Medienscouts in MV

Ribnitz-Damgarten: Schüler schützen sich vor Risiken des Internets

Medienscout Dennis Dahl, Schulsozialarbeiter Guido Diderich und die Medienscouts Leonie Bladt und Jasmin Nase (v. l.) von der Bernsteinschule Ribnitz-Damgarten.

Medienscout Dennis Dahl, Schulsozialarbeiter Guido Diderich und die Medienscouts Leonie Bladt und Jasmin Nase (v. l.) von der Bernsteinschule Ribnitz-Damgarten.

Ribnitz-Damgarten. „Dicker!“, „Muschi-Kind!“, „Spast!“ – beleidigen, bloßstellen, nerven, belästigen, lästern, viele junge Leute kennen das, wenn sie Social-Media-Kanäle nutzen oder Dienste wie Whatsapp. Auch Leonie Bladt (15), Jasmin Nase (14) und Dennis Dahl (14) von der Bernsteinschule in Ribnitz-Damgarten wissen, was tagtäglich im Netz abgeht, was in den Gruppen gepostet wird. Und das ist von großem Vorteil für ihre Aufgabe, für die sie sich freiwillig engagieren: Die drei aus der 9. Klasse sind Medienscouts.

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Im vergangenen Herbst wurden sie drei Tage lang geschult. Cybercrime stand auf dem Programm, Urheberrecht, Computerspiele, Anonymisierung, Schutz der Privatsphäre und mehr. Gerade die Frage, was im Netz erlaubt ist und wo es ernst wird, steht für Medienscouts im Focus. „Wir erklären jüngeren Schülern zum Beispiel, wie man sich richtig bei Whatsapp verhält“, sagt Jasmin Nase. „Schon dumme Onlinekommentare zum Nachnamen können echt ärgerlich sein“, sagt die Schülerin.

Antje Kaiser, Referentin Datenschutz und Bildung beim Landesbauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

Antje Kaiser, Referentin Datenschutz und Bildung beim Landesbauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

Fast 500 Medienscouts wurden seit 2012 in MV ausgebildet – von Partnern flankiert wie dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, dem Landeskriminalamt (LKA), dem Landesjugendring, der Medienanstalt MV, der Computerspielschule Greifswald oder der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen. Dass sich zum Beispiel der Datenschutz so in das Medienscout-Projekt reinhängt, kommt nicht von ungefähr. „Die Datenschutzgrundverordnung gibt uns den Auftrag, Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen“, erläutert Medienwissenschaftlerin Antje Kaiser (42), Referentin für Datenschutz und Bildung beim Datenschutz MV in Schwerin.

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Schüler klären Mitschüler über Risiken auf

„Medienscouts erklären Mitschülern viel über Onlinemedien und wo die Risiken liegen“, sagt Dennis. „Wenn Schüler Schülern etwas übers Internet erzählen und erklären, wirkt es viel besser, als wenn Lehrer das tun“, sagt Leonie. Warum? „Weil wir auch Schüler sind und nicht Erwachsene.“ Weil Medienscouts genauso wie ihre Mitschüler im Netz auf den gleichen Kanälen unterwegs sind. Matthias Rascher vom LKA sagt: „Der Ansatz der Peer-Education, der Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen für Gleichaltrige, ist besonders hilfreich, weil Altersgenossen aufgrund des ähnlichen Nutzungsverhaltens besser aufklären und Wissen weitergeben können.“ Kinder seien aufgrund ihrer geringen Lebenserfahrung im Netz noch leichtgläubiger, unvorsichtiger und risikobereiter, so der Fachmann vom LKA. „Sie vertrauen auf die Ehrlichkeit ihrer Gesprächspartner im Chat oder in den sozialen Medien – damit laufen sie Gefahr, Opfer, aber auch Täter zu werden.“

Schon die Jüngsten sind bei WhatsApp

Für Antje Kaiser vom Datenschutz ist das Engagement der Schüler sehr wertvoll. „Wir erhalten immer mehr Anfragen, ob Medienscouts auch an Grundschulen kommen können“, berichtet sie. Es ist kein Geheimnis, dass sich auch die jüngsten bereits bei Whatsapp & Co. tummeln. „Wir haben festgestellt“, sagt Jasmin, „dass unsere kleinen Schüler schon viel Nachfragebedarf haben, wenn wir mal in den unteren Klassen Vorträge halten.“ Zum Beispiel werde oft gefragt: Wie reagiere ich auf Beleidigungen? Was soll ich tun, wenn jemand mein Porträt vom Profilfoto auf einen Tierkörper montiert und verschickt? Wie soll ich mit Stickern mit nationalsozialistischem Inhalt umgehen?

Anwätin und Cybermobbing-Expertin Gesa Stückmann

Anwätin und Cybermobbing-Expertin Gesa Stückmann

Gesa Stückmann, Anwältin und Cybermobbing-Expertin aus Rostock, organisiert die Bundesjugendkonferenz der Medienscouts, die im Herbst zum fünften Mal in der Hansestadt stattfindet. Sie sagt, dass die Dunkelziffer der im Netz beschimpften und lächerlich gemachten Mädchen und Jungen sehr hoch sei. Offizielle Schätzungen gehen von einem Anteil von gut 25 Prozent der Schüler aus, die Opfer solcher Attacken wurden. „Die Medienscouts sind super wichtig, weil sie einen anderen Zugang zu den Medien haben als Erwachsene“, sagt die Anwältin, die seit Jahren Onlineseminare (Webinare) zum Thema Cybermobbing für Schulen in ganz Deutschland gibt. „Insbesondere die Effekte bei Grundschülern, nachdem Medienscouts bei ihnen waren, sind toll.“

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Kinder erschrecken vor unerlaubten und ekligen Bildern

Der Ribnitzer Schulsozialarbeiter Guido Diderich hat sich im Herbst ebenfalls schulen lassen. „Die Medienscout-Schüler wachsen schnell aus der Schule heraus“, sagt der 44-Jährige. „Deshalb ist es gut, wenn Leute wie ich oder Lehrer für den Nachwuchs bei den Scouts werben.“ Auf jeden Fall sei das Thema, wie man sich im Netz richtig verhält, akut. Gerade hat jemand in einer unteren Klasse ein Foto mit dem Geschlechtsteil eines Mannes, ein sogenanntes Dickpic, verschickt, das ein Mädchen bekam. „Kinder verstört so etwas sehr“, sagt Guido Diderich. Es wurde bereits Anzeige gestellt.

„Die Hemmschwelle, über eigene Fehler im Internet zu reden, ist unter Schülern viel niedriger“, sagt Dennis. „Ich habe zum Beispiel bis vor Kurzem Kettenbriefe nicht ernst genommen. Aber ihre Drohungen könnten anderen viel Angst machen.“ Jasmin meint, dass sie durch ihre Schulung nun viel mehr über Einstellmöglichkeiten in den sozialen Medien weiß, um gar nicht erst zu viel von sich preis zu geben.“ Leonie weiß: „Viele Fehler passieren aus Unwissenheit.“ Doch darüber reden die Kids eher mit den Medienscouts als mit Eltern oder Lehrern.

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Von Klaus Amberger

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