Unterirdischer Gang an altem Schweden-Palais entdeckt

Fluchttunnel? Mysteriöser Geheimgang? Oder doch nur ein simpler Abwasserschacht? Ein überraschender Fund bei Grabungen im Zusammenhang mit der Sanierung des Bauamtes — des früheren Schwedischen Regierungspalais — in der Badenstraße 17 stellt die Archäologen vor einige Rätsel. Am Freitagmittag wurde das massive Mauerwerk entdeckt. Anfangs habe sie gedacht, es handelt sich um Kasematten, um einen Fluchtkanal für Soldaten oder das Personal, meint Grabungsleiterin Steffi Brüggemann. „Wir wissen nicht so richtig, was es ist“, sagte sie gestern über den Kanal, der einen halben Meter breit, einen Meter hoch ist und zur Hälfte mit Schutt verfüllt wurde. Ganz stark vermute sie aber, dass es sich um einen „Abzugskanal für Wasser“ handelt. Denn der Tunnel führt bis unter das Straßenpflaster der Badenstraße und weist zum so genannten Giergraben. Von dort sei es möglich, dass das Wasser dann in den Sund geflossen ist. Fest steht für die Expertin, dass es sich um ein Bauwerk aus dem 18. Jahrhundert handelt. Genau aus der Zeit, als das Palais erbaut wurde. Auftraggeber des prunkvollen Barockgebäudes war der schwedische Generalgouverneur Graf Johann August Meyerfeldt. Er bezahlte den Bau nicht nur aus eigener Tasche, sondern ließ ihn von dem schwedischen Architekten Cornelius Loos (1686-1738) planen. Der wiederum hat vor allem im Festungsbau seine Spuren hinterlassen. So wie zum Beispiel am früheren Tribseer Tor. Entsprechende Belege hat Steffi Brüggemann selbst bei Grabungen an der heutigen Kreuzung Frankenwall/Tribseer gefunden. Und auch beim Meyerfeldtschen Palais hat der Architekt offenbar sein ganzes Wissen in die Waagschale geworfen. Steffi Brüggemann spricht von „Mörderfundamenten“. Ähnlich massiv seien Reste von Treppenanlagen, die sie an dem Bau entdeckt hat. Kein Wunder offenbar, denn das Palais hatte einiges zu tragen, war nicht nur mit Back- und Brauhaus und großen Magazinen ausgestattet, sondern soll sogar eine Sauna gehabt haben. Allerdings gebe es keinerlei Zeichnungen zu den Anlagen um das Haus herum — und damit auch nicht zu dem ominösen Kanal. Und das, obwohl Loose ansonsten alle Bauunterlagen sehr akribisch geführt habe. So existiere ein in Leder gebundenes Hausbuch, in dem das Gebäude detailliert beschrieben ist. Der Ostflügel wurde beim Bombenangriff am 6. Oktober 1944 zerstört. Seit Kriegsende dient der frühere schwedische Regierungssitz als Verwaltungsgebäude. Auch nach dem Ende der Sanierung soll hier wieder das Bauamt einziehen. 4,7 Millionen Euro kostet die Wiedererrichtung des denkmalgeschützten Baus. 30 Prozent zahlt die Hansestadt selbst. Der Löwenanteil wird über Städtebaufördermittel finanziert. Bereits 2011 wurde in einem ersten Bauabschnitt der Ostflügel fertiggestellt. Ende 2016 sollen die gesamten Arbeiten abgeschlossen sein, kündigt Sigrun Adam, Projektleiterin bei der Stadterneuerungsgesellschaft (SES) an. Mit Backhaus und Magazingewölben Das Meyerfeldtsche Palais befindet sich in der Badenstraße 17. Das Schwedische Regierungspalais wurde in den Jahren 1726 bis 1730 errichtet. Zu jener Zeit gehörten Vorpommern und Rügen zum Königreich Schweden. Der Regierungssitz wurde von Stettin nach Stralsund verlegt. Bauherr war der schwedische Generalgouverneur Graf Johann August Meyerfeldt. Er bezahlte den Bau aus seinem eigenen Vermögen. Meyerfeldt beauftragte den schwedischen Architekten Cornelius Loos mit der Planung. Ein in Leder gebundenes Tagebuch enthält Grundrisse und eine detaillierte Beschreibung des Gebäudes durch Loos. Es befindet sich im Stadtarchiv. 49 Räume gab es in dem Haus. Acht wurden zu Wohnzwecken genutzt. Die anderen dienten der Repräsentation beziehungsweise den Bediensteten als Unterkunft. Es gab ein Back- und ein Brauhaus sowie große Magazingewölbe und mehrere Speisekammern. Marlies Walther

Stralsund - Unterirdischer Gang an altem Schweden-Palais entdeckt