Rostocks OB-Kandidaten im Porträt

Sybille Bachmann will OB in Rostock werden

Rostock OB-Wahlen Sybille Bachmann (Rostocker Bund)

Rostock OB-Wahlen Sybille Bachmann (Rostocker Bund)

Rostock. Bachmann einmal klingeln – schon schlägt „Lilly“ an. Die neunjährige Chihuahua-Hündin kläfft den Besucher solange an, bis Frauchen sie beruhigend auf den Arm nimmt oder mit einer Salami-Scheibe besticht. „Ich hatte früher totale Hundeangst“, gesteht Sybille Bachmann, „inzwischen bin ich ein großer Tierfreund.“

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Und so teilt sie ihre bescheidene Drei-Zimmer-Wohnung in der Südstadt, die sie vor 20 Jahren mit Tochter Laura bezogen hat, inzwischen mit Hündin Lilly und den zwei Katzen, „Sina“ und „Stradivari“, die ihr in Obhut gegeben wurden. Die 28-jährige Laura studiert derweil in Leipzig Indologie, Tibetologie und Mongolistik. „Ihre Bachelor-Arbeit hat sie zur mongolischen Nationaloper geschrieben. Und sie hat sich ganz allein japanisch beigebracht“, erzählt die alleinerziehende Mutter voller Stolz. Laura sei ein Sprachgenie. „Ich bin eher fleißig und strategisch“, räumt die 59-Jährige für sich ein.

Gutes Team mit Tochter Laura

Die beiden sind ein gutes Team, das schwere Zeiten hinter sich hat. Mit 22 Jahren ist Laura an Morbus Hodgkin erkrankt, einem bösen Lymphsystem-Tumor. Ihre Mutter hat sie zu Hause gepflegt und liebevoll umsorgt. Durch die Krankheit ihrer Tochter habe sie neu kochen gelernt. „Nach Phantasie, nicht nach Rezept“, sagt Bachmann. In der Küche liebe sie den Abwasch. „Da stört mich keiner beim Nachdenken“, sagt die engagierte Stadtvertreterin. „Man muss sich ja Entschleunigungspunkte schaffen.“ Laura hatte 2013 ihre letzte Chemotherapie. „Und nun startet sie noch mal richtig durch“, ist Sybille Bachmann froh.

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Die gebürtige Rostockerin hat Lateinamerikawissenschaften studiert, war später auch in Kuba. „Da muss ich alle zehn Jahre hin“, sagt die quirlige Frau. Im nächsten Jahr ist es wieder soweit. „Da werde ich 60 und verdrücke mich gern“, kündigt sie schon mal an. Dr. Sybille Bachmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik der Universität Rostock. 17 Jahre lang war sie auch Personalratsvorsitzende. „Über die Belange der Mitarbeiter bin ich fit geworden im Arbeitsrecht“, betont Bachmann, die in ihrer Berufskarriere schon sechs Uni-Rektoren und sechs Bildungsminister erlebt hat.

Aktiv in mehreren Ehrenämtern

Seit einem halben Jahr gehört Bachmann dem akademischen Senat der Uni an, kümmert sich um „strategische Dinge, wie die interne Hochschulplanung“. Und dann sind da noch weitere Ehrenämter als Hauptschöffin am Amts- und Landgericht und in der Bürgerschaft, wo sie seit gut 20 Jahren als Chefin der Fraktion Rostocker Bund Reden schwingt, Anträge schreibt, Unterlagen einer strengen Prüfung unterzieht und daher oftmals als unbequem gilt.

Sybille Bachmann stört das nicht: „Ich habe mir abgewöhnt, dass der andere was Böses will, er will nur was Anderes.“ Und so habe sie auf Umwegen schon mancher Idee zum Durchbruch verholfen, dem Bürgerinformationssystem zum Beispiel. „Politik ist ein Marathon“, sagt die parteilose Einzelbewerberin, „sie ist langfristig angelegt, es braucht Überzeugungsarbeit, bis alle meinen, die Idee ist toll.“

Freies Reden in der Bürgerschaft gelernt

Kaum zu glauben, dass Sybille Bachmann von Natur aus, wie sie selbst sagt, ein „ganz schüchterner Mensch“ sei. Erst durch das Dolmetschen, spanisch und portugiesisch, immer simultan, sei sie offener geworden. „Ich habe immer übersetzt, was andere gesagt haben und schließlich selbst mehr geredet“, denkt die OB-Kandidatin zurück. Richtig gelernt habe sie das freie Reden dann in der Bürgerschaft.

