Usedomer schult vom Landwirt zum Notfallsanitäter um

Martin Lüdtke ist nach einem beruflichen Umweg dabei, seinen Wunschberuf zu erlernen. Der 22-Jährige will Notfallsanitäter werden. „Nach der 10. Klasse war ich für den Beruf noch nicht alt genug, außerdem hätte ich die Ausbildung zu jener Zeit noch selbst bezahlen müssen“, erklärt Martin, weshalb er zunächst eine Ausbildung zum Landwirt absolviert und beim Garten- und Landschaftsgestalter Wuttig auf der Insel Usedom gearbeitet hat. Nach vier Jahren hat er sich umorientiert. Sein Bestreben, anderen Menschen zur Hilfe eilen zu können, und das mit möglichst professionellen Kenntnissen, war stärker. So ist er vor fünf Jahren zur Freiwilligen Feuerwehr Usedom gestoßen, wo er – mittlerweile als Hauptfeuerwehrmann – gelernt hat, unter Stressbedingungen die Nerven zu behalten. Und das war wohl neben seiner körperlichen Fitness eine der wesentlichsten Eigenschaften, die er 2019 beweisen musste, als er sich beim Deutschen Roten Kreuz um einen Ausbildungsplatz beworben hat. Zehn Prüfungen fürs Staatsexamen: Rund 200 Bewerber waren zum Einstellungstest angetreten, erinnert sich der junge Usedomer. Er muss es wohl gut gemacht haben, denn er hat einen der begehrten Plätze ergattert und im September losgelegt. Sein Ausbildungsbetrieb ist die Rettungswache in Heringsdorf, die Berufsschule gehört zum DRK-Bildungszentrum in Teterow. Was bedeutet, dass Martin Lüdtke während des Blockunterrichts um 4.30 Uhr im Usedomer Ortsteil Welzin aufbrechen muss, wo er bei seiner Großmutter wohnt, und erst nach 18 Uhr wieder zu Hause sein kann. Das alles erzählt er, ohne den Eindruck zu vermitteln, dafür bedauert werden zu wollen. Drei Jahre wird die Ausbildung dauern und mit einem Staatsexamen enden. Bis es soweit ist, muss ein angehender Notfallsanitäter zehn Prüfungen ablegen und zudem nach 18 Monaten eine Kompetenzüberprüfung bestehen. „Manche Leute denken, dass wir einfach nur die Krankenwagenfahrer sind“, sagt der Azubi. Es sei phänomenal, was für ein komplexes System der menschliche Körper ist. Um das zu begreifen, müssen die jungen Leute neben der Begleitung der wachhabenden Kollegen bei Notfalleinsätzen und jeder Menge theoretischer Unterweisung auch verschiedene Praktika absolvieren. Beruf seines Lebens gefunden: Im Januar, so jedenfalls der Plan, wird Martin Lüdtke zum Beispiel ein zweiwöchiges Pflegepraktikum im Anklamer Krankenhaus leisten. Späterhin gehören Einsätze in der Notaufnahme, im Operationssaal, auf der Geburtenstation oder auch in der Psychiatrie Ueckermünde zu seiner Ausbildung. Der 22-Jährige ist sich sicher, den Beruf seines Lebens gefunden zu haben. „Ich glaube, ich habe so etwas wie ein Helfersyndrom“, sagt er und hält Menschenliebe für eine der wichtigsten Wesensmerkmale überhaupt. Nicht nur für Notfallsanitäter. Von Ingrid Nadler