Usedomer in Sorge: Protest gegen polnischen Containerhafen im Naturschutzgebiet

Das gigantische Hafenprojekt im polnischen Swinemünde sorgt weiter für Protest auf deutscher Seite. In der Nachbarstadt soll neben dem bestehenden Gashafen ein Container-Terminal an der Swine-Mündung errichtet werden. Bis zu 400 Meter lange Containerschiffe mit 16 Metern Tiefgang könnten den Hafen anlaufen. „Wir befürchten, dass das unter Missachtung geltender europäischer Rechte und bilateraler Verträge realisiert wird“, sagt Rainer Sauerwein, Mitglied des Vorstands der Bürgerinitiative Lebensraum Vorpommern. Die Initiative ist in Sorge, dass die Nachbarn das Projekt ohne ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung im Eiltempo durchziehen. „Schwerwiegende Folgen für Umwelt und Tourismus“: Seit 2018 werde von der Hafenverwaltung Stettin und Swinemünde der Bau eines Tiefwasser- Container-Terminals geplant. „Inzwischen liegen die Planungsdaten vor und die Ausschreibung ist abgeschlossen. Demnächst starten die Verhandlungen mit den Investoren“, so der Ahlbecker, der von „schwerwiegenden Folgen für Umwelt und Tourismus entlang der gesamten Pommerschen Bucht“ spricht. Denn der Bauplatz befindet sich im Europäischen Natura-2000-Schutzgebiet. „Das ist eine Verletzung von EU-Natura-2000-Richtlinien“, sagt Sauerwein und fordert, dass bei so einem Vorhaben in Grenznähe die deutsche Seite zu informieren und daran zu beteiligen ist. „Die EU-Richtlinien für öffentliche und private Projekte bestimmen, dass für den Bau von Wasserstraßen und Seehandelshäfen, Landungsstege zum Laden und Löschen, Bau von Straßen und Hafenanlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts unter Einbindung der Öffentlichkeit vor der Erteilung der Genehmigung verbindlich ist“, zitiert Sauerwein aus der EU-Richtlinie. Mehrere Verstöße: EU-Kommission zählt Polen an: Inzwischen laufe gegen Polen seitens der Europäischen Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). „Die Kommission kam zu dem Schluss, dass Polen im Falle von acht Sondergesetzen gegen seine Verpflichtungen aus der UVP-Richtlinie verstoßen hat“, so Sauerwein. Eine Sprecherin der Europäischen Kommission bestätigt das Verfahren. „Die Kommission fordert Polen auf, einen Verstoß gegen die EU-Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten abzustellen. Die Richtlinie sieht bei umweltbezogenen Entscheidungsverfahren den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren und eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor“, so die Sprecherin. Das Projekt würde aufgrund seines Charakters und seiner Lage eine Bewertung seiner Auswirkungen auf die betroffenen Natura-2000-Gebiete erfordern. Während dieses Verfahrens sollten alle möglichen Auswirkungen auf Natura 2000 analysiert werden, heißt es von der Kommission. Stadtpräsident sieht Investor in der Pflicht: Swinemündes Stadtpräsident Janusz Zmurkiewicz sieht den Investor in der Pflicht. Wenn er Fördermittel von der EU haben wolle, müsse er sich auch an EU-Richtlinien halten. „Zwischen Deutschland und Polen existiert ein bilateraler Vertrag über die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen, der für diesen Fall relevant ist. Auf Nachfrage bei Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Grünen und Linken wurde uns mitgeteilt, dass die zuständigen Ministerien des Bundes und des Landes von der polnischen Seite bisher nicht informiert worden sind“, sagt Sauerwein. Deshalb habe die Bürgerinitiative am 18. Oktober 2020 eine europäische Petition eingebracht, um auf diese Missstände hinzuweisen und die EU-Petition der polnischen Bürgerinitiative „Rechtes Ufer“ in Swinemünde zu unterstützen. Land kennt Projekt nur aus den Medien: Renate Gundlach, Sprecherin des Energieministeriums MV, bestätigt das. „Wir haben bislang nur aus den Medien von dem Vorhaben in Swinemünde erfahren. Wir werden die zuständigen Stellen sowohl im Bundesumwelt- und Bundesaußenministerium wie auch in Polen kontaktieren, mit der Aufforderung, uns die Unterlagen und Daten zum Vorhaben zuzusenden, damit wir die Auswirkungen auf das Land Mecklenburg-Vorpommern prüfen können.“ Die Heringsdorfer Gemeindevertretung hatte sich Anfang November einstimmig gegen die Planung und Errichtung des Containerterminals ausgesprochen. Begründet wurde das damit, dass das Projekt den Tourismusstandort bedrohe. Lesen Sie auch: Usedom: Widerstand gegen Container-Terminal an der Swine-Mündung Usedom: Grünen lehnen geplanten Containerhafen in Swinemünde ab Containerterminal in Swinemünde: Sieben Interessenten Von Henrik Nitzsche