Corona-Krise: So wird auf Usedom jetzt Kommunalpolitik gemacht

Am Mittwoch sollten eigentlich die Usedomer Stadtvertreter zusammenkommen, um eine wichtige Entscheidung zu treffen. Gesucht wird nämlich ein neuer Hafenmeister, der aus vier Bewerbern gefunden werden soll. Weil aber wegen der Coronakrise derzeit Versammlungen, wie Stadtvertreter-, Ausschuss- oder Gemeinderatssitzungen tabu sind, braucht es andere Kommunikationswege, um Entscheidungen zu fällen. Das betrifft gegenwärtig alle Kommunen im Land. „Die Zeit sitzt uns im Nacken. Zum 1. Mai soll der Hafenmeister eingestellt werden“, sagt Usedoms Bürgermeister Jochen Storrer. Weil die Bewerber auch einer Kündigungsfrist ihrer Arbeitgeber unterliegen, will Storrer die Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben. Nun sollen per Mail die Stadtvertreter abstimmen. „Das muss aber in einer widerspruchssicheren Form erfolgen“, so Storrer nach Rücksprache mit dem Amt und der Kommunalaufsicht. Die vier Bewerber kommen übrigens alle aus der Stadt. Kommunalpolitik in Zeiten einer Pandemie – Entscheidungen wie in Usedom stehen auch in anderen Gemeinden an. In Wolgast geht es um Millionen. Die Stadt plant hinter der Regionalen Schule mit Grundschule „Heberlein“ eine neue Kita als Ersatzneubau für die in die Jahre gekommene, in der Ernst-Moritz-Arndt-Straße befindliche ASB-Kita „Friedrich Fröbel“. Die vorgesehene Kapazität: Über 70 Krippen- und Kita- sowie 120 Hortplätze. Am Montag wollten die Stadtvertreter entscheiden, wer von den drei Bewerbern den Zuschlag erhält. Um den Bau und die Betreibung bewerben sich die Volkssolidarität, die Arbeiterwohlfahrt und der Arbeiter-Samariter-Bund. Weil der vier Millionen Euro teure Kita-Neubau zu 50 Prozent aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) gefördert werden soll, geht es nun um Fristen. Entscheidungen im Umlaufverfahren: „Die Stadtvertretung tagt nicht, der Hauptausschuss ebenfalls nicht. Da bliebe nur eine Eilentscheidung von mir“, sagt der Wolgaster Bürgermeister Stefan Weigler. Diese Entscheidung will er aber nicht allein treffen. Nur gut, dass es seit Mittwochabend ein weiteres Instrument gibt. Auf Drängen des Städte- und Gemeindetages MV wird für die Entscheidungsfindung nun ein Umlaufverfahren zugelassen. Damit können die Stadtvertreter in einer festgelegten Frist ihr Votum für einen der Kita-Bewerber per Post oder Mail abgeben. „Aufgrund des Votums kann ich dann eine Eilentscheidung treffen. Das Verfahren werden wir auch im Zusammenhang mit den Zuschüssen für Vereine und Verbände anwenden“, sagt Weigler. Von den 120 Mitarbeitern im Amt Am Peenestrom sind laut Bürgermeister gegenwärtig 57 im Homeoffice. „Wir haben drei Teams gebildet. Die einen versehen ihren Dienst im Rathaus, die zweite Gruppe ist im Homeoffice, die dritte springt zwischen Büro und daheim und ist im Ernstfall unsere Reserve.“ Zur aktuellen Corona-Lage tausche sich der Verwaltungschef einmal wöchentlich mit den politischen Entscheidungsträgern auf Amtsebene aus. Von einem regelmäßigen Austausch mit dem Amt berichtet Peenemündes Bürgermeister Rainer Barthelmes. Er setzt gegenwärtig bei der Kommunikation mit den politischen Gremien auf Mails oder Handy. „Bevor ich eine lange Nachricht bei Whatsapp verschicke, rufe ich lieber an. Ich bin kein Freund von diesem Schreiben. Es wird sowieso viel zu wenig miteinander gesprochen. Schon vor Corona haben das viele leider verlernt“, sagt Barthelmes. Alle in einer Whatsapp-Gruppe: In Zinnowitz dürften am Tag dagegen zahlreiche Whatsapp-Nachrichten verschickt werden. „Alle Gemeindevertreter sind in einer Whatsapp-Gruppe“, sagt Bürgermeister Peter Usemann. So könne er schnell seine Kollegen mit neuen Informationen versorgen. „Beschlüsse verschicke ich per Mail. Natürlich drängt die Zeit, wenn es um wichtige Vergaben geht. Allerdings sind wir derzeit zurückhaltend. Ich weiß nicht, wie viel Gewerbesteuereinnahmen uns wegbrechen. Nicht so dringende Investitionen setzen wir jetzt erstmal aus“, so Usemann. Termine mit Investoren gebe es dennoch, „die wir auch wahrnehmen und zwar in Form einer Telefonkonferenz.“ In dieser Woche sprach Usemann beispielsweise mit den Investoren des Projektes „Belvedere Zinnowitz“. Aus dem ehemaligen Steinfurth-Heim, einer der letzten Ruinen inmitten des Ostseebades, soll eine Wohnanlage mit Hotel, Apartments und Dauerwohnungen entstehen. „Diese Art der Kommunikation ist zukunftsorientiert. Das sollte man viel öfter machen. Man kommt umweltschonend zusammen“, so der Bürgermeister. Tägliches Treffen mit der Bürgermeisterin: „Ich treffe mich jeden Tag um 16 Uhr mit der Bürgermeisterin im Rathaus“, sagt Joachim Saupe, Vorsitzender der Heringsdorfer Gemeindevertretung. Die Antworten, die er auf seine Fragen bekommt, gehen am Abend noch an alle Fraktionsvorsitzenden, so Saupe. „So sind die Gemeindevertreter über die wichtigsten Dinge informiert“, meint der CDU-Mann. Wenn es um fristengebundene Entscheidungen geht, „die eindeutig und politisch nicht diskussionswürdig sind, gehen sie als Verwaltungshandeln durch“, sagt Constanze Christoph, Vorsitzende des Heringsdorfer Bauausschusses, zum aktuellen Krisenmodus. „Vieles bespreche ich auf kurzem Wege mit dem Bauamtsleiter. Jetzt geht es darum, Kontakte zu vermeiden. Jeder hat den Kopf voll. Wir sollten mal runterfahren. Wenn große Entscheidungen zu treffen sind, kann das per Mail kommuniziert werden“, so die Ahlbeckerin. 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