Kastration der Freigänger-Katzen im Kreis Vorpommern-Greifswald gefordert

Sie liebt Katzen über alles. Michelle Sauck vom Wolgaster Katzenschutzverein setzt sich vehement für eine Verordnung im Landkreis ein, die das Kastrieren der Katzen vorschreibt. Aus gutem Grund, wie sie sagt: Seit zehn Jahren kümmert sie sich zusammen mit den weiteren Mitgliedern des Katzenschutzvereins Wolgast um frei lebende und streunende Katzen. „Es entstehen immer mehr sogenannte Hotspots und vielfach ist daran der Mensch schuld“, so Sauck. Allein 3000 „wilde“ Katzen leben nach Schätzungen des Tierschutzbundes Greifswald im Großraum Greifswald, der Katzenschutzverein Wolgast beziffert allein die Zahl der unkastrierten Katzen auf der Insel Usedom auf 300-500, für Wolgast werden 400-600 Tiere geschätzt und noch einmal 200 sind rund um Anklam unterwegs. „Das sind alles punktuelle Schätzungen von Tierschützern“, so Tom Beyer vom Tierschutzbund Greifswald. „Der Landkreis hat keine Informationen über die wirkliche Zahl. Die dürfte noch um einiges höher liegen.“ Viele Katzenbesitzer kümmern sich nicht um Kastration: Immer häufiger werden Katzen beziehungsweise deren Kitten ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen, weiß Sauck. „Wir betreuen mittlerweile an die 100 frei lebende Katzen auf unserem Gelände“, betont sie. Der Katzenschutzverein hat die Tiere im Stadtgebiet eingefangen, wobei sich zwei Hotspots am Hagebaumarkt und auf dem städtischen Bauhof herauskristallisiert hatten. „Die Katzen und Kater wurden kastriert und auf unser Gelände nahe des Wolgaster Südhafens gebracht. Dort haben sie ein gutes Leben“, so die Vereinsvorsitzende. Allerdings habe die ehrenamtliche Arbeit in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Viele Menschen halten ihre Katzen als Freigänger, die fast den ganzen Tag draußen sind. Unkontrollierte Vermehrung sei die Folge. Oftmals tragen die Tiere auch schlimme Erkrankungen oder Verletzungen davon, wenn sie nur sich selbst überlassen werden.“ Dabei wäre es nach Saucks Worten so einfach: „Wir organisieren das Kastrieren, dann bringen wir die Tiere zurück zu ihren Besitzern.“ Die Kosten für den Tierarzt tragen die Besitzer der Katzen, der Wolgaster Katzenschutzverein finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Auge musste entfernt werden: Zoé ist so ein Kätzchen mit schlimmen Verletzungen. „Das Kleine kam Anfang Juli zusammen mit der nicht kastrierten Katzenmutter und einer weiteren Kitte aus Zecherin bei Wolgast zu uns und hatte ein völlig kaputtes Auge, das entfernt werden musste“, berichtet Sauck. Nach ihren Worten hat das Katzenbaby nur überlebt, weil die Nachbarin der Hofbesitzer den Katzenschutzverein informierte. Die Hofbesitzer sahen sich nicht in der Pflicht, ihre bei ihnen lebenden Katzen zu kastrieren. Erst durch Zoé ließen sie sich überzeugen, ließen ihre Katzen und schließlich auch ihren Kater kastrieren. Zoé hatte großes Glück: „Die für den Katzenschutzverein tätige Tierärztin hat sich sofort um Tierfreunde bemüht, die das Kätzchen erst einmal gesund pflegten und aufpäppelten. Die Familie behielt Zoé sogar“, berichtet Michelle Sauck. Andere Fälle laufen nicht so glücklich: „Manchmal können wir nur noch beim Sterben zusehen.