Heimatgeschichte

Auf Stadtrundgang durch Schönberg mit der Museologin Heidemarie Frimodig

Die Museologin Heidemarie Frimodig weist beim Stadtrundgang durch Schönberg auf die klassizistische Fassade des Koch’schen Hauses am Markt hin.

Die Museologin Heidemarie Frimodig weist beim Stadtrundgang durch Schönberg auf die klassizistische Fassade des Koch’schen Hauses am Markt hin.

Schönberg. Der Stadtrundgang beginnt an der Kirche. Vor ihr steht eine Frau, die die Geschichte von Schönberg so gut kennt wie niemand sonst: Heidemarie Frimodig, langjährige Leiterin des städtischen Museums. Sie weiß auch, warum die Schönberger Kirche ungewöhnlich groß ist für einen Ort, der zur Zeit des Baus Mitte des 13. Jahrhunderts noch keine Stadt war, sondern ein Dorf: „Schönberg war lange Bischofssitz.“ Der Bischof von Ratzeburg residierte viele Jahre in dem Ort, dem erst 1822 das Stadtrecht verliehen wurde.

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Heidemarie Frimodig berichtet: „1601 ist die Kirche ausgebrannt.“ Von der Innenausstattung blieb nur die bronzene Tauffünte übrig. 1829 dann das nächste Unglück: „Ein Blitz schlug in den Turm ein.“ Danach bekam der obere Teil die heutige Form. Er ist ein Werk des Landbaumeisters Lohmeier.

Aus der Zeit um 1820 stammt das Koch’sche Haus, Am Markt 1. Heidemarie Frimodig erklärt: „Es wurde als Hotel Stadt London errichtet.“ Rechtsanwalt Carl Koch kaufte es um 1900. 2017 zog das Volkskundemuseum für das Ratzeburger Land ein.

Bauernstelle wegen des Chauseebaus abgerissen

Nächste Station: die Ecke Am Markt/Marienstraße. Heidemarie Frimodig erläutert: „An der Stelle der Buchhandlung, eines Nachbarhauses und der heutigen Einmündung der Marienstraße lag bis etwa 1840 eine Bauernstelle, die dann im Zuge des Chauseebaus Lübeck–Schwerin abgerissen und verlegt wurde.“

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Eine 120 Jahre alte Ansichtskarte zeigt die Siemzer Straße in Schönberg, die sich bis heute kaum verändert hat und jetzt August-Bebel-Straße heißt.

Eine 120 Jahre alte Ansichtskarte zeigt die Siemzer Straße in Schönberg, die sich bis heute kaum verändert hat und jetzt August-Bebel-Straße heißt.

Um 1820 wurde das Haus Am Markt 15 gebaut. Heidemarie Frimodig erklärt: „Seit 1924 diente es als Rathaus. In den Jahrhunderten zuvor mussten die Bürgermeister ihre Amtsgeschäfte in ihren Wohnungen abwickeln.“ Heute ist das Anwesen ein Sitz der Amtsverwaltung Schönberger Land.

Apotheke in Schönberg war die modernste weit und breit

Das Haus Am Markt 13 ist nach Auskunft der Museologin vielen Schönbergern noch als „Stadt Hamburg“ bekannt. Ursprünglich war es eine Bauernstelle mit Schankrecht.

Von Landbaumeister Lohmeier stammt der Entwurf für das Haus Am Markt 9. Heidemarie Frimodig erläutert: „Die alte Apotheke ist von 1806. Sie war weit und breit die modernste Apotheke.“

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Straßenzug brannte nach Rückzugsgefecht der Franzosen ab

Das Haus Am Markt/Ecke Fritz-Reuter-Straße war nach Auskunft der Museologin ursprünglich ein Bauernhaus. Handwerker bauten es 1815. Heidemarie Frimodig weiß, was zwei Jahre zuvor geschah: „Die ganze heutige Fritz-Reuter-Straße, damals Sabowerstraße, brannte bei einem Rückzugsgefecht der Franzosen ab.“

Nun steht die Museologin auf dem Markt vor der ehemaligen Post. Sie sagt: „Sie ist 1938 errichtet worden an der Stelle eines älteren Postgebäudes und einer Schmiede, in der der Martensmann gegessen hat.“

Eine Ansichtskarte von 1927 zeigt das Anwesen in Schönberg, das drei Jahre zuvor vom Wohnhaus zum Rathaus wurde.

