Sauzin: Inselcafé versorgt Usedomer auch in Corona-Zeiten

Manchmal braucht es Umwege und dauert viele Jahre, dass sich persönliche Karriereträume verwirklichen. Im besten Fall ist dann die Freude, nun die einzig richtige berufliche Entscheidung getroffen zu haben, umso größer. Ariane Flohr (51), der gebürtigen Elmshornerin, merkt man genau diese glückliche Zufriedenheit an. Sie lacht gern, und das Verkaufsgespräch macht ihr unüberhörbar Spaß. Seit 2019 ist es das kleine, etwas verträumt wirkende Inselcafé, mit dem sie sich – gemeinsam mit ihrem Mann Hubert – den großen unternehmerischen Wunsch erfüllt hat. „Backen war schon immer meine große Leidenschaft, nun kann ich die auch ausleben und bin außerdem noch meine eigene Chefin. Was will ich mehr?“, fragt die rührige Geschäftsfrau. Ihr beruflicher Werdegang ist so abwechslungsreich wie mit ganz verschiedenen Örtlichkeiten und Branchen verbunden. Eine Lehre zur Hotelfachfrau absolvierte sie in Wyk auf Föhr. Es folgten praktische Jahre als Hausdame in renommierten Münchener Hotels, bevor sie über eine Stippvisite im Bankgeschäft Gastronomieluft auf Kreuzfahrtschiffen schnupperte, um danach als Direktionsassistentin bei Robinson-Reisen in der Schweiz anzuheuern. Liebe zum ZDF-Traumschiff-Kapitän: Schließlich machte sich Ariane Flohr in Augsburg mit zwei Chocolaterien selbstständig, ehe sie die Liebe zu ihrem Hubert, der viele Jahre lang als Kapitän das Sagen auf dem ZDF-Traumschiff hatte, auf Deutschlands zweitgrößte Insel verschlug. „Mit dem Erwerb von Haus und Grundstück nahm dann auch die Vision eines eigenen Cafés Kontur an“, blickt sie zurück und staunt selbst ein bisschen, wie sich das Paar zwischen 2012 und 2019 ein neues Heim einrichtete, parallel dazu am künftigen Café baute, es renovierte, geschmackvoll einrichtete und obendrein noch genug Zeit fand, gemeinsam die Weltmeere zu durchkreuzen. Sie lernten Reiseziele kennen, von denen viele Menschen nur träumen können. „Eine wunderbare Zeit“, sagt sie heute und erinnert sich an den Zuckerhut, den Panamakanal und Törns nach Australien und Neuseeland. Derzeit nur Außer-Haus-Verkauf: Dort wo sich früher vor der Sauziner Ortslage an der Wolgaster Straße eine Garage und eine Ferienwohnung befanden, sitzen nun auf jeweils 23 Innen- und Außenplätzen ihre Cafégäste. Das heißt, sobald es die äußeren Umstände wieder erlauben. Vorerst müssen sie genau wie die Betreiberin des kleinen Unternehmens mit Außer-Haus-Verkauf an Samstagen und Sonntagen Vorlieb nehmen. Lesen Sie auch ZDF-Traumschiff-Kapitän von Usedom geht von Bord Pläne für Wolgaster Mega-Brücke jetzt für jeden einsehbar Usedom: tausende haushalte erhalten Glasfaseranschluss Immerhin: So oft wie ihr Telefon klingelt, lässt sich vermuten, dass die Nachfrage nach Käsekuchen und Kirschtorte, Streuselkuchen und veganem Schokogebäck erstaunlich groß ist. „Wir fühlen uns jetzt angenommen, und zwar auch und vor allen Dingen bei den Einheimischen“, zieht die Frau mit dem Faible für kleine, besondere Köstlichkeiten ein zufriedenes Zwischenfazit ihrer Selbstständigkeit. Spätabendliche Extraschichten: Immer wieder Neues kreieren, das verlange sie sich selbst ab. Und im besten Fall – wie bei ihrer inzwischen bereits legendären Himmelstorte mit Früchten und Sahne – kommen dabei kulinarische Hits heraus, die auch schon mal kurzfristig ausverkauft sein können. Dann heißt es für Ariane Flohr, spätabendliche Extraschichten in der Backstube einzulegen. Doch selbst das mache sie gern. Ihr ganzer Stolz im Verkaufsraum und zugleich die neueste Errungenschaft ist ein historischer Tresen, den sie von Bäcker- und Konditormeister Reinhard Knappik aus dem inzwischen leider geschlossenen Wolgaster Café Biedenweg erworben hat. Zumindest dessen gläserner Aufbau ist original. Auch das betagte hölzerne Unterteil des Verkaufsschrankes dürfte künftig die neugierigen Blicke der Kunden anziehen, weil es geradezu antik wirkt und etliche Jahrzehnte auf dem Buckel hat. So mancher Kunde, der früher regelmäßig sein Brot und seine Brötchen bei Meister Knappik gekauft hat, wird sich vielleicht über das unverhoffte Wiedersehen mit dem Tresen freuen. Auf die Klassikerfrage, ob die Bäckerin denn auch gern von ihren eigenen Produkten nascht, erwidert sie beinahe erwartungsgemäß: „Natürlich, auf jeden Fall. Ich bin nicht nur Konditorin mit Herz, sondern esse auch wahnsinnig gern Kuchen.“ Quarksahnetorte mit Mandarinen ist ihr persönlicher Favorit. Und: An kleinen fruchtigen oder Schokotörtchen kommt sie nur ganz schwer vorbei. Und wer die mal gekostet hat, versteht das. Von Steffen Adler