Sechs Usedomer Hoteliers klagen in Karlsruhe gegen Willkür der Politik

Jetzt reicht es! Das sagen sechs Usedomer Hoteliers, allesamt Mitglieder des Dehoga Regionalverbandes Ostvorpommern. Die Hoteliers haben am Donnerstag beim Verfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde gegen die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eingelegt. Beschwerdeführer sind die Vertreter der Häuser Baltic Sport- und Ferienhotel Zinnowitz, Hotel Zur Post und Villen im Park Bansin, Strandhotel Heringsdorf, Strandhotel Ostseeblick Heringsdorf, Resort Hotel Kaiserbad Heringsdorf und Seetelhotels Usedom. Worum geht es den Hoteliers bei ihrer Beschwerde? Vereinfacht ausgedrückt fordern sie eine Entschädigung vom Staat (Bundes- oder Landesregierung), wenn sie in ihrem unternehmerischen Wirken vonseiten der Behörden gehindert werden. „Werden also Beherbergungsverbote ausgesprochen und die Schließung gastronomischer Einrichtungen verfügt, muss es für die Betroffenen eine Entschädigung geben. Sie soll auch dann fällig werden, wenn das eigentliche Verfahren – die Klage gegen die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes – vor dem Verfassungsgericht noch anhält und dauert“, fasst der Dehoga-Chef für Ostvorpommern, Krister Hennige, zusammen. Eine Branche wird als Sündenbock ausgemacht: Tim Dornbusch, Inhaber des Zinnowitzer Hotels Baltic und federführend bei der Erarbeitung der Beschwerde, spricht von Gerechtigkeit, die eingefordert werde. „Es kann nicht sein, dass eine Branche – die Hotellerie/Gastronomie – abgestraft wird, die in den zurückliegenden Monaten weder der Auslöser der Pandemie noch der Hort für permanent neue Corona-Ausbrüche war“, macht er mit Nachdruck deutlich. Lesen Sie auch: MV: Gaststättenverband fordert Ende des Corona-Lockdowns MV-Hotellerie: Neues Schutz-Siegel soll Lockdown rasch beenden Gerade seine Branche habe Zehntausende Euro in Luftfilter und die Umsetzung akribisch ausgearbeiteter Hygienekonzepte investiert, um den Gästen und dem eigenen Personal Sicherheitsstandards gewährleisten zu können. „Wir haben einen Ruf zu verlieren, denn mit unseren Häusern müssen wir Geld verdienen, um am Ende auch unsere Mitarbeiter mit ihren Familien bezahlen zu können. Schon deshalb haben wir einen Grund, die Beherbergung von Gästen nach höchsten Sicherheitskriterien vorzunehmen“, sagt Dornbusch. Schutzmaßnahmen werden nicht infrage gestellt: Er stellt klar, dass die jetzt klagenden Hoteliers weder die Corona-Pandemie leugnen noch Verschwörungstheorien anhängen. Auch die beschlossenen Schutzmaßnahmen an sich werden nicht infrage gestellt. „Ich halte Corona schon für eine sehr ernstzunehmende Erkrankung. Aber das jetzige Vorgehen des Bundes widerspricht komplett unserem Rechtsverständnis. Denn was man hier mit uns macht, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“, ist sich Tim Dornbusch ganz sicher. Rolf Seelige-Steinhoff als geschäftsführender Gesellschafter der Seetel-Gruppe mit insgesamt 16 Hotels, nennt ebenfalls mehrere Gründe, warum er sich sofort der Verfassungsbeschwerde, die einer Klage gleichkommt, angeschlossen hat. „Es wird eine einzige Branche komplett abgestraft für etwas, dass sie nicht verschuldet hat. Gleichzeitig sind indirekt viele weitere Partner, nämlich unsere Lieferanten vom Bäcker und Gemüsehändler über die Wäscherei bis hin zum Klavierspieler und Sänger, die in unseren Häusern die Gäste unterhalten haben, betroffen“, zählt er auf. Ausgeklügelte Hygienekonzepte für Hotels: Während der fünfmonatigen Öffnung der Hotels zwischen dem ersten und zweiten Lockdown ist bundesweit nicht ein einziger Fall bekannt, wo ein infizierter Gast eine Folgewelle von Hotspots ausgelöst hätte. „Auch auf Usedom gab es in den Hotels nichts zu beanstanden. Wir haben eng mit der Landesregierung MV zusammengearbeitet und gerade für die Hotellerie und Gastronomie ausgeklügelte Hygienekonzepte erarbeitet, denn die Gesundheit unserer Gäste und unserer Mitarbeiter steht für alle Hoteliers an erster Stelle“, argumentiert der Seetel-Chef. Dass seine Branche nicht der Auslöser großer Hotspots sei, zeige sich ja jetzt, da die Hotels geschlossen seien, aber die Infektionszahlen weiter steigen. Novellierung ist Eingriff in Privateigentum: Ganz besonders schwer wiegt für Dornbusch und Seelige-Steinhoff der mit der Novellierung festgezurrte Eingriff in ihr Privateigentum. „Damit können Bundes- oder Landesregierung jederzeit verfügen, beispielsweise bei der nächsten großen Grippewelle, dass unsere Häuser geschlossen werden, wir kein Geld verdienen können und unsere Angestellten ohne Lohn bleiben. Und für einen solchen Fall sollen wir noch nicht mal entschädigt werden. Das ist weder verhältnismäßig noch verfassungsmäßig“, sagt Seelige-Steinhoff. Für Tim Dornbusch kommt das der Möglichkeit einer kalten Enteignung gleich. „Wir werden damit der Willkür der Politik ausgesetzt und derart in unseren Grundrechten beeinträchtigt, dass es nicht mehr hinnehmbar ist“, erklären die gestandenen Hoteliers. Die Verfassungsbeschwerde sei daher nur folgerichtig. Vertreten werden die sechs Usedomer Hoteliers durch renommierte und erfahrene Fachanwälte aus Kiel mit bester Erfahrung im Verwaltungs- und Verfassungsrecht und mit Schwerpunkt im Recht der öffentlichen Ersatzleistungen wie Staatshaftungsrecht, Enteignung und Entschädigung. Von Cornelia Meerkatz