Außenseiter geht auf Stimmenjagd

Wüstenromantik mit Kamel statt Hochrechnungen am Bildschirm. Volker Böhning wird den Ausgang der Bundestagswahl am 22. September vom fernen Jordanien aus verfolgen. „Die Reise war schon lange geplant. Wir sind zu einer Familienfeier eingeladen“, sagt der Ferdinandshofer. Der parteilose 65-Jährige steht im Wahlkreis 16 auf der Liste der Freien Wähler. Und sieht sich ganz klar als „Außenseiter. Mathias Lietz von der CDU wird das Direktmandat holen“, ist sich Böhning sicher. Und dennoch nimmt er die Herausforderung an. Denn besonders in der Region Uecker-Randow ist er kein Unbekannter. Von 2004 bis 2011 war er Landrat in dem Kreis, kurz nach der Wende vier Jahre Bürgermeister der Gemeinde Ferdinandshof. Dazu kam der Job als Verwaltungschef des Amtes Ferdinandshof. Hätte es bei der Kreisgebietsreform nicht die gesetzliche Regelung gegeben, dass Bewerber für das Landratsamt nicht älter als 60 Jahre sein dürfen, wäre er im neuen Großkreis gegen Barbara Syrbe angetreten. „Schade, dass mir das verwehrt blieb.“ Auch wenn ihm die Kreisfusion 2011 den Job gekostet hat, über Langeweile kann sich der Senior dennoch nicht beklagen. Als Chef des Landesjagdverbandes betreut er eine Geschäftsstelle mit sechs Angestellten. Vizepräsident des deutschen Jagdverbandes, Präsidiumsmitglied im Bauernverband und Präsident der Pomerania ist Böhning auch. Und jetzt noch die Kommunalpolitik. Böhning, der für den Wiederaufbau der Karniner Brücke ist und den Flughafen Heringsdorf als „wichtig für die Region“ bezeichnet, setzt auf die unentschlossenen Wähler. Und auf Themen, wie beispielsweise Mindestlohn. „Ich bin dafür. Es kann nicht sein, dass Arbeitnehmer trotzdem noch vom Staat Unterstützung bekommen. So verliert der Beruf an Sinnhaftigkeit“, meint Böhning, der seit 40 Jahren in Ferdinandshof lebt. Durch das Agrarstudium kam er aus Thüringen in den Norden. Und importierte quasi schon damals die Leidenschaft am Jagen. Als Treiber sei er in der Schulzeit an der Seite seines Opas schon bei der Jagd gewesen. Kein Wunder, dass er den Hochstand als einen Ort bezeichnet, an dem man „die Seele baumeln lassen kann“. Dazu wird er in den nächsten Wochen kaum kommen — Wahlkampf. „Große Foren plane ich nicht. Bei einigen Veranstaltungen werde ich mich aber sehen lassen.“ Mit Böhnings Konterfei gehen die Freien Wähler übrigens sparsam um. Kleines Budget. „Wir haben 15 Aufsteller, die im Wahlkreis verteilt werden.“ Auch da sind die etablierten Parteien in der Vorhand. Für den Ferdinandshofer dennoch kein Grund, sich einer Partei anzuschließen. Sein Herz schlägt in Uecker-Randow. Von hier erhofft er sich die meisten Stimmen. „Wenn es um die zehn Prozent werden, ist es in Ordnung“, nimmt es Böhning sportlich. Sport, besonders Fußball, ist nicht nur seine Leidenschaft sondern fast sein Zuhause. Denn das schmucke Häuschen der Böhnings steht direkt neben dem Sportplatz. Von der Terrasse aus kann er die Kicker des Dorfes beobachten — so mancher Ball landete auch schon mal in seinem Garten. „Ich könnte schon Kreuze machen von den Einschlägen.“ Kreuze, gutes Stichwort für den 22. September! Serie Bundestagswahl 2013 Zur Person Volker Böhning wurde im thüringischen Bollstedt geboren. Er studierte von 1969 bis 1973 an der Sektion Tierproduktion/Veterinärmedizin der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Studium kam er nach Ferdinandshof. Seine Frau ist Tierärztin. Der Wahlkreis 16 „Mecklenburgische Seenplatte I — Vorpommern-Greifswald II“ ist einer der größten in Deutschland. Er umfasst neben der Insel Usedom und Wolgast auch Städte wie Anklam, Neubrandenburg und Pasewalk sowie Gemeinden aus dem Greifswalder Umland. Die Gegenkandidaten von Volker Böhning sind: Matthias Lietz (CDU), Christian Bartelt (FDP), Torsten Koplin (Linke), Ralf-Peter Hässelbarth (Grüne), Holm-Henning Freier (SPD), Uwe Bastian (Piraten) und Tino Müller (NPD) VIER FRAGEN AN... 1Wo haben Sie zuletzt Urlaub gemacht? Ich war vor zwei Wochen zum Angeln auf der Insel Hitra in Norwegen. Dort haben wir Seehecht, Dorsch und Makrelen gefangen. Meine Frau wollte eigentlich Heilbutt. Doch damit konnte ich nicht dienen. 2Bei welcher Sendung im Fernsehen schalten Sie sofort ab? Bei Talkshows am Mittag. Das geht gar nicht. 3Wer kümmert sich in Ihrem Haus um die Finanzen? Da gibt es keine Regelung. Das machen wir beide. Lediglich das Onlinebanking überlasse ich meiner Frau. 4Mit welchem Politiker würden Sie einen Tag lang gerne mal tauschen? Mit Horst Seehofer. Ich habe den CSU-Vorsitzenden einmal bei einem Treffen in Berlin kennengelernt. Er ist ein hervorragender Rhetoriker. Die Vorstellung, als bayerischer Chef in einer Tracht aufzutreten, hört sich doch gar nicht so schlecht an. Henrik Nitzsche

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