Auf der Gnitzer Streuobstwiese: Lifting für alte Obstsorten

Im Winter ist Hochsaison für die Obstgehölzpflege. Dann hat auch das im Lassaner Winkel beheimatete Schnittkollektiv „Baumwerk“ mit Markus Ingold, Andreas Röcklebe und Markus Ziegenhagen ordentlich zu tun. Am Donnerstag brachte das Trio in Neuendorf auf dem Gnitz die Bäume auf einer vor sieben Jahren angelegten Streuobstwiese in Form – mit Astschere, Säge, Schnüren, Klammern und Spannern. „Die Bäume müssen beschnitten werden, weil es sich bei ihnen um Kulturpflanzen handelt“, erklärt Markus Ingold. Der 43-jährige Wangelkower und seine Kollegen erziehen die Bäume zur Ausprägung der Oeschbergkrone, die auch von der Arbeitsgemeinschaft Obstgehölzpflege des Pomologenvereins empfohlen wird. „Diese Krone garantiert später Ertragsstärke und stellt eine gute Beerntbarkeit sicher, dass heißt, dass die Früchte beim Pflücken gut zu erreichen sind“, so Ingold. Vielfalt auf der Streuobstwiese: Auf der Streuobstwiese in Neuendorf herrscht Gehölzvielfalt. Hier sind verschiedene regionale und relativ seltene Apfelbaumsorten mit so prägnanten Namen wie Klarapfel, Holsteiner Cox, Rheinischer Bohnapfel, Goldparmäne, Jonathan und Ingrid Marie anzutreffen. Dazwischen stehen Birnbäume der Sorten Gräfin von Paris und Prinzessin Marianne sowie Quitten und Wangenheimer Frühzwetschgen. „Die Obstbäume befruchten sich gegenseitig“, erläutert Andreas Röcklebe. „Deshalb ist es wichtig, dass man auf der Wiese einige Arten pflanzt, die gute Pollenspender sind.“ Obwohl die Bäume auf der Neuendorfer Wiese ausreichend Platz haben und regelmäßig umsorgt wurden, gibt es auch hier Verlust. „An fünf Bäumen haben Feldmäuse ganz unten am Stamm die Rinde ringsum abgefressen, so dass die Bäume schließlich abgestorben sind und nachgepflanzt werden mussten“, berichtet Markus Ingold. Außerdem bereitet den hiesigen Obstbauern zunehmend das Blausieb Sorgen, ein Schmetterling aus der Familie der Holzbohrer, der auch im Neuendorfer Baumbestand sein Unwesen treibt. Ingold vermutet, dass sein verstärktes Auftreten auf das Konto des Klimawandels geht. In der vegetationsarmen Jahreszeit fahren die Baumwerker, die allesamt selbstständig sind, von Auftrag zu Auftrag. „Wir haben mehrere Hundert Kunden“, berichtet Ingold weiter, „insbesondere auf der Insel Usedom, aber auch in Greifswald und Umgebung bis hin nach Rostock oder das Hans-Fallada-Museum in Carwitz in der Feldberger Seenlandschaft. Lesen Sie auch Stadt Wolgast pflanzt neue Bäume In Wolgast: Tree-Buddys helfen Bäumen durch trockene Zeit Neue Anlagen in Labömitz und Lassan: Im November vorigen Jahres legte das Schnittkollektiv im Gut Thurbruch in Labömitz auf 1,5 Hektar eine Streuobstwiese mit rund 120 Bäumen an – mit zwölf Meter Reihen- und zehn Meter Abstand zwischen den einzelnen Gehölzen. Solche Anlagen seien wichtige Artenschutzbiotope, betont der Mann aus Wangelkow. Studien hätten gezeigt, dass hier bis zu 5000 unterschiedliche Vögel, Insekten, Pilze und Flechten lebten. Um so wichtiger sei die professionelle Pflege der Baumkulturen mit Bewässern, Mulchen, Mähen und dem Offenhalten ausreichend großer Baumscheiben. Ein weiteres Projekt ist auf dem Lassaner Papenberg, gelegen hinter dem neuen Spritzenhaus, in Planung. Das von der Kirche gepachtete Areal soll sich in eine halbextensive Obstwiese verwandeln mit viertelstämmigen Apfel- und Birnbäumen aus der noch jungen ökologischen Baumschule in Wangelkow. „Das Ganze ist ein Experiment“, sagt Markus Ingold. „Die Gestaltung der Anlage geschieht in Anlehnung an das Agroforstsystem, so dass hier Obstbäume, Acker und Blühstreifen miteinander kombiniert werden.“ Von Tom Schröter