Gut geschützt in die Sonne gucken

In einigen Ländern der Welt trommeln die Menschen, wenn sich der Mond genau zwischen Erde und Sonne schiebt. Sie haben nämlich Angst, weil sonst ein großer Drache die Sonne frisst und sie im Dunkeln leben müssen. Die Naturvölker möchten ihn durch diese Trommelgeräusche verjagen. In Heringsdorf trommelte gestern zwar niemand auf den Busch, trotzdem kamen am Vormittag rund 50 Besucher in die Sternwarte am Sportplatz und schauten der Sonnenfinsternis zu. „Dieses Ereignis ist sehr selten und wir haben beste Wetterbedingungen. Das ist sehr erfreulich“, sagt Lars Stephan, der die Sternwarte seit 1990 leitet. Rund 80 Prozent der Sonne sollten durch den Mond verdeckt werden. „Hätten Sie eine Kreuzfahrt auf dem Atlantik gebucht oder wären auf den Faröer-Insel, hätten sie eine Bedeckung von 100 Prozent erleben können“, sagt Stephan, der sich seit seiner Kindheit in seiner Freizeit mit der Astronomie beschäftigt und auf viele Fragen der Besucher eingehen konnte. An einen Black-Out oder ein Zusammenbrechen der Stromversorgung dachte der 42-jährige Jurist und Hausverwalter nie. In einigen Medien wurde über diese Schreckensszenerien berichtet. „Das ist ungefähr damit vergleichbar, wenn sich im Sommer eine Wolkenfront vor die Sonne schiebt. Dann bricht hier auch nicht alles zusammen. Es wird nur ein wenig dunkler“, sagt der Heringsdorfer. Und um kurz vor halb elf war es endlich so weit. Das Sonnenlicht wurde — gefühlt — etwas weniger. „Das Licht wird etwas fahl. Auch unsere Schatten verändern sich“, erklärt Lars Stephan. Die Besucher der Sternwarte tauschten sich untereinander die Schutzbrillen aus, die extra für die Sonnenfinsternis geeignet sind und knipsen Fotos mit dem Smartphone. „Wir sind im Urlaub und uns passte die Sonnenfinsternis sehr gut ins Tagesprogramm“, sagte Johannes Teubner (22) aus Potsdam, der mit seiner Freundin Carolin Gerlach aus Berlin zur Sternwarte gekommen ist. In dieser Woche lockte nicht nur die Sonnenfinsternis die Leute vor die Tür. „Ich gehe jeden Abend am Strand spazieren und am Dienstag habe ich die Polarlichter am Horizont entdeckt. Ich habe mich schon gewundert, was dort am Himmel so schimmert“, sagt die 46-jährige Berlinerin Syllvia Gramol. Leider fehlte ihr an dem Abend die Kamera. „Es sah auf jeden Fall toll aus“, sagt sie. Zum Zeitpunkt der totalen Verdunklung, um 10.50 Uhr, schauten die Besucher nacheinander in die Teleskope hinein, die eigens mit einer speziellen Schutzfolie geschützt wurden. „Ohne Schutz geht es nicht. Das ist sonst zu gefährlich“, klärt Lars Stephan auf, der bereits im Jahr 1999 die Sonnenfinsternis in seiner Sternwarte leitete. „Die nächste partielle Sonnenfinsternis erleben wir schon in zwei Jahren. Dann werden rund fünf Prozent der Sonne vom Mond bedeckt.“ In 66 Jahren die Nächste 5 Prozent der Sonne sollen am 21. August 2017 auf Usedom verdeckt werden. Es handelt sich dabei um eine partielle Sonnenfinsternis. 27 Prozent der Sonne werden am 10. Juni 2021 verdeckt. Totale Sonnenfinsternisse gab es auf der Insel Usedom unter anderem am 16. Juni 1419 und am 26. Juni 1424. Auch am 23. Juni 1699 verdunkelte sich der Himmel für wenige Augenblicke über der Insel. Die nächste Sonnenfinsternis findet laut Astrologen am 3. September 2081 statt. Das Besondere: Zum ersten Mal seit dem 11. August 1999, als es die letzte Sonnenfinsternis in Europa gab, zieht der Kernschatten über Mitteleuropa. Nach Berechnungen der Nasa soll die Finsternis fast vier Minuten anhalten. Ohne Brille sollte man nicht in die Sonne schauen. Das ist nicht gut für die Augen.“Lars Stephan, Sternwarte Hannes Ewert

Heringsdorf - Gut geschützt in die Sonne gucken