Gewissenlos und Ignorant?

Die Absicht der Peeneland Agrar GmbH, im Lassaner Winkel einen Güllegroßtank zu errichten, hält die Gegner aus den umliegenden Kommunen weiter auf Trab. Das belegt vor allem die Bürgerinitiative (BI) „Kein Güllegroßlager im Lassaner Winkel“ mit weiteren politischen Aktivitäten und zu Papier gebrachten Protesten. Hauptgegner der in der BI von Matthias Andiel, Ex-Bürgermeister von Pulow, geführten Aktivisten sind – neben dem Investor, dem egoistisches Verhalten vorgeworfen wird – die Kreisverwaltung von Vorpommern-Greifswald und die Landesregierung in Schwerin. Auch Funktionäre der SPD auf verschiedensten Ebenen haben inzwischen Post aus der Region bekommen, in denen Andiel & Co. dringend um politische Hilfe sowie ein wirkungsvolles Einschreiten gegen das vermeintlich tourismusfeindliche Vorhaben der Agrarunternehmer bitten, ja sie einfordern. Der Hintergrund: Bewohner und in bescheidenem Umfang vom sanften Tourismus in der Region Lebende fürchten die Zerstörung ihrer Lebens- und wirtschaftlichen Grundlage (die OZ berichtete). In dem jüngsten Brief vom 4. Januar, der unter anderem an Bundespräsident Steinmeyer, Landesmutter Schwesig, SPD-Landtagsfraktionschef Krüger sowie den Juso-Bundesvorsitzenden Künert adressiert ist, wird zunächst moniert, dass Schwesig bis dato das vorherige Schreiben vom 13. Oktober weder beantwortet, noch seinen Eingang bestätigt hat. Darüber hinaus ist nunmehr die Rede von „neuen feudalen Systemen“, Korruption und Gutsherrenlogik. Andiel wirft darin etwa Vize-Landrat Jörg Hasselmann (CDU/selbst Landwirt) vor, dem Unternehmer Kowollik, der seit vielen Monaten auf etliche Anfragen unserer Redaktion gar nicht reagiert, offenbar einen Gefallen zu tun. Das prägnanteste Beispiel dafür sei die Zufahrtsstraße zum Güllegroßlager, die Kreisstraße K 31. Sie solle nunmehr, nachdem das von der Lassaner Stadtvertretung zunächst abgelehnte Bauvorhaben durch ein Okay des Landkreises ersetzt worden ist, vordringlich ausgebaut werden. Bei amtlichen Ortsterminen habe man sinngemäß behauptet, dass dieser privilegierte Bau deshalb vordringlich sei, um die Bewirtschaftung des ja nun genehmigten Gülletanks abzusichern. Letztlich wurde seine Genehmigung erst durch den Straßenbau überhaupt ermöglicht. „Natürlich mit Geld aus dem Kreishaushalt“, merkt Andiel an und ergänzt, dass die neue „Güllekreisstraße, für die etwa 1 Million Euro veranschlagt sind, später abgestuft und an die Gemeinde zurückgegeben werden soll.“ Tatsächlich steht die K 31 auf der der OZ vorliegenden Prioritätenliste 0 (Nullliste) auf dem Platz 4 und mit der Bemerkung A. Das bedeutet, dass die Straße nach Pulow Aufnahme in den Kreisetat gefunden haben soll. Ob dem so ist und wie das geschah, ist für die Kritiker des Vorhabens nach wie vor mit Fragezeichen versehen. Zumal Andiel von amtlicher Seite bislang Antworten versagt werden. Der Autor der Zeitschrift „Ossietzky. Für Politik, Kultur und Wissenschaft“, Gerd Bendszent, hat die Situation um Lassan im Dialog mit Karl Valta (BI) wie folgt beschrieben: „Um in dieser Gesellschaft etwas zu werden, bedarf es in erster Linie einer gehörigen Portion an Gewissenlosigkeit und krimineller Energie. Eine Energie von der Art beispielsweise, die man aufbringen muss, um ein Güllelager in einem Erholungsgebiet zu errichten und sich die Zufahrt zu diesem dann auch noch aus öffentlichen Mitteln finanzieren zu lassen.“ Im Zusammenhang mit dem Bauantrag der Peeneland Agrar GmbH und der Erteilung der Genehmigung haben Spitzenvertreter des Landkreises wie Landrätin Syrbe (Die Linke) und Vize Hasselmann (CDU) indes immer wieder auf die Rechtmäßigkeit und die Gesetzeslage verwiesen. Private Klagen gegen das Gülletankvorhaben, für das bereits die Baugrube ausgehoben worden ist, liegen weiter beim Verwaltungsgericht Greifswald. „Allerdings auf Eis“, kritisieren die Kläger. Denn die Entscheidung zunächst einmal über die Zulassung würde dauern. Wegen Überlastung der Gerichte, heißt es in juristischen Kreisen. Nähere Auskünfte möchte weder bei Gericht noch im Justizministerium jemand machen. Die Klagen zielen darauf, überprüfen zu lassen, ob die Einwände der Anwohner und Betreiber touristischen Kleingewerbes überhaupt ausreichend abgewogen worden sind. Steffen Adler

Lassan - Gewissenlos und Ignorant?