen kamen in diesem Herbst in den Boden“, sagt der begeisterte Naturfreund. So mancher hatte eine ganz besondere Motivation zum Pflanzen, weiß Herbert Heller und berichtet von seinem Nachbarn Torsten Stolz, der für seine Enkeltochter einen Feuerahorn stiftete und in die Hecke setzte. Nicht nur die Mieter werden künftig ihre Hecke umsorgen. Herbert Heller weiß, dass die TAG Wohnen als Vermieter auch ihre Gärtnertruppe mit dazu einsetzen will, wenn etwa Technik gebraucht werden sollte. Hoffen auf den Nachahmungseffekt: „Die Büsche werden nicht nur für uns Anwohner und alle, die daran vorbeikommen, ein schöner Anblick sein. Vielmehr werden sie künftig für Vögel und Insekten eine neue Heimat bieten“, sagt Heller, der auf einen Nachahmungseffekt in der ganzen Hansestadt hofft. „Mir geht es vor allem um mehr Wertschätzung für die Gehölze in der Stadt. Dazu kann jeder Stralsunder einen kleinen Beitrag leisten.“ Lesen Sie auch: Stralsunder Verein fordert mehr Respekt vor Natur auf Halbinsel Devin Stralsund: Linke protestiert gegen Absage von Silvester-Feuerwerk Stralsund ist gegen Lüftungsgeräte für Schulen Von Jörg Mattern