Klärschlamm: Entsorgung wird immer teurer

Die Zweckverbände Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung der Region haben Probleme mit der Entsorgung des in ihren Kläranlagen anfallenden Klärschlamms. Wie beim Verband Festland-Wolgast zu erfahren war, haben sich die Kosten für die Entsorgung dieser bei der Abwasserreinigung zurückbleibenden Fest- und Flüssigstoffe – in der Kläranlage Wolgast fallen pro Jahr etwa 2500 Tonnen Klärschlamm an – in kurzer Zeit auf rund 50 Euro pro Tonne verdoppelt. „Seit Bestehen des Zweckverbandes wird unser Klärschlamm als Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen in der Region ausgebracht“, berichtet Christian Zschiesche, technischer Geschäftsführer des Zweckverbandes Wolgast. Gemäß den neuen Klärschlamm- und Düngeverordnungen sei diese Praxis jedoch strengeren Kriterien als bisher unterworfen. Für die Ausbringung des Klärschlamms gelten nun zum Beispiel kürzere Zeiträume. Zudem werden die zu düngenden Flächen knapp. Denn: Die hiesigen Landwirte haben als Partner von Biogasanlagen und Betreiber zum Beispiel großer Milchviehanlagen selbst genügend Naturdünger in Form von Gärresten und Gülle zur Verfügung. Im Ergebnis werden die Flächen-Akquise schwieriger und die Entsorgungswege länger, was die Kosten für die Schlamm-Verwertung in die Höhe treibt. 2017 habe der Wolgaster Zweckverband turnusmäßig einen neuen Vertrag mit einem Unternehmen zur Verwertung des Klärschlamms abgeschlossen, sagt Zschiesche. Noch gelange der Schlamm auf Äcker, da Alternativen, wie etwa Verbrennungsanlagen, in der Region fehlten. Mittelfristig wolle der Verband jedoch aus der landwirtschaftlichen Verwertung aussteigen, um die Abwassergebühren nicht drastisch erhöhen zu müssen. Neue, innovative Verwertungsmethoden sind gefragt. Der Wolgaster Zweckverband habe einen Forschungsvertrag mit der im Industriepark in Relzow bei Anklam ansässigen AVA GmbH vereinbart, berichtet Zschiesche. In der dortigen Anlage wird auf dem Wege der hydrothermalen Karbonisierung aus organischen Abfällen unter anderem Aktivkohle hergestellt, die zum Beispiel als Brennstoff oder Dünger eingesetzt werden kann. Der für Versuchszwecke benötigte Klärschlamm komme aus Wolgast. Die Wolgaster sind, was die Klärschlamm-Problematik angeht, zudem mit ihrem Nachbarverband auf Usedom im Gespräch, der bekanntlich das Abwasser aus dem Norden der Insel zur Kläranlage nach Wolgast überleitet. Wie Manfred Schultz, Leiter der Abwasserbeseitigung beim Zweckverband Insel Usedom, mitteilt, wolle auch der Insel-Verband auf eine Klärschlamm-Verbrennung verzichten. Stattdessen solle in Zusammenarbeit mit der Technologieinitiative Vorpommern mit Sitz in Lubmin ein Verfahren entwickelt werden, mit dessen Hilfe aus dem Schlamm ein wiederverwertbares Produkt, ein so genannter Bodenverbesserer, entsteht. Die Maschinen- und Armaturenwerkstatt Lubmin GmbH und die Leipziger Euro Engineering AG zählen als Partner zu den Hauptakteuren, die das Klärschlammproblem auf der Insel Usedom in naher Zukunft lösen wollen, teilt die Technologieinitiative auf ihrer Homepage mit. Mittels spezieller Filtrationstechnik sollen die Schwermetalle mehrstufig aus dem Klärschlamm entfernt und resistente Keime abgetötet werden. Parallel dazu sei vorgesehen, dank bereits gut funktionierender Technologien den Phosphor als lebensnotwendiges Element aus dem Klärschlamm zurückzugewinnen. Laut Manfred Schultz ist eine Machbarkeitsstudie in Arbeit mit dem Ziel, eine entsprechende Versuchsanlage am Standort der Kläranlage Zinnowitz zu errichten, die ohnehin erweitert werden soll. Zunächst jedoch sind auch aktuelle Probleme zu lösen. Das Verwertungsunternehmen für den auf Usedom anfallenden Klärschlamm – etwa 2700 Tonnen pro Jahr – hat den mit dem Inselverband geltenden Vertrag überraschend gekündigt, wie Schultz bestätigte. Verhandlungen stehen ins Haus. Die Verwerter von Klärschlamm sind rar. Tom Schröter

Wolgast/Ückeritz - Klärschlamm: Entsorgung wird immer teurer