Chris Müller-von Wrycz Rekowski: Jurist und Familienmensch
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OB-Kandidat Chris Müller-von Wrycz Rekowski (SPD) genießt einen Kaffee in seiner Lieblingsbäckerei.
© Quelle: Frank Söllner
Rostock. Entspannt sitzt Chris Müller-von Wrycz Rekowski in seiner Lieblingsbäckerei und nippt an einem Kaffee. Hier fühlt er sich wohl. „Tolle Atmosphäre und sehr gemütlich. Perfekt, um sich zu unterhalten und den Nachmittag zu verbringen.“ Ein Luxus für Rostocks Finanzsenator, denn vor allem in den letzten Wochen hatte er nur selten die Möglichkeit, sich eine kleine Auszeit zu gönnen. Neben seiner Tätigkeit als Politiker und seiner Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters, versucht der 50-Jährige, so viel Zeit wie nur möglich mit seiner Familie zu verbringen. „Meine Frau und ich haben die Verabredung, getroffen mindestens einmal pro Woche einen schönen Spaziergang am Meer zu machen.“ Gemeinsam schlendern sie den Alten Strom entlang bis runter zum Strand. „Es muss gar nicht lange dauern. Hauptsache ein bisschen Zweisamkeit.“
Auf die Anwesenheit ihrer drei Kinder muss das Paar allerdings häufig verzichten. „Die finden das total uncool“, sagt der Familienvater und kann sich ein Grinsen kaum verkneifen. „Manchmal – aber nur ganz selten – lockt sie die Aussicht im Anschluss lecker Essen zu gehen.“
Familienzuwachs hält alle auf Trab
Das Ja-Wort gaben sich der Senator und seine Frau Kerstin vor knapp zwei Jahren. Er brachte eine Tochter und einen Sohn und sie einen Sohn mit in die Ehe. „Wir sind eine Patchworkfamilie und verstehen uns alle sehr gut.“ Erst im Februar hat die Familie Zuwachs bekommen. Vier Monate ist er alt, hat lange Schlappohren, vier Pfoten und einen Blick, der jeden dahinschmelzen lässt. Paul ist der Name der Französischen Bulldogge, die das Leben von Chris Müller-von Wrycz Rekowski vollkommen auf den Kopf gestellt hat. „Er ist wild und stur. Aktuell trainieren wir mit ihm, ordentlich an der Leine zu laufen“, berichtet der Politiker.
„Anfangs war ich wirklich unsicher, ob ein Hund etwas für mich ist.“ Jetzt kann sich der OB-Kandidat ein Leben ohne den Vierbeiner kaum noch vorstellen. „Es ist schön zu wissen, dass sich zumindest einer freut, wenn ich abends nach Hause komme“, meint er mit einem Augenzwinkern. Bei der Erziehung des Welpen wechseln sich die Eheleute ab. „Ich habe die Früh- und Nachtschicht übernommen. Von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens bin ich für den Kleinen zuständig.“ Bei Bedarf muss auch einmal ein nächtlicher Spaziergang in der Nachbarschaft erfolgen.
Der Chef am Grill
Seit 2017 wohnt die Patchworkfamilie in Biestow in einem Haus mit einem „zum Glück nur kleinen Garten.“ Denn: „Gartenarbeit ist nicht so mein Ding.“ Lediglich beim Rasenmähen und Grillen lässt er sich nicht reinreden. „Das sind meine Aufgaben.“ Auf´s Rost gehören bei ihm ein saftiges Steak und eine original Thüringer Rostbratwurst. „Dort komme ich her. Das ist Tradition bei uns.“ Der Chef am Grill ist Chris Müller-von Wrycz Rekowski stets selbst. Seine Frau kümmert sich um die übrigen Speisen. „Sie macht den besten Salat. Das ergänzt sich gut.“ Früher habe der 50-Jährige leidenschaftlich viel gekocht, wie er verrät. Angefixt durch sämtliche Shows im Fernsehen hat er sich eine Schürze umgebunden und den Kochlöffel geschwungen. Heute bleibt ihm dafür selten Zeit. Findet er sie doch, tischt er gerne Nudeln mit Soße, Senf-Eier oder Kartoffeln und Spinat auf. „Die ganz einfachen Gerichte mag ich am liebsten.“
Kindheit im Plattenbau
Aufgewachsen ist der Senator mit Blick aufs Feld. Gemeinsam mit seinen Eltern und dem zehn Jahre älteren Bruder lebte er in einer Plattenbauwohnung am Stadtrand von Gera. „Viele meiner Familienmitglieder waren in einer Textilfirma tätig, weshalb ich schon früh mit dem Thema Gewerkschaften und Politik in Berührung kam“, erklärt der SPD-Kandidat. Zur Schule hatte er es nicht weit und auch ein Spielplatz lag in unmittelbarer Umgebung. Am liebsten aber traf er sich mit seinen Freunden auf dem Bolzplatz zum Fußballspielen.
