Die Post bringt Windeln und Mülltonnen

Ulrich Blasko kann sich noch genau an den ersten schmerzhaften Hundebiss erinnern. Es war eine Szene wie aus einem Film über Postboten-Klischees: Der heute 47-Jährige ging damals gerade über ein Grundstück, um einen Katalog in den Briefkasten zu werfen. Da sprang ihm plötzlich der Dalmatiner entgegen. Blasko wollte das dicke Prospekt noch als Schutzschild herumreißen — doch es war bereits zu spät. „Das Tier hatte mich schon in den Hintern gebissen“, erinnert der Briefträger sich. Doch Ulrich Blasko hat den Schmerz verwunden. Rund 13 Jahre arbeitet er nun bei der Post in Zinnowitz. Heute trägt er immer ein paar Leckerlis in der Hosentasche, um wilde Hunde zu beruhigen. Es ist ein warmer Frühlingsmorgen, die Uhr zeigt halb acht an. Große Lastwagen rollen auf den Hof des unscheinbaren Postgebäudes an der Ahlbecker Straße. Auf ihren Ladeflächen liegen etwa 10 000 Briefe und 600 Pakete aus ganz Deutschland, die an diesem Tag auf Usedom verteilt werden müssen. Sobald die Klappen der LKWs sich öffnen, eilen Ulrich Blasko und etwa ein Dutzend Kollegen im Laufschritt herbei, um die Post nach den verschiedenen Ortschaften zu sortieren und dann zu verteilen. Zu ihnen gehört auch Sylvia Kränicke. Die 47-Jährige schiebt Wagen bis oben vollgepackt mit Kisten durch die Halle. „Die Leute verschicken und bestellen die verrücktesten Sachen“, sagt sie. Beispielsweise einen kaum verpackten Nachttopf, Babywindeln oder riesige Matratzen. „Einmal kam eine ganze Mülltonne hier an. Die Kollegen haben sich kaputt gelacht, als ich damit losgezogen bin“, sagt die Postbotin. Die Tour jedes Zustellers ist genau vorgegeben. Einen Schlenker einzubauen, um etwas Abwechslung in die Route zu bringen, funktioniert nicht. Denn Briefe und Pakete sind genau nach der sogenannten Gangfolge sortiert. Eine Tour dauert etwa fünf bis sechs Stunden. Wer von der Strecke abweicht, würde alles durcheinander bringen. Neulinge müssen sich erst in diese Abläufe einarbeiten. So wie Raiko Quade. Der 25-Jährige fährt erst seit zwei Tagen in Ückeritz die Post aus. Gefahren wird mit dem Lieferwagen. Für ein Fahrrad sind die Strecken auf dem Land schlicht zu weit. „Die Straßen in Ückeritz sind sehr verheddert und verschachtelt. Da muss man sich schon sehr genau auskennen“, gibt Quade zu. Noch geht er aber nicht allein auf Tour. Eine Ausbilderin ist stets bei ihm, die dem Anfänger alles zeigt. „Der Job macht mir großen Spaß, weil ich viel draußen unterwegs bin“, sagt Quade. Wer weiß ob sich an der Begeisterung etwas ändert, wenn ihn zum ersten Mal ein Hundebiss schmerzt. Alexander Müller

Zinnowitz - Die Post bringt Windeln und Mülltonnen