XXXLutz will nach Stralsund: Bestehende Möbelhäuser fürchten um ihre Existenz

Die geplante Neuansiedlung des Möbelriesen XXXLutz an der Greifswalder Chausee in Stralsund sorgt für große Empörung bei den Chefs der bestehenden Möbelgeschäfte in Stadt und Umland. Sie fürchten um die Existenz ihrer Häuser und die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter. Im städtischen Bauausschuss, in dem am Donnerstagabend über die Neuansiedlung diskutiert wurde, machten sie ihrem Ärger Luft: „Das Vorhaben setzt einzig auf Verdrängung“, meinte Andreas Meyen. Er ist Stralsunder und seit mehr als 20 Jahren Filialleiter von Möbel Albers in Neuenkirchen bei Greifswald. Die Firma hat auch in Stralsund ein Geschäft. Meyens These ist durch ein Gutachten der Hamburger Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) untermauert. Sie hat die Folgen einer Ansiedlung von XXXLutz auf den Handel prognostiziert. „Von den Auswirkungen werden die anderen Möbelhäuser in der Region betroffen sein“, sagte Florian Komossa von GMA im Ausschuss. „Da sind Betriebsschließungen nicht auszuschließen.“ Lesen Sie auch: Möbelmarkt XXXLutz will nach Stralsund: Stört die Ansiedlung die Sicht aufs Welterbe? Randsortimente sollen eingeschränkt werden: Um die Geschäfte in der Innenstadt zu schützen, müsse zudem das Sortiment begrenzt werden. Beispielsweise solle der neue Laden Glas, Keramik, Porzellan, Schnittblumen, Bilderrahmen und Baby-Artikel nicht oder nur eingeschränkt anbieten dürfen. Die Möbelhändler kritisierten, dass an einer Stelle zwar Arbeitsplätze geschaffen, gleichzeitig an anderen Stelle aber welche vernichtet werden. „Als XXXLutz ein Geschäft in Neubrandenburg eröffnet hat, sind mehrere Mitarbeiter von uns dort hingegangen“, berichtete Melanie Rocksien, Geschäftsführerin von Interliving MMZ. „Nach kurzer Zeit sind alle wieder zu uns zurückgekommen. Sie sagten, die Arbeitsbedingungen dort seien ‚unmenschlich‘ gewesen.“ Näher ins Detail ging sie in dem Punkt nicht. Region (auch weiterhin) ohne „modernes“ Möbelhaus: Andreas Meyen gab zu bedenken: „Wir haben immer hier unsere Steuern gezahlt.“ XXXLutz hingegen sei für ein anderes Verhalten bekannt. Damit spielte er darauf an, dass die österreichische Firma vor einigen Jahren in die Schlagzeilen geriet. Medien deckten auf, dass das Unternehmen mit Hilfe einer gesetzlichen Lücke über eine Tochterfirma in Malta Millionen Euro an Steuerzahlungen vermied. Dem Vorwurf der Trickserei hielt ein Firmensprecher seinerzeit entgegen, man halte sich an die Gesetze. Eine Spitze wollte sich MMZ-Chefin Rocksien nicht nehmen lassen: „Ich wusste gar nicht, dass wir gar keine modernen Möbelgeschäfte in Stralsund haben“, hielt sie dem Ausschuss vor. Hintergrund ist, dass in der von der Verwaltung eingebrachten Vorlage für das Gremium der Satz steht: „Ein modernes Einrichtungshaus ist in der Region bislang nicht vorhanden.“ Kirstin Gessert, Leiterin des Amtes für Planung und Denkmalschutz, klärte später auf, dass ein Möbelhaus als „modern“ gelte, wenn es eine Größe zwischen 30 000 und 50 000 Quadratmeter hat. Jedoch: XXXLutz kommt mit integriertem Möbeldiscounter Mömax auf 28 500 Quadratmetern – die Region bliebe demnach weiterhin ohne „modernes“ Haus. „So geht man doch nicht miteinander um!“: Was die Geschäftsführer der Möbelhäuser ebenfalls aufregte: „Von der CDU hat keiner etwas gesagt. Die haben nur dagesessen, auf den Tisch gestarrt und am Ende die Hand gehoben“, kritisierte Detlef Schmeling von Sconto in Stralsund im Nachgang der Sitzung. Niemand aus der Partei, die mit der FDP die größte Fraktion in der Stralsunder Bürgerschaft bildet, habe bisher das Gespräch mit den Stralsunder Händlern gesucht. „So geht man doch nicht miteinander um!“ Tatsächlich meldeten sich im Ausschuss einzig Ute Bartel (SPD), Jürgen Suhr (Grüne) und Jan Gottschling (Linke) mit kritischen Nachfragen zum Projekt zu Wort. Sie waren es auch, die letztlich gegen die Vorlage stimmten, einen für das Möbelhaus passenden Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen. Stefan Bauschke, Christian Binder, Volker Borbe (alle Fraktion CDU/FDP) sowie Thomas Haack und Stefan Nachtwey (beide Bürger für Stralsund) votierten dafür, Ulrich Grösser (AfD) enthielt sich. Die Bürgerschaft wird am 1. Oktober weiter über das Thema diskutieren. Auch die Chefs der Möbelhäuser wollen dann dabei sein: „So viel steht fest“, kündigte Schmeling kämpferisch an, „das können wir so nicht durchgehen lassen!“ Lesen Sie auch Stralsund: XXXLutz will in Hansestadt Geschäft aufbauen Möbelriese XXXLutz übernimmt Hälfte von Roller: Was das für die Märkte in MV bedeutet Deutsche kaufen Möbel zunehmend online Mehr zum Autor Von Kai Lachmann