Endlich Urlaub mit Mama und Papa

Seit 14 Jahren endlich wieder Urlaub. Zwei Minuten zum Strand, ein Zimmer mit Meerblick — „das ist einfach großartig“, schwärmt Sven Neumann. Der Anklamer genießt mit seiner Familie eine Woche in der Zinnowitzer Familienferienstätte Casa Familia. Ohne Hilfe vom Land hätte sich der 34-Jährige den Aufenthalt allerdings nicht leisten können. Seine Frau Doreen (34) lebt von Hartz IV. Sie muss sich in der Woche um die drei Kinder kümmern, denn ihr Mann ist auf Montage. „Ich bin beim Schwerlastgerüstbau. Mein Gehalt reicht gerademal für den Lebensunterhalt“, sagt Sven Neumann. Urlaub sei für die Familie da nicht drin. Bis vergangenen Sonntag — da reisten Neumanns an. Sie profitieren wie fünf weitere Familien aus Anklam von einer Förderrichtlinie des Sozialministeriums, das Familienerholungsmaßnahmen unterstützt. Benötigt werden dafür ein Träger sowie ein Konzept für eine Projektwoche. Denn der Urlaub soll „die Familien in ihren Erziehungs- und Alltagskompetenzen stärken und die Freude an gemeinsamen Aktivitäten fördern“, zitiert Roland Treutlein, stellvertretender Direktor des Casa Familia, aus der Projektbeschreibung „Life - Leben in Familie erleben“. Mit diesem Konzept hat das Zinnowitzer Haus in Schwerin als Projektpartner überzeugt. „Mit Hilfe der Elterntrainerin Ines Walter haben wir eine interessante Projektwoche zusammengestellt“, so Treutlein zur Premiere im Casa Familia. Das Begegnen wird gelebt beim gemeinsamen Essen, bei Strandspielen oder Schatzsuchen. Für Treutlein sind aber auch die Familien-Talk-Veranstaltungen wichtig. Da geht es um die Einordnung von Familie, Haushaltmanagement oder die Medienwelt. Ein Thema lautet auch „Eine Ohrfeige ist doch noch lange keine Gewalt!?“ Im Gegensatz zu klassischen Elternkursen, die ohne Kinder stattfinden, wird in dieser Woche darauf Wert gelegt, das alle Familienmitglieder teilnehmen. Für Lea Neumann ist das ein ungewohntes Gefühl, ihren Papa auch in der Woche zu sehen. „Hier gucke ich auch nicht so viel Fernsehen wie daheim“, gesteht die Zwölfjährige. Denn im Casa Familia gebe es genug spielerische Ablenkung. „Für uns ist das einfach nur Entspannung“, sagt Doreen Neumann. Sie liebt vor allem die Strandspaziergänge mit der Familie. „In Anklam können wir nun mal keine Muscheln sammeln“, sagt die gelernte Verkäuferin und lacht. Ihrem Mann war zunächst nicht zum Lachen zumute, als ihm seine Frau von dem Angebot erzählte. „Man weiß doch nicht, was finanziell dahinter steckt“, so Sven Neumann. Inzwischen ist er beruhigt und froh, dass seine Frau zugesagt hat. „Pro Person werden 20 Euro am Tag für den Urlaub gefördert. Da wir uns in der Nebensaison befinden, müssen die Eltern nur wenig zuzahlen“, sagt Treutlein. In Mecklenburg-Vorpommern stehen für die Familienbildungsmaßnahmen in diesem Jahr 100000 Euro zur Verfügung, informiert Christian Moeller, Sprecher des Sozialministeriums. „In den ersten zwei Monaten des Jahres 2015 wurden 19 880 Euro abgerufen.“ Henrik Nitzsche

Zinnowitz/Anklam - Endlich Urlaub mit Mama und Papa