Kurzvita
Geboren: 06. Mai 1968 in Gera 1987 Abitur 1987 bis 1990 Wehrdienst 1988 Umzug nach Rostock 1991 bis 1996 Rechtswissenschaft Studium an der Juristischen Fakultät der Universität Rostock 1994 Eintritt in die SPD 1996 bis 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni-Rostock und Promotion im Umweltrecht 1999 bis 2001 Referendariat in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern 2002 Zweites Staatsexamen 2003 Eintritt in die Steuerverwaltung MV 2003 bis 2004 Stellvertretender Leiter im Finanzamt Bergen 2004 bis 2006 Referent der Steuerabteilung im Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern 2006 bis 2007 Abteilung Staatshochbau und Liegenschaften des Finanzministeriums 2007 bis 2014 Verkehrsministerium 01. August 2014 Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung in Rostock und 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters
Die Wochenenden verbrachte er als kleiner Junge größtenteils bei seinen Großeltern. Diese hatten einen riesigen Garten in dem von Kartoffeln über Erdbeeren bis hin zu Äpfeln alles Mögliche angebaut wurde. „Ich habe es gehasst. Wir mussten immer das Gemüse ernten und zur Kaufhalle bringen“, erinnert sich Müller-von Wrycz Rekowski. Wenn er jetzt an diese Zeit zurückdenkt, bedauert er, dass er den Erholungswert nicht zu schätzen wusste.
Geprägt vom Großvater
Traurig stimmt ihn die Erinnerung an seinen Opa, der 1983 verstarb. „Wir hatten ein sehr enges Verhältnis. Er hat mich geprägt.“ Von ihm habe der heutige Finanzsenator sein Interesse für Geschichte und Politik, weshalb er vor seiner Karriere als Jurist ursprünglich Lehrer für Geografie und Geschichte werden wollte. „Ich liebte es, seinen Erzählungen zu lauschen.“ Sein Großvater, ein Polizist bei der Reichsbahn, erzählte von seinem Leben und Ereignissen während des Krieges. „Ich habe dabei viel gelernt.“
Der Tod seines geliebten Opas war ein harter Schlag für den damals 15-Jährigen. „Er ist leider viel zu früh von uns gegangen. Ich denke noch oft an ihn.“
Ein Hobby verstaut in Kartons
Die Leidenschaft für spannende Geschichten ist Chris Müller-von Wrycz Rekowski bis heute geblieben. Will er sich entspannen, greift er in sein Bücherregal, wo zahlreiche historische Romane darauf warten verschlungen zu werden. Mehr als 1000 Exemplare hat er bei sich zu Hause liegen. Die meisten von ihnen sind in Kartons verpackt. „Es fehlt der Platz dafür“, sagt er achselzuckend. Besonders angetan habe es ihm der Roman „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ von John Irving. „Den kann ich nur empfehlen“, sagt der Vielleser begeistert.
