„Wollen ans Wasser“: Was Usedom-Reisende bei Polizeikontrolle sagen

Sie wollten spontan an die Ostsee. Gegen zehn ist die Familie mit der Tochter in Delitzsch losgefahren. Am frühen Nachmittag endet der Ausflug kurz hinter der Zecheriner Brücke. Polizeiobermeister Ulf Kretschmer teilt dem Trio mit, dass tagestouristische Ausflüge in den Landkreis Vorpommern-Greifswald verboten sind. „Das haben wir nicht gewusst. Wir wollten nach Stubbenfelde, weil wir dort zweimal im Jahr Urlaub machen“, sagt die Mutter und reagiert gefasst. Kein Durchkommen. Schnell noch eine Zigarette rauchen und dann drehen die Sachsen wieder um. „Die meisten zeigen Verständnis“, sagt Kretschmer, der mit seinem Kollegen vom Polizeirevier Heringsdorf und zwei Beamten der Bereitschaftspolizei am Samstag seit 11 Uhr hinter der Zecheriner Brücke auf die Kennzeichen achtet. Fahrzeuge mit Swinemünder Nummernschildern, VG-, WLG- und HGW-Kennzeichen werden durchgewunken, die anderen bekommen die Kelle zu sehen. Das frühlingshafte Wetter mit viel Sonne lädt gerade zu Ausflügen ein. Bilder von Tagestouristen, die am vorigen Wochenende massenhaft auf den Seebrücken und am Strand auf Usedom unterwegs waren, soll es diesmal nicht geben. Schließlich zählt der Landkreis Vorpommern-Greifswald noch immer zu den Corona-Hotspots in Deutschland. Am Samstag lag die 7-Tage-Inzidenz im Kreis bei 158,7, bundesweit bei 57,8. Seit Mittag stationäre Kontrollen: Weil der Verkehrsstrom in den Vormittagsstunden zugenommen hatte und immer mehr Fahrzeuge aus dem südlichen Bereich anreisten, entschied die Polizei am Samstag, die bis dahin laufenden mobilen Kontrollen um stationäre Punkte an den Inselzufahrten und Grenzübergängen in Ahlbeck und Garz zu erweitern, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Neubrandenburg. Lesen Sie auch Einreiseverbot: Ahlbecker Zweitwohnungsbesitzer scheitert vor Gericht Für 20 Euro: Hansekogge in Koserow auf Usedom bietet Corona-Tests Zu viele Touristen: Polizei riegelt Usedom ab – weitere Kontrollen angekündigt Kretschmer und seine Leute stehen seit 11 Uhr hinter der Zecheriner Brücke. „Wir hatten auch Gäste aus Brandenburg und Schleswig-Holstein. Viele durften weiter, weil sie die Kernfamilie besuchen, hier arbeiten oder Termine hatten, wie beispielsweise die Besichtigung einer Immobilie“, sagt der Polizeimeister und stoppt einen BMW mit Berliner Kennzeichen. Im Wagen sitzt die Mutter und ihre erwachsene Tochter. Ihren Namen wollen sie nicht sagen, ihr Ziel schon – Trassenheide. „Wir wollen uns ein Grundstück anschauen“, sagt die Berlinerin und zeigt dem Beamten ein Schriftstück ihres Immobilienmaklers. „Gute Fahrt“, wünscht Kretschmer. Görlitzer muss Großeltern zum Arzt fahren: Das gilt auch für Marcel Scheiting aus Görlitz, der seit über vier Stunden in seinem Auto sitzt und nun endlich Usedom erreicht hat. Er habe einen triftigen Grund: „Ich besuche meine Großeltern in Loddin, die krank sind und am Montag zum Arzt müssen. Dann will ich auch wieder zurück.“ Fahrdienst aus Sachsen – nachdem die angegebene Adresse von der Polizei bestätigt ist, kann der Görlitzer weiterfahren. Der hinter ihm parkende weiße Kia muss wieder drehen. Im Wagen sitzt ein junges Pärchen aus Berlin. Auf die Frage, wohin sie auf Usedom wollen, antworten sie: „Wir wollten ans Wasser.“ Am Sonntag sind weitere Kontrollen angekündigt. „Je nach Lage entscheiden wir, ob wir zu den mobilen Streifen auch wieder stationäre Punkte einrichten“, so ein Polizeisprecher aus Neubrandenburg. Von Henrik Nitzsche