Diese beiden Spitzenköche verlassen die Insel Usedom

Nach zwei Jahrzehnten auf der Insel Usedom zieht es Brian Seifert, den langjährigen Inhaber des „Kulm Eck“ in Heringsdorf, und Detlef Mangelow, zuletzt im Lutter & Wegner Heringsdorf, in andere Gefilde. Mit ihnen verlassen zwei die kulinarische Landschaft prägende Köche die Insel. Wie beide sagen, sei es an der Zeit, zu gehen und etwas Neues zu wagen. Nicht zuletzt gesundheitliche Einschnitte spielten eine Rolle bei ihrer Entscheidung. Während es Detlef Mangelow ins Gutshaus Kubbelkow auf die Nachbarinsel Rügen zieht, wird Brian Seifert ab April im Waldschlösschen Prerow beginnen. Beide Häuser sind familiengeführte Hotels mit gehobener Küche und zu den dortigen Inhabern und Küchenchefs gibt es schon eine langjährige freundschaftliche Verbindung. „Die Überlegung ging mir im Herbst durch den Kopf. Der eigentliche Antrieb war aber Brian“, erzählt Detlef Mangelow. Der kennt dessen neuen Chef Axel Diembeck schon lange und ist sich sicher, dass die beiden zusammenpassen. „Wir haben den gleichen Anspruch, wollen mit frischen Produkten arbeiten und die Leute zufriedenstellen“, beschreibt es Mangelow. „Viele Gäste sind respektlos“: Für ihn war aber auch ein anderer Punkt ausschlaggebend für seinen Abschied von Usedom: „Das Niveau ist nicht mehr das, was es mal war. Uns fehlen immer mehr Fachkräfte und der Druck ist extrem groß. Die Zeit für den Gast ist kaum noch da und es gibt viele Gäste, die respektlos sind.“ Dazu kam eine Herz-Operation im Januar 2020, bei der Mangelow drei Bypässe eingesetzt wurden. In der anschließenden Reha im März „konnte ich viele Fragen stellen und habe Antworten bekommen. Dort habe ich Fahrradfahren, Laufen und Spazierengehen neu entdeckt. Seitdem lebe ich viel bewusster. Kein Nikotin, wenig Kaffee und kein Alkohol“, verrät der 59-Jährige. Für ihn sei es toll gewesen, zu sehen, wer ihn in der schwierigen Zeit unterstützt habe: die Familie und wahre Freunde – wie Brian Seifert. Er durfte „Gorbi“ bekochen: Mangelow kam 2002 auf die Insel, war Küchenchef im Strandhotel Bansin, danach bis 2005 im Strandhotel Heringsdorf, wo er im Herbst 2003 Michail Gorbatschow bekochte, der Ehrengast des Usedomer Musikfestivals war. 2005 verließ Mangelow kurzzeitig Usedom, um beim Pre-Opening der Yachthafenresidenz Hohe Düne in Warnemünde dabei zu sein. Danach folgten fünfzehn Jahre als Chef de Cuisine bei Lutter & Wegner, unterbrochen von einem Engagement (2017) im Marc O’Polo Strandcasino an der Seite von Sternekoch Tom Wickboldt. Für Brian Seifert geht eine noch längere Ära auf Usedom zu Ende. Der gebürtige Berliner kam im Mai 1998 als Sous Chef in das damals frisch eröffnete Golfhotel Balmer See. Es folgten zwei Jahre als Küchenchef im Hotel Esplanade Heringsdorf. Von Mai 2001 bis Januar 2017 betrieb er das Restaurant „Kulm Eck“ in Heringsdorf, das im vergangenen Jahr von Tom Wickboldt übernommen wurde. Seifert wechselte nach 15 Jahren Selbstständigkeit zum Hotel zur Post in Bansin (2017-2019) und war zuletzt Küchenchef im Seetel Hotel Atlantic, ebenfalls in Bansin. Usedom wurde für Köpenicker die zweite Heimat: Auf der Insel Usedom hatte der Köpenicker seine zweite Heimat gefunden und im Kulm Eck bald auch sein privates Glück. Das allerdings hielt nicht dauerhaft an. Seine Ex-Frau wird im August mit den beiden gemeinsamen Söhnen nach Greifswald ziehen. „Dann gibt es nichts, was mich noch hier hält“, sagt der 50-Jährige. Als weiteren Grund nennt er: „Ich muss einen Gang runterschalten. Hier ist echt Vollgas. Das schaff ich nicht mehr.