Vorpommern-Rügen: Bundeswehr kämpft gegen Corona an vorderster Front

Sie sehen aus, als kämen sie aus einem Hochsicherheitslabor – Soldaten, die über ihrer Uniform noch eine komplette Schutzmontur tragen: Brille, Anzug, Überzieher für die Schuhe. Sie klingeln an Haustüren und nehmen Abstriche von Menschen, für die Quarantäne angeordnet wurde. So wird verhindert, dass die möglicherweise Infizierten die häusliche Isolation verlassen müssen, um sich testen zu lassen. Die Bundeswehr übernimmt diese Aufgabe auf Anfrage, wenn keine zivilen Kräfte dafür zur Verfügung stehen. Auch in Vorpommern-Rügen ist ein Team unterwegs. Das Personal wechselt, doch stets sind es Soldaten, die schon im medizinischen Bereich gearbeitet haben. Yvonne Bergemann und Pierre Nuelken etwa sind erfahrene Rettungssanitäter. An diesem Tag stehen 21 Adressen auf dem Plan. „Wir hatten auch schon mal fast 30“, sagt Yvonne Bergemann, die stolz ist, als Bundeswehrangehörige auf diese Weise helfen zu können. An vorderster Front sozusagen. Hunderte Kilometer jeden Tag: Juliusruh auf Rügen, ein paar Dörfer südlich von Grimmen, Prerow und Ribnitz-Damgarten – bei so einer Tour kommen schon mal 500 Kilometer zusammen. Denn die Proben müssen am selben Tag ins Labor nach Rostock und die Soldaten zurück zur Kaserne nach Parow. „Seit März sind wir 18 000 Kilometer unterwegs gewesen“, berichtet Nuelken. Um die Aufgabe bei steigenden Zahlen bewältigen zu können, hat der Kreis eine Anfrage für ein zweites Team an Pierre Bornschein gestellt. Der Oberstleutnant ist Reservist und leitet ehrenamtlich das Kreisverbindungskommando. Er ist sozusagen die Schnittstelle zwischen Kreis und Bundeswehr und zurzeit viel beschäftigt. „Ich kann das nur leisten, weil mir meine Familie den Rücken freihält“, sagt der Rügener. Wenn er keine Uniform trägt, arbeitet er im Familienbetrieb, der zwei Läden auf der Insel betreibt. Fluglotsenanwärter gibt nun Corona-Auskünfte: Die Anfrage wird an das Landeskommando in Schwerin weitergeleitet und von dort nach Berlin, wo die endgültige Entscheidung getroffen wird. Bis ein zweites Team auf der Straße ist, könne eine Woche vergehen, so Bornschein. Damit nicht genug. Sechs Soldaten unterstützen das Gesundheitsamt nun auch bei Kontaktermittlung und Aufklärung. Einer von ihnen ist Oberfähnrich Christian Bürger. Er ist Fluglotsenanwärter in Laage, steht jetzt aber verunsicherten Anrufern Rede und Antwort. Dafür wurde er ausführlich über die aktuelle Lage und Regelungen informiert. Sollte er einmal keine Antwort wissen, leitet er die Anrufer entweder zur Hotline des Landes weiter oder er klärt die Angelegenheit intern und ruft dann zurück. Lesen Sie auch: Corona-Einsatz: Rund 100 Soldaten unterstützen Gesundheitsämter in MV 54 neue Corona-Fälle in MV am Montag – ein weiterer Toter Wegen Corona: Verkehrsbetrieb stellt Buslinie zum Königsstuhl ein „Es ist gut, dass sie merken, dass da jemand ist“: „Die Leute wollen zum Beispiel wissen, was bestimmte Verordnungen genau bedeuten. Sie wollen aber auch wissen, ob sie noch zum Briefkasten dürfen, wenn sie in häuslicher Isolation sind“, sagt Bürger. Wichtig sei, verständnisvoll zu reagieren. Eine weitere Aufgabe ist, Menschen in Quarantäne zu kontaktieren und zu fragen, ob Symptome aufgetreten sind. „Für sie sind wir oft der einzige Kontakt am Tag. Es ist gut, dass sie merken, dass da jemand ist.“ Deshalb sei er auch ein Stück weit Seelsorger. „Man hört sich da schon einiges an.“ Hotlines: Gesundheitsamt des Landkreises: 03831 / 357 1000 Hotline des Landes: 0385 / 588 113 11 Hotline des Bundes: 030 / 346 465 100 Lesen Sie auch Wählen mit 16 in MV: Landtagswahl 2021 in MV könnte ungültig sein Rostock: Radfahrerin umgefahren: Ermittlungen gegen betrunkenen Autofahrer Ein „Manager für Stralsund“: So steht es um den neuen Top-Job der Hansestadt Von Kai Lachmann