Suchtberatung in Stralsund trotz Corona-Krise weiter erreichbar

Als sich alle Türen schlossen, brach für viele Hilfesuchende ein wichtiger Bezugspunkt weg. Denn auch in den Sucht- und Drogenberatungsstellen der evangelischen Suchtkrankenhilfe in Stralsund und Ribnitz-Damgarten musste nach den Kontaktsperren schnell umgedacht werden. „Eigentlich haben wir nie aufgehört, zu arbeiten“, sagt Angelika Löscher, Leiterin der beiden Einrichtungen, und sie betont: „Wir sind weiterhin für alle Hilfesuchenden da.“ Wenn im Moment auch zugegebenermaßen unter besonderen Bedingungen. Beratung per Telefon: „Wir haben alles sehr schnell aufs Telefon umgestellt“, sagt Angelika Löscher. Das heißt, dass alles am Hörer abgewickelt wurde: Beratungen, Erstgespräche, Hilfe bei Anträgen oder einfach nur, wenn ein Klient reden wollte. „Natürlich war das eine Umstellung, und wir mussten zunächst auch erst einmal allen klarmachen, dass wir nach wie vor erreichbar sind.“ Zur Sucht- und Drogenberatung können alle Frauen und Männer kommen, die ein Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenproblem oder andere Suchtprobleme haben. Aber auch Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen können sich an die Beratungsstellen wenden. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach „Die Zahl der Angehörigen, die sich telefonisch in den vergangenen Wochen bei uns meldeten, hat enorm zugenommen“, sagt Angelika Löscher. Doch das hätte man in so einer Situation fast erwarten können. „Wenn man über längere Zeit auf relativ engem Raum Zeit miteinander verbringt, werden vielleicht auch mal Probleme offensichtlich, die man sonst nicht wahrnimmt.“ Sich gegenseitig auffangen: Große Sorge hatten sich die Therapeuten um die Selbsthilfegruppen gemacht, da diese für die Hilfesuchenden oft ein Fixpunkt und eine wichtige Stütze im Alltag sind. „Dort blieb uns nur die Möglichkeit, alle immer wieder zu ermuntern, sich gegenseitig anzurufen und sich aufzubauen, wenn einmal etwas im Argen liegt.“ Und es sei eben jetzt auch deshalb so wichtig, für die Klienten da zu sein, weil die Nöte und Ängste nach wie vor da sind und bei manchen vielleicht sogar noch größer geworden sind. „Natürlich waren diese Telefongespräche, für die wir richtige Termine gemacht haben, eine Veränderung für beide Seiten. Aber sie sind auch für viele ein wichtiger Kontakt nach außen.“ Gab es anfangs bei einigen Frauen und Männern noch etwas Skepsis, habe das Telefonieren schließlich immer besser funktioniert. Übrigens auf beiden Seiten, wie Angelika Löscher erklärt. „Auch für uns waren es teilweise tolle Gespräche, weil diese neue Situation bei einigen unserer Klienten dazu führte, mal ganz andere Sachen zu erzählen. Es sind wirklich gute Gespräche, die wir führen.“ Suche nach Möglichkeiten: Auch die Vorbereitungen auf die sogenannte Medizinisch-Psychologische Untersuchung, kurz: MPU, in Ribnitz-Damgarten wird weiter gemacht. „Da wurde viel mit Mails gearbeitet.“ Ähnlich sieht es bei der Substitutionsbegleitung und der Nachsorge nach einer Therapie aus. Doch bei aller Freude darüber, dass man in den vergangenen Wochen viele Krisen etwas abfedern und Klienten auffangen konnte, schaut das Team um Angelika Löscher auch nach vorn. „Bis zum 5. Mai wird sich hier noch nichts ändern“, sagt die Leiterin. Aber man arbeite an Möglichkeiten, um bald auch wieder persönliche Kontakte möglich zu machen. So werden unter anderem Schutzscheiben für die Mitarbeiter und Markierungen angebracht, damit der nötige Sicherheitsabstand eingehalten wird. 600 Klienten nutzen Angebot: Im vergangenen Jahr nutzten etwa 600 Klienten das Angebot der beiden Beratungsstellen in Stralsund und Ribnitz-Damgarten. 627 Klienten hatten eine eigene Symptomatik, davon waren 84 Prozent Männer (525) und 16 Prozent Frauen (102). Der Anteil der Arbeitslosengeld-II-Bezieher lag bei den Klienten 2019 bei 32 Prozent. 30 Angehörige suchten den Kontakt zur Sucht- und Drogenberatung. Wer Rat oder Hilfe braucht, kann sich an Stralsund an die Mitarbeiter unter Telefon 03831/390 096 oder per E-Mail, sb-stralsund@suchthilfe-mv.de, wenden, in Ribnitz-Damgarten geht das unter Telefon 03821/390 00 69 oder per E-Mail: sb-ribnitz@suchthilfe-mv.de. Lesen Sie auch: Rettungssanitäter angegriffen: Betrunkener wehrt sich gegen Hilfe in Stralsund Kunst in Stralsund: Goldschmiede öffnet Galerie trotz Corona-Krise Kita-Notbetreuung in Stralsund: X-mal Hände waschen – für die Lütten keine Hürde Von Miriam Weber