Eine Ansichtskarte von 1927 zeigt das Anwesen in Schönberg, das drei Jahre zuvor vom Wohnhaus zum Rathaus wurde.

Nun führt der Stadtrundgang zum Kirchplatz. Über das „Katharinenhaus“ genannte Gemeindehaus weiß Heidemarie Frimodig: „Es wurde 1924 gebaut nach einem Entwurf von Wilhelm Lenschow.“ Der in Blüssen geborene Architekt entwarf unter anderem auch das Gewerkschaftshaus und das Warenhaus des Konsumvereins in Lübeck sowie in Schönberg Wohnhäuser am Goetheplatz und ein Doppelhaus in der Rottensdorfer Straße.

Das Haus Kirchplatz 9 war nach Auskunft der Museologin zuerst eine Küsterschule, später eine Mädchenschule und: „Ab 1931 war es Heimatmuseum, später Volkskundemuseum.“ 2017 kam dann der Umzug ins Koch‘sche Haus. Jetzt ist das Gebäude am Kirchplatz weitgehend ungenutzt. Es gehört der Stadt.

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Das älteste Wohnhaus steht am Kirchplatz

Heidemarie Frimodig sagt, welche Bedeutung das unscheinbare Gebäude rechts neben dem früheren Museum hat: „Es ist das älteste erhaltene Wohnhaus in Schönberg, von ungefähr 1660.“ Dann ergänzt die Schönberg-Kennerin: „Es war im Ort das erste Haus mit festem Dach und Schornstein.“ 1830 betrieb Ludwig Bicker der Ältere hier eine Druckerei. Heidemarie Frimodig berichtet: „Er hat dort die ersten Schönberger Zeitungen gedruckt.“

Nun führt die Museologin zur August-Bebel-Straße, ehemals Siemzerstraße. Sie erläutert: „Die Häuser sind überwiegend für Handwerker und Gewerbetreibende gebaut worden.“ 1865 gab es in Schönberg über 250 Kleinstbetriebe. „Da kann man sich vorstellen, dass in jedem Haus einer saß“, sagt Heidemarie Frimodig.

Ernst Barlach wohnte als Kind in Schönberg

Dann kommt sie auf die August-Bebel-Straße 3 zu sprechen: „Hier wohnte Ernst Barlach mit seiner Familie.“ Der später weltbekannte Künstler war damals noch ein Kind. Sein Vater arbeitete in Schönberg als Arzt. Mit einem Kollegen verstand er sich so schlecht, dass sich die beiden duellierten. Danach zog die Familie erst einmal nach Ratzeburg. Nachdem der Vater verstorben war, kehrte die Mutter mit ihren Kindern zurück nach Schönberg. Die Familie wohnte in der heutigen Ratzeburger Straße 6, dem „Haus Barlach“, in dem der Künstler und Grafiker Heinz Tenbreul arbeitet.

Nach der August-Bebel-Straße 3 informiert Heidemarie Frimodig über Nummer 18: „Es ist auch eine der alten Bauernstellen mit Schankrecht aus dem 18. Jahrhundert und war lange Zeit das Boyesche Gesellschaftshaus.“ 1946 trafen sich dort Vertreter der KPD und SPD aus dem Kreis Schönberg zum Vereinigungsparteitag. Danach wurde das Anwesen „Haus der Einheit“ genannt. Nach der Wende eröffnete hier für einige Jahre die Diskothek „G-Haus.“

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Von Jürgen Lenz

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