Stralsunder Schafhalter ist Wolf auf Wiese hinter Hansedom begegnet

Ralf Borschke spricht von einer „Begegnung der dritten Art“: Ein Wolf sei ihm in dieser Woche am Rand einer Wiese dicht hinter dem Hansedom entgegengekommen. „Ganz lässig und selbstbewusst, so als wollte er zeigen, dass er hier der Chef ist. Bis auf 20 Meter kam er heran. Ein schönes Tier.“ Angst habe er dabei nicht gehabt, erzählt Borschke. „Ich bin dann langsam zurück zu meinem Trecker gegangen und habe den Motor angemacht. Der Lärm hat das Tier verscheucht.“ Es sei durch eine Baumreihe gelaufen und von dannen gezogen. Borschke hat rund 20 Schafe auf der Wiese stehen und einen 1,20 Meter hohen Stromzaun gezogen. Der Wolf lief am Rand entlang. Aber: „Ein Zaun ist kein Hindernis für den Wolf. Entweder buddelt er sich unten durch oder er springt oben drüber“, meint der 62-Jährige. Wie reagiert ein Wolf auf einen Hund? Als parteiloser Landtagsabgeordneter und Mitglied der AfD-Fraktion setzt sich Borschke dafür ein, in MV eine Bestandsobergrenze für Wölfe einzuführen. „Ich will hier aber keine Politik machen“, stellt er klar. „Ich will die Leute bloß warnen, dass hier in der Gegend der Wolf unterwegs ist.“ Auf einer nahen Wiese nördlich der Gärten an der Vogelsangstraße seien häufig Menschen mit ihren frei laufenden Hunden unterwegs. Wie ein Wolf auf einen Hund reagiert, lasse sich nicht abschätzen. Das Schweriner Umweltministerium teilt mit, der Wolf reagiere meistens „neutral“, zeige also kein auffälliges Verhalten. Möglich sei auch eine „positive“ Reaktion, wobei der Hund als Paarungspartner oder Spielgefährte gesehen wird; ebenso eine „negative“, das heißt, der Hund gilt dem Wolf als Konkurrent. Nicht auszuschließen ist, dass der Wolf den Hund dann angreift. Einschüchtern, schreien, klatschen: „Grundsätzlich sollten Hunde beim Spaziergang in Regionen, in denen mit Wölfen zu rechnen ist, immer angeleint sein“, so der Hinweis des Ministeriums. Der Hund sollte nahe bei Frauchen oder Herrchen bleiben und eine Interaktion mit dem Wolf vermieden werden. Lesen Sie auch Wolf im Stralsunder Umland unterwegs? Wolf spaziert durch Negast und Stralsund – Einwohner besorgt Wölfe in MV: Wo sie leben und wann es gefährlich wird – mit Karte Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) rät bei Wolfssichtungen generell: „Verhalten Sie sich ruhig. Bleiben Sie stehen und halten Sie Abstand. Sprechen Sie das Tier ruhig an, falls es noch nicht auf Sie aufmerksam geworden ist. Wenn Ihnen die Situation nicht geheuer ist, laufen Sie nicht davon, sondern gehen Sie langsam rückwärts und sprechen Sie dabei laut.“ Falls der Wolf nicht weglaufe oder sich wider Erwarten sogar nähere, wird empfohlen, zu schreien und in die Hände zu klatschen. „Versuchen Sie, ihn einzuschüchtern, indem Sie sich groß machen und eventuell etwas nach ihm werfen.“ Wer einen Wolf gesehen hat, sollte die Sichtung melden und die Informationen dem Wolfsmonitoring MV zur Verfügung. Dort werden die Hinweise gesammelt und dokumentiert. „Alle Meldungen sind ein wichtiger Baustein, um das Vorkommen und das Verhalten der Wölfe einschätzen und in geeigneter Weise reagieren zu können“, sagt Claus Tantzen vom Landwirtschafts- und Umweltministerium. Die Daten sind Teil der Grundlage, auf der Entscheidungen getroffen werden, wie mit dem Wolf weiter verfahren werden soll. Kontakt: www.wolf-mv.de, info@wolf-mv.de, Ansprechpartner: Norman Stier, 0171 / 48 59 789. Schadenshotline und zentrale Meldestelle bei Rissen: 0170 / 76 58 887. Mittlerweile 15 Rudel in MV: Dass das Tier, das Borschke gesehen hat, tatsächlich ein Wolf war, dessen ist sich der Schafhalter sicher. „Zweihundertprozentig!“ Foto- oder Filmaufnahmen hat er nicht. Deshalb sei eine objektive Einschätzung nicht möglich, sagt Claus Tantzen, Sprecher des Umweltministeriums. „Es gibt einige Hunderassen, die optisch einem Wolf sehr ähneln und nur im Detail zu unterscheiden sind. In Stralsund gibt es bekanntermaßen Wolfshunde: Wenn diese Tiere nicht direkt beim Halter laufen, ist eine Verwechslung sehr leicht möglich“, führt er aus. In MV sind mittlerweile 15 Rudel heimisch. Im Umfeld der Hansestadt seien aber „keine territorial ansässigen Einzelwölfe oder Wolfsrudel bekannt“. In den vergangenen Jahren habe es aber „gelegentliche Sichtungen von Wanderwölfen“ gegeben. Der Ministeriumssprecher verweist außerdem darauf, dass nun die Zeit der Abwanderung sei, in der Jungtiere ihr Rudel verlassen. Ralf Borschke stellt die Vermutung in den Raum, dass das Tier entlang des eingezäunten Rügenzubringers nach Norden gekommen sein könnte. Kostenlose Beratungen: Der Schafhalter ist sich nun nicht sicher, wie er mit seinen Tieren weitermachen soll. „Ich dachte, hier in Sichtweite zur Wohnbebauung und neben einer Straße würde sich kein Wolf blicken lassen.“ Er habe zwar noch zwei weitere Flächen für seine Schafe, eine bei Zarrendorf und eine nahe Preetz. „Da wurde der Wolf aber auch schon gesehen und mir wurde von Rissen berichtet.“ Um diesen vorzubeugen, empfiehlt Claus Tantzen vom Umweltministerium privaten und gewerblichen Nutztierhaltern, sich Hilfe beim Land zu holen. Dabei gehe es um Varianten der Zäunung, Herdenschutzhunde und Fördermöglichkeiten. Die Beratungen sind kostenlos. Kontakte stehen auf www.wolf-mv.de. Von Kai Lachmann