Welchen Sound hat unsere Stadt?

Eine Collage? Weiß jeder, was das ist. Aus verschiedenen Elementen wird zusammen etwas neues Ganzes geschaffen. Aber was ist bitte eine Klangcollage? Damit beschäftigte sich in den vergangenen Wochen die Klasse 11e des Hansa-Gymnasiums. Die Ergebnisse werden im Vorfeld des 1. Philharmonischen Konzerts heute und morgen im Großen Haus des Theaters Vorpommern zu erleben sein. Gemeinsam mit Theaterpädagogin Sabine Kuhnert setzten sich die Mädchen und Jungen mit der „Stadt“ auseinander, die auch im Philharmonischen Konzert musikalisch thematisiert wird. „Wir haben uns im Deutschunterricht in einer Gruppenarbeit mit Stralsund auseinandergesetzt und dafür auch Gedichte genutzt, die wir im vergangenen Jahr geschrieben haben“, erklärt Jonas Redieck. „Diese Gedichte waren Grundlage für unsere Klangcollagen. Denn passend zu unseren Zeilen nahmen wir in der Stadt Geräusche auf und setzten diese neu zusammen.“ Dabei entpuppte sich das Smartphone als perfektes Aufnahmegerät, weil es immer dabei und sofort einsatzbereit war. Ein Teil dieser Collagen wird im Foyer des Theaters vor der Vorstellung zu hören sein. Und damit nicht genug, werden einige Musikstücke durch Livegeräusche unterstützt. Cindy Lenz etwa wird einen Regenpfeiffer dabei haben. „Es war etwas Besonderes und Interessantes, sich die Geräusche der Stadt so bewusst zu machen, wie wir es durch die Klangcollage gezwungen waren zu tun“, sagt die 16-Jährige. Und warum das alles? Ein Teil des Konzerts ist die Interpretation von Heiner Goebbels „Surrogate Cities“. Der deutsche Musiker und Komponist sagt selbst über sein Stück: „Surrogate Cities“ ist der Versuch, sich von verschiedenen Seiten der Stadt zu nähern, von Städten zu erzählen, sich ihnen auszusetzen, sie zu beobachten.“ Neben Goebbels wird außerdem Kurt Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ zu hören sein. „Kurt Weills Werk ist eine wunderbare Parodie auf unsere Großstädte. Er hält uns den Spiegel vor“, sagt Konzertdramaturgin Katja Pfeifer. Nach der Einstimmung durch Weills Werk, folgen Aaron Coplands Kleinstadtidylle „Our Town“, die „Surrogate Cities“ und Symphonic Dances aus der Stadt, die niemals schläft — die „West Side Story“ von Leonard Bernstein. Der vermutlich außergewöhnlichste Teil des Konzerts wird der Part des Solisten David Moss sein. „Ich scheue mich zu sagen, er wird singen. Das tut er nämlich ganz sicher nicht“, beschreibt Katja Pfeifer den Künstler „der etwas anderen Art“. Der amerikanische Stimmkünstler unterstützt das Konzert mit Geräuschen und vorgetragenen Texten. „Surrogate Cities“ darf man sich nämlich nicht wie jedes andere Konzertstück vorstellen. Das Orchester allein hat die Optik einer Skyline — so umfangreich und vielfältig sind die Instrumente, die Heiner Goebbels braucht, um die Geräusche einer Stadt wiedergeben zu können. Was nicht auf Instrumenten nachgeahmt werden kann, wurde mit Hilfe von Soundsamples von der Großstadt direkt ins Konzert gebracht. Klänge und Geräusche sind das Fundament, um die Goebbels sein Werk gesponnen hat. Und genau dieses Fundament haben die Schüler der 11e aufgegriffen und sich an ihm abgearbeitet. Denn so spannend die einen das Projekt fanden, so skeptisch sehen es die anderen. „Anfangs war alles viel zu unorganisiert“, kritisiert Lara Reinhard. „Niemand wusste, was das Ergebnis der ganzen Sache sein soll“, sagt die 16-Jährige. „Trotzdem war es mal etwas anderes, ein Gedicht praktisch zu analysieren, denn das haben wir unterm Strich mit den Klangcollagen gemacht.“ Unnötig empfand sie hingegen die Stimmübungen mit der Theaterpädagogin. „Ich weiß bis heute nicht, was uns das bringen sollte.“ An diesem Punkt hakt Julius Löwen ein: „Diese Übungen fand ich auch komisch. Mir hat ohnehin der technische Teil am Projekt am meisten Spaß gemacht“, sagt der 16-Jährige. „Ich habe die Sounds am Computer zur Collage zusammengeschnitten. Das waren etwa sieben Stunden Arbeit für zwei Minuten Klangcollage. Hätte es mir nicht so einen Spaß gemacht, hätte ich wahrscheinlich nicht so lange daran gesessen“, sagt Julius. Swantje Schurig (17) besucht die 11. Klasse des Hansa-Gymnasiums. Philharmonisches Konzert heute und morgen, 19.30 Uhr im Großen Haus des Theaters Vorpommern. Die Einführungen beginnen jeweils 18.30 Uhr. Swantje Schurig

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