Peenemünde: Diese militärische Altlast wird jetzt entsorgt

Was wird denn da am Peenemünder Flugplatzring gebaut? Das wird sich so mancher fragen, der an dem eingezäunten Gelände zwischen Flugplatz und Kreuzung (Bahnübergang/Richtung Peenemünde) vorbeikommt. Hier sind gegenwärtig schwere Baufahrzeuge im Einsatz, die Unmengen an Sand bewegen. Für Aufklärung sorgt Birte Ericsson, Sprecherin der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: „Bei der Baumaßnahme handelt es sich um eine Altlastensanierung auf einer etwa 1,85 Hektar großen Fläche, die sich in unserem Eigentum befindet.“ Auf dem Areal befand sich das Haupttanklager der Nationalen Volksarmee (NVA) des Flugplatzes Peenemünde. Gebaut wurde das Tanklager Ende der 1960er Jahre. „Der Boden ist durch Havarien kontaminiert. Durch einsickerndes Niederschlagswasser werden noch immer Schadstoffe aus den mit kerosingetränkten Bodenschichten in das Grundwasser ausgewaschen“, so die Sprecherin. Havarie: Behälter mit Kerosin geplatzt: Johanna Kleine aus Neuendorf kann sich an eine Havarie erinnern. Sie war zu der Zeit Laborantin im Tanklager und arbeitete dort bis zur Wende. „Auf dem Gelände hatten wir mehrere oberirdische Tanks. Es muss Anfang der 70er Jahre gewesen sein. Ich weiß noch, dass ein Behälter mit Kerosin gerissen war. Wie viel Treibstoff da ausgelaufen ist, weiß ich nicht.“ Auf dem Areal sollen sich drei Kessel mit einem Treibstoffvorrat von jeweils 120 000 Liter Kerosin befunden haben. Der Kraftstoff wurde in ein Zwischenlager auf den Flugplatz gepumpt. Dort gab es eine Direktbetankungsanlage. Vom Lager aus wurde der gesamte NVA-Fuhrpark mit Sprit, Kerosin, Fette und Schmieröle versorgt – Flugzeuge, Hubschrauber, Lkw und Pkw. Der Treibstoff kam mit Kesselwagen der Deutschen Reichsbahn über den Bahnhof Wolgast-Hafen. Im Hafen wurden die Kesselwagen mit dem Fährschiff „Stralsund“ über die Peene transportiert. Die tanktechnischen Anlagen auf dem Gelände wurden 2003 zurückgebaut. „Die Fläche liegt zwar aktuell nicht in einer Trinkwasserschutzzone, jedoch ist die Grundwasserressource auf der Insel Usedom durch das umgebene Salzwasser begrenzt. Bei einer Steigerung der Trinkwassergewinnung im Wasserwerk Karlshagen ist eine weitere Ausbreitung der bislang begrenzten Grundwasserkontamination nicht auszuschließen“, so die Sprecherin. Gutachterin prüft Sanierungsvarianten: Deshalb ist auf Basis der langjährigen Untersuchung zur Schadensentwicklung im Grundwasser im vergangenen Jahr die Entscheidung gefallen, hochbelastete Bodenbereiche zu sanieren. Dazu wurden durch eine Gutachterin verschiedene Sanierungsvarianten geprüft – die Bundesanstalt und die Staatliche Bau- und Liegenschaftsverwaltung (SBL) haben die Sanierung durch clusterweisen Aushub von kontaminiertem Boden bis zum Niedrigwasser favorisiert. Lesen Sie auch Usedom: Diese Jugendlichen legen Peenemünder Arbeitslager frei Sperrgebiet Peenemünde: Dieser Mann macht die Geschichte erlebbar Usedomer Historiker: So lief der Absturz des US-Bombers vor Peenemünde ab „Durch diese Maßnahme wird eine erhebliche Verringerung der Bodenbelastung erreicht. Diese führt nach einiger Zeit auch zu einer Umkehr und nachhaltigen Reduktion des Schadstoffaustrages vom Boden in das Grundwasser“, sagt Birte Ericsson. Nach der Sanierung soll der Grundwasserschaden durch ein enges Netz von Grundwassermessstellen regelmäßig untersucht werden, um den Sanierungserfolg zu überwachen. Bereits im Juni stand der Sanierungsplan, der nun im Herbst und Winter 2020/2021 umgesetzt wird. An die Sanierung waren Auflagen geknüpft, die inzwischen umgesetzt sind. So wurde bereits im Frühjahr 2020 mit der Vergrämung von Reptilien im Baustellenbereich begonnen. „Die Sanierungsmaßnahme soll noch voraussichtlich bis Ende Februar 2021 dauern. Nach der Bodensanierung ist geplant, die Fläche des ehemaligen Tanklagers an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt zu übertragen“, so die Sprecherin aus Bonn. Von Henrik Nitzsche