Usedom: Alternative könnte Erlebnisweg am Achterwasser ersetzen

Die im Herbst bekannt gewordene Absicht, auf der Krone des bereits vorhandenen Deiches am Achterwasser von Loddin bis Zempin einen touristischen Erlebnisweg auszubauen, stößt weiter auf Kritik. Nachdem sich bereits während der Septembersitzung der Koserower Gemeindevertretung Arnulf Parow im Gremium gegen das Vorhaben als „völlig unnötigen Eingriff in die Natur“ ausgesprochen hatte, folgten ähnliche öffentliche Wortmeldungen. Etwa von Dr. Matthias Gründling aus Zinnowitz, der davor warnte, die Usedomer Inselnatur weiter zu zerstören. Ähnlich äußerte sich wenig später Gerd Rauschenbach (früher Karlshagen, jetzt Feldberger Seenlandschaft). Er sieht die Einzigartigkeit Usedoms wegen der nicht enden wollenden Aufstockung der Bettenzahl sowie entsprechender Infrastrukturvorhaben und -kosten „den Bach runter gehen“. Andererseits haben unterdessen die Gemeindevertretungen von Loddin/Kölpinsee und von Zempin, wie ihre Koserower Nachbarn, im Grundsatz für den Erlebnisweg votiert. Ückeritz muss dies nicht tun, da hier bereits entsprechende Wege vorhanden sind. Weg bleibt Wanderern und Spaziergängern vorbehalten: Jetzt hat sich jedoch der Zinnowitzer Dr. Klaus Knapp mit einem Alternativvorschlag zu Wort gemeldet. Ihm liege dabei besonders am Herzen, dass der bereits bestehende Achterwasserweg auch künftig lediglich Wanderern und Spaziergängern vorbehalten bleibe, was mit einem bewussten Schutz der Pflanzen- und Tierwelt einhergehe. „Um jedoch aus der frustrierenden Lage von ‚Wir sind dagegen‘ herauszukommen“, schlägt er einen Radwanderweg entlang bereits bestehender Nebenstraßen und Wege vor. Dieser biete unter anderem den Vorteil, dass die Strecke bereits komplett vorhanden, gut ausgebaut, verkehrsarm und sofort nutzbar wäre; lediglich eine ordentliche Beschilderung und Flyerbeschreibung wäre nötig. Start am Ückeritzer Mühlenweg: Und so sieht Knapps alternativer Radwanderweg am Achterwasser aus: Start am Mühlenweg/Achterwasser in Ückeritz, dann Loddiner Landweg (Angelteiche) nach Loddin, über die Dorfstraße zur Straße „Am Herrenberg“, über den Ausbau zur B 111. Nur hier müsste ein kurzes Stück der Radweg an der Bundesstraße genutzt werden, dann neben dem Erdbeerhof auf die Asphaltstraße zum Forsthaus Damerow, weiter zum Atelier Niemeyer-Holstein; auf dem dortigen umlaufenden Pfad müsste das Rad leider ein paar Meter geschoben werden; danach auf die Betonplattenstraße bis nach Zempin, von „Am Achterwasser“ führt die Dorfstraße über einen festen Landweg Richtung Zinnowitz. Querung der Bahnstrecke, wo der Radweg an der B 111 endet und sich der Radler entscheiden kann, zurückzufahren oder den Radweg an der Bundesstraße weiter nach Zinnowitz zu touren. Lesen Sie auch Mölschow auf Usedom bekommt neues Schöpfwerk Freizeittipp: Imposanter Blick vom Gnitz über das Achterwasser Findlinge in MV: Wo Vorpommerns größte Steine zu finden sind Diese Alternative sei abwechslungsreich und passiere viele touristische Attraktionen. Die Route biete zudem die Chance, Radrundwege durch Anbindung an den Ostsee-Radweg zu kreieren. Vor allem aber hebt der Initiator dieser Alternativvariante hervor, dass die Natur im Schilfgürtel und den Feuchtwiesen von einem intensiven Fahrradverkehr auf dem später wie auch immer ausgebauten Deichweg verschont bleibe. Einsparung von Investitionskosten: Auf der Habenseite stünden auch erhebliche eingesparte Investitionskosten, der Wegfall langwieriger Abstimmungen und Planungsverfahren sowie – im Falle heftigerer Auseinandersetzungen – letztlich auch jener von möglichen juristischen Auseinandersetzungen. Koserows Bürgermeister und Amtsvorsteher René König (parteilos) begrüßt hingegen die Ausbauabsichten. Sie stünden zumindest für den Koserower Streckenteil übrigens im mittelfristigen Planungs- und Entwicklungsprogramm „Koserow 2020“, das vor Jahren unter Bürgerbeteiligung und Unterstützung von Cottbuser Fachleuten erarbeitet worden ist. Seinerzeit habe man daran gedacht, den Weg auf der Deichkrone zu asphaltieren, um unter Einbindung der Parallelstraße zum Forsthaus Damerow eine Rundstrecke für Radler und Roller-Blade-Fahrer herzustellen. König: „Wir müssen auch für die jungen Touristen in der Inselmitte Angebote schaffen, die anderswo bereits prima angenommen werden.“ Ferner machen er und weitere Gemeindevertreter geltend, dass der aktuelle Hauptrad- und -wanderweg auf dem Ostseedeich zwischen Koserow und Zempin trotz Ausbau im vergangenen Jahr völlig überlastet ist und daher eine hohe Unfallgefahr ausstrahlt. Deich muss ertüchtigt werden: Die Befürworter des Erlebnisweges am Achterwasser sehen ferner intakte Aussichten, dass sich die zuständigen Instanzen (Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt) sowie Wasser- und Bodenverband der Insel Usedom unter Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorgaben und bei strikter Vermeidung unnötiger Risiken für die Nutzer des Weges in das Projekt mit einbringen können; vor allem, da der Deich, der eigentlich gar nicht befahren und begangen werden darf, ohnehin ertüchtigt werden müsse. König spricht aktuell von „hoffnungsvollen Vorgesprächen“. Allerdings ist nicht nur ihm auch klar, dass das Ganze lediglich funktionieren wird, wenn erhebliche Fördermittel dafür ausgereicht werden. Zunächst ist jedoch davon auszugehen, dass es eines Planfeststellungsverfahrens bedürfe. Um einen Kostenvoranschlag sowie die Grob-Entwurfsplanung werde sich zunächst eine neu installierte Arbeitsgruppe kümmern. Das Koserower Ortsoberhaupt stellt jedoch auch in Aussicht, dem berechtigten Naturschutzanliegen der Kritiker durch eine geeignete Deichweggestaltung und -beschilderung gerecht zu werden: „Idioten, die rasen, gibt es überall. Deshalb können wir indes nicht auf jedes Vorhaben verzichten. Es liegt an uns, wie wir den Weg anlegen und dafür sorgen, dass er auch vernünftig genutzt wird.“ Von Steffen Adler