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Inzwischen spricht die engagierte Frau nicht nur äußerst schnell. Sie scheint auch keinen Feierabend zu kennen. Noch weit nach Mitternacht verschickt sie Mails, in denen sie Stadtthemen mit Hintergrundmaterial unterfüttert. Ihr tägliches Arbeitspensum ist beachtlich. 7.15 Uhr klingelt der Wecker, 9.15 Uhr sei Vorlesungsbeginn an der Uni. Gegen 14.30 Uhr gehe sie nach Hause, „früher zu Laura, heute muss ich die Tiere füttern“, erzählt Bachmann. Dann beginne ein langer Abend mit Ehrenämtern, die gedankliche und schriftliche Auswertung dauert oft bis in die späte Nacht hinein. „Ich bin sehr intensiv“, sagt Bachmann, für sie sei Politik „geistiger Sport“. Als Oberbürgermeisterin glaubt sie, es einfacher zu haben. „Da habe ich ja nur einen Job. Ich bin Leiterin einer Verwaltung mit rund 2500 Mitarbeitern und muss neues Vertrauen aufbauen.“

Gern mal eine Schnulze im Fernsehen

Ihr Arbeitszimmer zuhause ist frisch renoviert. „Selbst gemacht“, betont die praktisch veranlagte Frau. Die Bücherregale sind vollgestopft. Mit Fach- und Sachbüchern, Reiseführern, klassischer und neuzeitlicher Literatur. Einer ihrer Lieblingsautoren sei Carlos Ruiz Zafón. „Der Schatten des Windes, das hat mich nicht mehr losgelassen“, erzählt Bachmann, die im Fernsehen auch gern mal „eine Schnulze“ schaut.

„Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ von Robert M. Pirsig steht ebenfalls auf ihrer persönlichen Bestsellerliste. Der Roman erzählt von einer Motorradreise durch den Nordwesten der Vereinigten Staaten. Soweit ist Sybille Bachmann mit ihrer Chopper Honda Shadow noch nicht gekommen, aber sie ist ein ausgesprochener Motorradfan. Erst mit 50 Jahren hat die eingefleischte Fußgängerin und ÖPNV-Userin den Führerschein gemacht. Und seitdem kommt sie aus der ledernen Motorradkluft kaum noch raus.

Mit „Lilly“ im Rucksack

„Da habe ich das Rostocker Straßennetz erstmal kennengelernt. Und die schöne Landschaft ringsum.“ Manchmal fährt Laura auf dem Sozius mit, häufig aber auch „Lilly“, gut verpackt im Rucksack. „Ab 70 km/h bewegt sich der Hund“, erzählt Bachmann, dann dürfe sie nicht weiter aufdrehen. Mit dem Motorrad verging das Fernweh. Kuba und Mexico, Costa Rica, China, Portugal – da war sie schon. Irland ist noch ein Wunschziel, „dann aber mit Motorrad“, sagt Bachmann.

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Die Strecke nach Papendorf vor den Toren der Hansestadt ist heute ihre Hauptroute. Hier hat Sybille Bachmann ein gemütliches Holzhaus an der Erdkuhle, in der sie schwimmt, „bis Eis drauf ist“. Fast den ganzen Sommer ist sie auf dem Lande anzutreffen, in ihrer „Oase“ mit vielen exotischen Blumen und Sträuchern. „Der Garten ist schon fertig“, erwähnt sie nur kurz. Bei Gartenarbeit bekäme sie meist gute Ideen. Entspannen kann sie hier im Schaukelstuhl mit einem guten Buch.

„Nicht verzagen, Bachmann fragen“

Bachmann liest sehr viel, studiert Verträge, Entwürfe, Richtlinien, sie beißt sich regelrecht durch. „Das habe ich von meiner Mutter“, sagt die Südstädterin. Die habe bei der Deutschen Seereederei (DSR) gearbeitet. Da kenne sie jeder. „Nicht verzagen, Bachmann fragen, hieß es immer“, erzählt Sybille Bachmann von ihrer Mutter, die 2007 mit 79 Jahren verstorben ist und an Parkinson litt.

Die Südstadt ist Bachmanns Quartier, seit sie 1994 mit den Eltern herzog. Hier sei sie verankert, „ein Partner darf deshalb nicht so weit weg sein“, sagt Sybille Bachmann. In ihrem Haus steht gerade ein Generationswechsel an, die alten ziehen aus, junge eine. Vor dem Haus steht eine Bank zum Klönen. Da kommt die Kommunalpolitikerin selten vorbei. Probleme der Menschen, Visionen für die Stadt, hier werden sie schon mal besprochen.

„Es ist Zeit für eine Frau“

Das Bürgergespräch ist der OB-Kandidatin wichtig. Einwohnerdialoge, eine Bürgerbeauftragte, Begegnungsräume in den Quartieren, das sind nur einige Stichworte auf ihrer Vorhabensliste. „Es ist Zeit für eine Frau“, befindet Bachmann, „eine Frau mit Herz, Mut und Haltung“, wie sie sich selbst beschreibt, „mit klarer Position und einer Idee von Rostock“. Eine „Über-Morgen-Stadt“ schwebe ihr vor, die den Menschen „Heimat, Sicherheit und Lebenschancen“ bietet.

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