Nach Protest gegen Flüchtlingsunterkunft in Upahl: Landrat appelliert in ARD-„Tagesthemen“ an Bund
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Landrat Tino Schomann
© Quelle: Norman Seitz
Grevesmühlen/Wismar. Die Tumulte in Grevesmühlen am Donnerstag während der Kreistagssitzung sorgten bundesweit für Aufsehen. Landrat Tino Schomann (CDU) erklärte am Freitagabend in den ARD-Tagesthemen, das die Bundesregierung gefordert sei. „Der Bund muss begrenzen und steuern, muss die illegale Migration stoppen und muss die Abschiebeoffensive endlich starten, um auch Kapazitäten freiwerden zu lassen. Wir laufen in eine Situation, die die Gesellschaft nicht mehr verstehen kann“, warnte Schomann. Er forderte: „Wir brauchen die Ressourcen und wir brauchen die Möglichkeiten, um das umzusetzen.“
Am Donnerstagabend hatten 700 Menschen während einer außerordentlichen Kreistagssitzung in Grevesmühlen gegen den geplanten Bau demonstriert. Einige versuchten, sich Zugang zum nicht-öffentlichen Teil der Sitzung zu verschaffen. 120 Polizeibeamte schirmten die Sitzung ab.
Containerdorf in Upahl für 400 Geflüchtete geplant
Der Kreistag stimmte in der Sitzung dem Bau der Container-Unterkunft im Dorf Upahl zu. 400 Menschen unterzubringen in einer Gemeinde, wo 1600 Bürgerinnen und Bürger wohnten - „das ist ein Verhältnis, was nicht passt“, räumte Schomann ein. „Aber die Lage ist so brisant, weil wir keine Unterkunftskapazitäten haben, und schon Sporthallen belegt haben seit November (...).“ Er bekomme keine Grundstücke angeboten – „ich höre immer nur: nein, nein, nein“.
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Die Landesvorsitzenden der Linken in Mecklenburg-Vorpommern, Vanessa Müller und Peter Ritter, warnten indes vor einseitigen Zuweisungen von Verantwortlichkeiten oder gar dem erneuten Ruf nach Abwehrmaßnahmen gegenüber Menschen auf der Flucht. Ziel aller politisch Verantwortlichen der verschiedenen Ebenen müsse es sein, den Herausforderungen der Aufnahme von Flüchtlingen und den Erwartungen der aufnehmenden Kommunen gemeinsam gerecht zu werden. Es sei notwendig, der Hetze von Rechtsextremen und Reichsbürgern gegenüber Asylsuchenden entschieden entgegenzutreten.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, hatte jüngst gewarnt, viele Kommunen seien bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen „längst an ihrer Leistungsgrenze“. In Deutschland hatten im vergangenen Jahr so viele Menschen Asyl beantragt wie seit 2016 nicht mehr. 217 774 Menschen stellten erstmalig in Deutschland ein solches Schutzersuchen, knapp 47 Prozent mehr als im Jahr davor. Zudem fanden 2022 rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Aufnahme, die keinen Asylantrag stellen mussten.