Attacke auf Milben, Staub und Geld

Das mysteriöse Paar, das ihrer Mutter ein teures Haushaltsgerät andrehen wollte, hatte gerade die Tür verlassen — da greift Ulrike Lehmann zum Telefonhörer. Bei der vermeintlichen Anbieterfirma checkt sie die Seriosität der Angaben ab — dann ruft sie bei der OSTSEE-ZEITUNG an: „Mir scheint, hier sind zwei Betrüger in der Region unterwegs. Da wollen wir andere vor ihnen warnen,“ sagt die Trassenheiderin. Dann schildert sie den mysteriösen Besuch, dem am Morgen des selben Tages der Anruf eines Bertelsmann-Vertreters vorangegangen war. Der Mann gab an, gerade in der Nähe zu sein und ihrer Mutter, einer Bertelsmann-Kundin, noch die Urkunde vorbeibringen zu wollen, die die Echtheit ihrer zuletzt erworbenen Lexika bestätigt. „Dann standen sie in der Tür — eine Frau Doktor mit Berliner Slang, deren Namen ich so schnell nicht verstehen konnte. Die Dame mit blond gelockten Haaren und pinkfarbenen Fingernägeln hatte einen Mann mit gegeltem Haar im Schlepptau. Beiden schien es nicht besonders recht gewesen zu sein, dass meine Mutter nicht allein zu Hause war und ich mich obendrein auch noch zu den Verhandlungen mit an den Wohnzimmertisch setzte“, erzählt Ulrike Lehmann. Dann habe der Mann etwas Wasser getrunken — und prompt ein WC aufsuchen müssen. Frau Doktor habe sich während des gesamten Gesprächs hektisch suchend im Raum umgesehen. „Uns kam das alles seltsam vor,“ sagt die Trassenheiderin, die die beiden in einem Mercedes-Transporter mit LOS-Kennzeichen hatte vorfahren sehen. „Aber immerhin. Der Mann wusste, dass meine Mutter noch offene Raten für die letzte Buchsendung zu zahlen hatte.“ Diese spielten im folgenden Gespräch allerdings keine so eine große Rolle mehr. Wichtiger war das Luftreinigungssystem, das das Paar der Kundin für schnöde 8000 Euro verkaufen wollte; „natürlich, damit die kostbaren Bücher nicht durch Staub oder Milben an Wert verlieren.“Als die Trassenheiderin nicht gleich auf dieses Geschäftsangebot ansprang, ließen die Verkäufer vom Preis ab. „Schließlich sollte das Gerät noch zwei - bis dreitausend Euro kosten, die auch noch in Raten gezahlt werden könnten“, erzählt die Insulanerin. Das Geschäft kam nicht zustande, die beiden verließen unverrichteter Dinge das Haus. „Ich habe dann gleich beim Bertelsmann-Nachfolger inmediaONE nachgefragt, ob deren Kundenberater gerade auf Usedom unterwegs seien und eine abschlägige Antwort erhalten. Dass es sich hier um Betrüger handelte, war uns auch schon vorher klar. Wir können nur andere vor solchen Machenschaften warnen“, sagt Ulrike Lehmann. Eine Anfrage bei der in Gütersloh ansässigen inmediaone GmbH, ein Unternehmen der Bertelsmann SE & Co. KGaA, bringt Gewissheit: „Inmediaone beschäftigt nach Einstellung des persönlichen Direktvertriebes keinerlei Handelsvertreter mehr. Es sind somit weder direkt für uns (mit den Marken Brockhaus, Bertelsmann, inmediaONE) noch in unserem Auftrag Vertreter aktiv, die zum Beispiel bei Kunden zuhause etwas verkaufen möchten“, sagt Kommunikationschef Matthias Wulff. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um ehemals mit dem Unternehmen verbundene Vertreter, die ihr aus dem gemeinsamen Geschäft resultierendes Wissen im Nachhinein für eigene Interessen missbrauchen. Serie Ärgertelefon Dass es sich hier um Betrüger handelt, war uns bald klar.“Ulrike Lehmann Angelika Gutsche

Trassenheide - Attacke auf Milben, Staub und Geld