Um die Wohnzimmerregale vor dem Einsturz zu bewahren, hat ihm seine Frau zum 50. Geburtstag einen E-Book-Reader geschenkt. „Ich habe lange damit gefremdelt“, gesteht der OB-Kandidat. Er liebt das Gefühl von Papier zwischen seinen Fingern. Eines, das nur ein Buch vermitteln kann. Im Italien-Urlaub gab er dem Gerät schließlich doch eine Chance. „Es ist schon erstaunlich, wie viel Platz man damit im Koffer spart.“
Auspowern auf dem Fahrrad
Nur rumsitzen kommt für den Sportliebhaber nicht in Frage. Er fährt leidenschaftlich gerne Rennrad. „Leider kommt das in letzter Zeit viel zu kurz“, klagt er. Wenn es seine Wochenendplanung zulässt, schwingt er sich sonntags auf sein City-Rad, um sich ein bisschen auszupowern. „Früher habe ich außerdem noch Tennis gespielt. Mittlerweile aber eher seltener.“
Politische Ziele
Rostock in allen Stadtteilen entwickeln „Ich möchte, dass die Stadt mehr zusammen wächst. Auf der einen Seite haben wir das touristisch attraktive Warnemünde und auf der anderen Seite teilweise Problem behaftete Neubaugebiete. Es ist wichtig, dass die Entwicklung in allen Vierteln gleichermaßen vorangetrieben wird. Sowohl was das Gewerbe anbelangt, als auch Freizeitmöglichkeiten. Dafür werde ich mich einsetzen.“ Sorgsamer Umgang mit Finanzen „Wir haben es geschafft die Hansestadt zu entschulden. Mein Ziel ist es dafür zu sorgen, dass wir nie wieder in eine solche Situation geraten. Notwendig ist ein Spagat zwischen Investitionen und Schuldenfreiheit.“ Bezahlbarer Wohnraum „Jeder Mensch in unserer Stadt hat ein Recht auf angemessenen Wohnraum. Angesichts der steigenden Mietpreise müssen viele Leute bangen, ob sie passenden und bezahlbaren Wohnraum finden. In der siebenjährigen Amtszeit möchte ich mindestens 1 000 geförderte Wohnungen errichten.“ Mobilität anpassen „Rostocks Wachstum bringt mehr Verkehr mit sich. In der Innenstadt verstopfen Autos die Straßen und es gibt keine Sicherheit für Radfahrer. Ich werde den öffentlichen Nahverkehr weiter stärken und gleichzeitig die Fahrpreise bei Bus und Bahn attraktiv halten und die Verbindungen verbessern. Zur Stärkung des Fahrradverkehrs werde ich ein Netz eigenständiger, durchgängig zusammenhängender und komfortabler Radwege schaffen.“ Grüne Stadt „Sobald die Sonne scheint, zieht es die Menschen ins Freie. Dafür sind attraktive Plätze notwendig und die Buga gehört meines Erachtens dazu. Wir müssen das Potenzial Rostocks nutzen, um eine grüne Stadt am Meer bleiben zu können. Ich werde dafür sorgen, dass in allen Stadtteilen ausreichend grüne und offene Plätze erhalten bleiben. Zudem setze ich auf offene Kleingartenanlagen und Parks.“
Dafür aber verpasst er kein Heimspiel der Rostocker Fußballmannschaft FC Hansa. Wenn er könnte, würde er auch alle Auswärtsspiele live verfolgen. „Das schaffe ich leider nicht.“ Vor dem Fernseher fiebert er aber so gut wie immer mit. „Wenn die Jungs an einem Samstag verlieren, kann es schon mal bis Montag dauern, bis sich meine Laune wieder bessert“, sagt er und fängt an zu lachen.
Heimlich abgerockt auf dem Konzert von Bruce Springsteen
Das Verrückteste, was der OB-Kandidat je gemacht hat? „Während meines Wehrdienstes haben wir uns davongeschlichen, um in Berlin das wohl größte Konzert zu DDR-Zeiten zu erleben.“ Zusammen mit seinen Kameraden ging er 1988 heimlich auf ein Konzert von Bruce Springsteen. „Ich bin ein großer Fan.“ Weil die jungen Männer keine Zivilbekleidung parat hatten, ließen sie sich T-Shirt und Hose aus der Heimat zuschicken. „Am Bahnhof haben wir unsere Uniformen eingeschlossen und uns mit reichlich Bier versorgt.“ Von Stendal aus fuhren sie schließlich mit der Bahn nach Berlin und genossen das Konzert. „Nachts haben wir dann auf dem Boden im Bahnhof geschlafen, um den ersten Zug nicht zu verpassen.“ Pünktlich um sieben Uhr waren sie wieder in ihrer Kaserne. „Das war super. Ein richtig tolles Ereignis und keiner hat es gemerkt.“
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