“ Sein Motor ist am 23. September ins Stottern geraten: Burnout. Das Jahr 2020 war insgesamt für ihn kein Gutes: Schilddrüsen-Operation im Februar, dazu Rückenprobleme und dann der Burnout. Deshalb geht es nun erst einmal zur Rehabilitation an den Bodensee, danach ins Hotel Waldschlösschen auf dem Darß. Lesen Sie auch Fünf Usedomer Touristiker berichten von ihrem Lockdown Heringsdorf – Kult-Restaurant im Kaiserbad schließt Heringsdorf – Bei „Dodis“ gehen bald die Lichter aus Doch bevor er die Insel verlässt, will sich der umtriebige Spitzenkoch über diesen Weg verabschieden: „Ich wollte eigentlich nur Tschüss sagen und den Einheimischen danken, die mich damals hier unterstützt haben, wie die Familie Dahms aus Quilitz, die Familie Peters aus Heringsdorf, die Familie Beier aus Usedom und Jens Wollin, durch den ich die ganze Gastronomie kennengelernt habe.“ Einen besonderen Platz nehmen Emin und Gabi Doganay in seinem Herzen ein. Der Heringsdorfer Großhändler habe ihn „nach dem Untergang des Kulm Eck aufgefangen. Ohne Emin und seine Familie wäre ich heute im Eimer.“ Auch die Heringsdorfer Fotografin Mandy Knuth will er nicht unerwähnt lassen, auch wenn er weiß, dass er gar nicht alle, die ihn hier unterstützt haben, aufzählen kann. Kulm Eck erlesene Adresse für Feinschmecker: Das Kulm Eck war unter ihm eine erlesene Adresse für Feinschmecker, die seine bodenständige Küche mit Wildkräutern und Bio-Produkten schätzten. Bei ihm kommt „viel Eingewecktes“ zum Einsatz, wie seine legendären „Schwarzen Nüsse“, und überwiegend regionale Produkte. Über allem steht die Aromatik. So kommt schon mal eine Tomate im Dessert vor, eine Aubergine im Sorbet oder eine Mango in der Hauptspeise. Das kleine Restaurant unterhalb des Kulm war aber nicht nur Treffpunkt von Gourmets, sondern auch der besten Köche der Kaiserbäder. Hier – an Tisch 8 – trafen sich nach Feierabend Hark Pezely, Frank Schöning, Sören Beitz, Detlef Mangelow, Tom Wickboldt und René Bobzin, um neue kulinarische Events auszuhecken. Das erste so entstandene Strandevent waren 2002 die Ambiance-Nächte an der Heringsdorfer Seebrücke, die der Köcheclub unter Sven Großpietsch ausrichtete. Es folgte die Laurentiusnacht, ebenfalls mit dem Köcheclub, und „dann kam irgendwann die Sache mit dem Grand Schlemm“. Brian Seifert ging aber auch über die Insel hinaus mit dem „Hausschmaus“, einer kulinarischen Party, die auf Burg Wanzleben und im Kulm Eck stattfand, oder dem Köche-Netzwerk „Fief in de Koek“, zu dessen Gründungsmitgliedern Michael Jahnke vom Hotel Waldschlösschen Prerow und Ralf Hiener von der Wildkräuter-Gärtnerei „Essbare Landschaften“ in Boltenhagen zählen. Tisch 8 im Kulm Eck war zwar immer ein Ort der Inspiration gewesen, aber auch einer, an dem die Freunde bis tief in die Nacht saßen, und er hatte einen hohen Preis: „Das hat an meinem Gerüst und an meiner Leber genagt und mich meine Familie gekostet“, blickt Seifert zurück. Wenn Mangelow und Seifert nun zu ihren „Fief in de Koek“-Freunden auf Rügen und dem Darß gehen, schließt sich gewissermaßen der Kreis. Beide wollen kürzertreten und in einer kleinen Küche arbeiten. „Ich geh da nur noch als Koch hin – und als Lehrlingsausbilder“, freut sich Brian Seifert auf die neue Herausforderung im Waldschlösschen Prerow. Von Dietmar Pühler