Vorpommern-Rügen: Unternehmerinnen fordern harten Lockdown

Die Schnelltest-Strategie trifft Kosmetiker, Nagelstudios und Friseure mit voller Wucht. „80 Prozent der Termine für Mittwoch und Donnerstag haben die Kunden abgesagt“, schildert Anja Böttcher von Hairpoint, die drei Friseursalons in Stralsund und einen in Grimmen betreibt, die dramatische Situation. „Ich habe meine Mädels erst aus der Kurzarbeit geholt. Nun müssen sie wieder zurück.“ Dabei geht es um 12 Angestellte und zwei Lehrlinge. „Bisher hat Corona uns noch nicht so viele Haare gekostet. Aber die Schnelltests können unserer Branche das Genick brechen. Wir haben offen. Bekommen keine Förderung und keiner kommt für unsere Ausfälle auf“, sagt sie. Von der Landesregierung hätte sie sich mehr Augenmaß und Weitsicht gewünscht. „Wenn sie einen Schnelltest wollen, hätten sie uns diese auch zur Verfügung stellen können. Dann hätten wir die selbst entnehmen können“, sagt die Unternehmerin. Da es keine kostenfreien Test-Termine in den Stralsunder Apotheken mehr gibt, sieht sie schwarz für die Teststrategie. „Welcher Mann zahlt 35 Euro für einen Schnelltest, wenn der Schnitt nur 25 Euro kostet?“, hinterfragt sie. Frustrierter Mann bespuckt Salonscheiben: Nach einer drastischen Szene am Montag griff sie zum Handy. Via Bürgertelefon schilderte sie Schwerin die desaströse Lage – und machte ihrem Unmut Luft. Zuvor hatte ein Mann wegen eines „Hinweis-Zettels“ an die Scheibe ihres Salons gespuckt. Mittlerweile ist sie sich sicher: „Ein harter Lockdown wäre besser.“ Damit die Inzidenz-Zahlen wieder runtergehen – und ihre Mädels wieder normaler arbeiten könnten. Das Betreiber-Ehepaar des Nagel-Studios „Star Nails“, Than Nham und Lien Nguyen in der Heilgeiststraße, hat noch Corona-Schnelltests bekommen – und bietet diese der Kundschaft an. Doch diese Schnell-Tests sind momentan sehr gefragt und nicht gerade leicht erhältlich. „Wir recherchieren unter Hochdruck im Internet, um ausreichend Testmaterial erwerben zu können, was sich als schwierig gestaltet“, beschrieb am Dienstag Silvana Mielke, Inhaberin des Beauty-Centers in der Bahnhofspassage, die Situation auf dem weltweiten Markt. „Es muss endlich ein schlüssiges Konzept her, wie wir zukünftig mit dem Virus leben können, ohne dass das öffentliche Leben weiterhin eingeschränkt werden muss“, meint die Kosmetikerin mit Blick in Richtung Politik. Kosmetikerin fordert harten Lockdown: „Ich habe schließlich auch eine soziale Verantwortung für meine fünf Mitarbeiterinnen, und die Umsatzverluste in den vergangenen Monaten waren enorm – die Überbrückungsgelder für November und Dezember 2020 kamen im Januar, aber wie wird es weitergehen?“, fragt sich die Unternehmerin, die seit fünf Jahren ihr Beauty-Center sehr erfolgreich geführt hat und nach eigenen Aussagen dadurch über ein gewisses finanzielles Polster verfügt. Doch irgendwann sind auch die Rücklagen aufgebraucht, falls nicht bald eine planbare Öffnungsperspektive von Seiten der Politik aufgezeigt wird. Auch Silvana Mielke könne sich sogar mit einem zweiwöchigen radikalen Lockdown gedanklich anfreunden, um die Inzidenzwerte nach unten zu treiben. Von Kay Steinke und Christian Rödel