“ Schon 80 frei lebende Katzen in diesem Jahr kastriert: Deshalb sei es so wichtig, dass Katzen kastriert werden und dies über eine entsprechende kreisliche Verordnung verpflichtend geregelt werde. Denn viele Krankheiten, die bei den freilebenden Katzen im Umlauf sind, können auf Freigänger und auch auf den Menschen übertragen werden. Dazu zählen Parasiten wie Spul- und Bandwürmer, aber auch der Erreger für Toxoplasmose, was insbesondere für schwangere Frauen gefährlich ist. Durch die ehrenamtliche Arbeit ihres Vereins wurden in diesem Jahr schon über 80 freilebende Katzen kastriert, erzählt Sauck. Das sei so viel wie im gesamten vergangenen Jahr. Fast täglich würden neue streunende Katzen gemeldet, die nicht mehr zu ihren Besitzern zurückkehren. Im Norden unseres Landkreises helfen in mehreren Vereinen dutzende Mitglieder bei der Eindämmung freilebender Katzenpopulationen. Dazu gehören der Tierschutzverein Insel Usedom, der Tierhof Labömitz und der Tierschutzbund Greifswald. Landrat: Situation je nach Gemeinde unterschiedlich: Landrat Michael Sack (CDU) kennt das Katzen-Problem noch aus seiner Bürgermeisterzeit in Loitz. „Auch dort hatten wir einen Hotspot mit freilebenden Katzen“, sagt er. „Oftmals liegt das aber auch an fehlender Information der Menschen. Ich erinnere mich, dass dort einige Leute einfach das Essen vom Balkon geworfen haben. Für die Katzen. Da mussten wir das Gespräch suchen.“ Einer starren Regelung mit verpflichtender Kastration steht er persönlich aber kritisch gegenüber, wie er sagt. Man müsse sich Zeit nehmen die Situation lokal zu analysieren. „Nicht in jeder Gemeinde gibt es Probleme“, sagt er. „Die Ärzte des Veterinäramtes sind auch mit der Thematik befasst und aktiv. Das ist vielleicht einfach zu wenig bekannt.“ Backhaus: Katzen sind keine Regenschirme! Das Land hat vor kurzem eine Fundtierregelung für Katzen erlassen und damit die Tierrechte gestärkt. „Das bedeutet, dass jetzt das Ordnungsamt auch für die Unterbringung und Versorgung von Fundkatzen verantwortlich ist, auch wenn diese verletzt sind“, beschreibt Tom Beyer. „Der Städte- und Gemeindetag des Landes hat dagegen protestiert und eine Umsetzung abgelehnt. So etwas sei nicht zu leisten.“ Rückenwind gab es dagegen jüngst von Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Er zeigte sich verärgert, dass der Städte- und Gemeindetag sich über den Tierschutz stelle. „Wenn der Bürger bei der Behörde einen Regenschirm als Fundsache abgibt, ist dieser für sechs Monate zu verwahren. Für Fundtiere, zum Beispiel Katzen, gilt das nun endlich auch“, so Backhaus. „Nur, dass Tiere tierschutzgerecht zum Beispiel in einem Tierheim untergebracht werden müssen und nicht ins Regal gehören. Ich erwarte, dass diese Vorschrift umgesetzt wird.“ Ämter hoffen auf Katzenschutzverein: Es gibt erste Ämter wie Züssow und Anklam, die zeigen sich angesichts der neuen Fundtierregelung an einer Zusammenarbeit mit dem Wolgaster Katzenschutzverein interessiert. „Aber wir betreuen ja schon 100 wild lebende Katzen. Zudem fehlen Spenden für die Kastrationen“, erläutert die Vereinsvorsitzende. Michelle Sauck hofft daher inständig, dass der Kreistag der Vorlage zustimmt, die gemeinsam mit dem Greifswalder Tierschutzbund und der Tierschutzpartei erarbeitet wurde. „Die weitere enorme Zunahme der Katzenpopulation im Kreis muss eingedämmt werden“, sagt sie. Lesen Sie auch Jubiläum Katzenschutzverein Wolgast Darum verdankt ein weißer Kater Wolgaster Helfern sein Leben Wenn in Wolgast Schafe zu Apfeldieben werden Zu teuer: Kommunen und Land streiten weiter über Betreuung von Fundtieren Haustier-Boom durch Corona in MV: Tierschützer fordern Kastrationspflicht Von Cornelia Meerkatz und Anne Ziebarth