Rechte Genossenschaft in Grevesmühlen aufgelöst
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Das Thing Haus im Grünen Weg in Grevesmühlen. Hier hat sich die rechte Genossenschaft 2016 gegründet.
© Quelle: OZ
Grevesmühlen. Der Versuch, mithilfe einer Genossenschaft ein Netzwerk von Immobilien in Nordwestmecklenburg zu schaffen, die von Leuten mit teilweise rechtsradikalem Hintergrund genutzt werden, ist gescheitert. Die Mecklenburg-Vorpommersche Strukturentwicklungsgesellschaft eG (MVSE) ist nach Angaben der Gründer per Beschluss aufgelöst worden. Freiwillig ist dies allerdings nicht geschehen. Zuvor hatten Zeitungsberichte den Prüfverband der Genossenschaften auf die Hintergründe aufmerksam gemacht. Denn die Mitglieder der Genossenschaft sind größtenteils bekannt in der rechten Szene.
Als sich vor mittlerweile zwei Jahren die „Mecklenburg-Vorpommersche Strukturentwicklungsgenossenschaft eG (MVSE)“ gründete, geschah dies hinter Stacheldraht. Gründungsort und Sitz der Genossenschaft war das sogenannte Thing-Haus in Grevesmühlen. Das Gebäude ist seit 2009 einer der bekanntesten Treffpunkte der rechten Szene in Norddeutschland. Einige der 23 Gründungsmitglieder der Genossenschaft zählen nach wie vor zu den einflussreichsten Anhängern der Szene, unter ihnen ehemalige NPD-Kreistags- und Parteimitglieder. Das blieb auch dem Prüfverband der Genossenschaften mit Sitz in Berlin nicht verborgen. Die „taz“ hatte Anfang des Jahres über die Hintergründe der Genossenschaft berichtet. Vorstandsmitglied Norbert Rückriemen machte sich persönlich auf den Weg nach Grevesmühlen und sprach mit Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates (siehe Interview). In der Folge wurde die Auflösung der MVSE beschlossen.
Verfassungschutz: Die rechte Szene sucht nach neuen Geldquellen
Ein Gründungsmitglied der Genossenschaft erklärte auf Nachfrage, die Genossenschaft sei Ende Oktober aufgelöst worden – aufgrund des Drucks des Prüfverbandes. Wie eine Nachfrage beim Amtsgericht in Schwerin ergab, existiert die MVSE aber nach wie vor als Eintrag im Handelsregister. So müsse ein Notar die Auflösung der Genossenschaft beim Amtsgericht anzeigen. Das, so ein Sprecher, sei aber noch nicht passiert.
Laut Landesverfassungsschutz sei die Gründung der Grevesmühlener Genossenschaft kein Zufall gewesen. Aufgrund der Tatsache, dass die NPD seit der vergangenen Landtagswahl nicht mehr im Schweriner Parlament vertreten ist und damit die Finanzierung der Parteiarbeit erheblich schwieriger geworden ist, sei die rechte Szene auf der Suche nach anderen Geldquellen. Der Bausektor sei eine solche Quelle. Aus der Satzung der Grevesmühlener Genossenschaft gehe auch hervor, dass die Schaffung, Verwaltung und Bewirtschaftung von Wohn- und Gewerberaum bei Unternehmensgründungen sowie der Erhalt von bestehenden Unternehmen erklärtes Ziel sei. Im Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft sitzen Kader der rechten Szene. Reinhard Müller, Chef des Verfassungsschutzes in MV, hatte Ende September erklärt, dies sei „der Versuch, wirtschaftlich autark zu werden. Rechtsextremisten erteilen sich gegenseitig Aufträge, weil sie wegen ihrer Einstellung auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben“. Dadurch entstünden neue Netzwerke auf wirtschaftlicher Ebene.
Michael Prochnow