Sauna-Betreiber wirft das Handtuch

14 Jahre lang war Gerhard Schlieter Pächter der Feuchtraumsauna im Wolgaster Sportforum. Nun hat der Karlshagener den mit der Stadt Wolgast geschlossenen Pachtvertrag zum 30. September gekündigt. Die wirtschaftliche Lage zwinge ihn zu diesem Schritt, informiert der 62-jährige Insulaner, der die Entscheidung sehr bedauert, wie er betont, „denn die Arbeit hat mir sehr großen Spaß gemacht“. Andererseits seien die Besucherzahlen immer weiter zurückgegangen, schildert Schlieter. „Es waren vorwiegend ältere Einwohner, die, so war mein Eindruck, sich in der Sauna recht wohlgefühlt haben. Neuzugänge kamen leider kaum nach.“ Hinzu komme, dass die Saunabetreiber in Deutschland seit dem 1. Juli, statt bisher sieben Prozent, nun 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen sollen. „Denn der Staat erkennt den Gang in die Sauna nicht mehr als eine Gesundheitsmaßnahme, sondern eher als Wellness an“, erklärt Gerhard Schlieter. Er habe sich sogar persönlich an den Deutschen Saunabund gewandt, um die für ihn existenzbedrohende Steuererhöhung im letzten Moment noch abzuwenden. Alle Bemühungen blieben jedoch erfolglos. Angesichts dieser Entwicklungen wäre in seinem Falle ein negatives Betriebsergebnis zu erwarten gewesen. „Reich bin ich mit der Sauna nie geworden“, unterstreicht der Pächter. „Am Anfang hatte ich noch ein geringfügiges Einkommen, aber dann deckten die Einnahmen stets gerade einmal die Betriebskosten.“ Damit sich Aufwand und Nutzen die Waage hielten, habe er den Eintrittspreis in den vergangenen Jahren bereits drei Mal erhöhen müssen, was ihm seitens der Kundschaft einige Kritik eingebracht habe. Zuletzt kostete der einmalige Saunabesuch im Sportforum 7,50 Euro; für eine Zehner-Karte kassierte Schlieter 70 Euro. Um die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten, optimierte der Pächter zudem die Öffnungszeiten. Zunächst hielt er sein Angebot auch sonntags bereit, da jedoch zu wenige Kunden erschienen, nahm er den Sonntag aus dem Programm. Auch an den übrigen Wochentagen reduzierte er die Betriebszeiten auf fünf, sechs beziehungsweise acht Stunden. „Gerne hätte ich die Sauna noch bis zu meinem Rentenalter weiter betrieben, aber ich würde meine Familie damit wirtschaftlich ins Unglück stürzen“, erklärt der Karlshagener. Seine berufliche Zukunft sei derzeit noch unklar. Möglicherweise könne er künftig sein musikalisches Talent stärker einsetzen. Stichwort: Mehrwertsteuer-Erhöhung Ausgelöst wurde die zum 1. Juli erfolgte Mehrwertsteuer-Erhöhung von sieben auf 19 Prozent durch ein Gerichtsurteil. Darin heißt es, dass der ermäßigte Satz nur für Heilbäder erhoben werden darf. Saunabesuche sind hingegen Wellnessvergnügen. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen widerspricht und verweist darauf, dass 74 Prozent der Saunisten einer Erkältung vorbeugen wollen und 13 Prozent auf eine Schmerzlinderung hoffen. Laut Berechnungen des Deutschen Sauna-Bundes wird im Zuge der Steuererhöhung die Zahl der wöchentlichen Gäste um etwa zehn Prozent sinken und zu einem finanziellen Verlust in der Branche von 70 Millionen Euro führen. „Ein Großteil der insgesamt 2150 öffentlichen Saunabäder kommt dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, vor allem die kleineren und mittleren“, prophezeit Geschäftsführer Rolf-Andreas Pieper. Tom Schröter

Wolgast - Sauna-Betreiber wirft das Handtuch