Schädel zurück nach Afrika: Uni Greifswald arbeitet Kolonialgeschichte auf
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Rückgabezeremonie für nach Deutschland gebrachte menschliche Überreste aus Afrika
© Quelle: Karlhans Endlich
Greifswald. Der emeritierte Prof. Georg Wetzel schenkte 1941 drei Schädel aus dem heutigen Namibia der Greifswalder Anatomie. In einem großen Gottesdienst wurden sie in Berlin zusammen mit weiteren menschlichen Überresten aus anderen Sammlungen namibischen Vertretern übergeben. Bis dahin war es ein weiter Weg.
Der erste Schritt auf dem Weg zur Übergabe erfolgte vor acht Jahren. „Im Juli 2010 erhielt ich eine E-Mail des Vorstands der Anatomischen Gesellschaft“, erzählt Institutsdirektor Prof. Karlhans Endlich. In der Charité hatte man neun Schädel aus der deutschen Kolonialzeit gefunden, es gab Gespräche der namibischen Botschaft mit dem Auswärtigen Amt. Die Anatomische Gesellschaft unterstützte das Anliegen, sich damit zu befassen.
Die drei von Wetzel geschenkten Schädel wurden in Greifswald festgestellt. Von Greifswalder Seite stand der Übergabe an Namibia von Anfang an nichts im Wege. Aber die Sache zog sich hin. Endlich vermutet, dass im Hintergrund die bis heute bestehenden Entschädigungsforderungen für den Völkermord der kaiserlichen Truppen an den Herero und Nama eine Rolle spielten. Geldzahlungen lehnt die Bundesrepublik ab.
Im September 2012 fuhr der Institutsdirektor auf Einladung der Namibier – gleich mit den Schädeln – vor einem Kongress zur Botschaft. „Der Botschafter war erstaunt und erfreut, das ich sie dabei hatte“, erinnert sich Endlich. „Die Schädel blieben gleich da.“
Zunächst musste nun noch geklärt werden, ob es sich wirklich um Schädel von Namibiern handelt. Zwei Wissenschaftler, die gerade an der Charité in gleicher Sache aktiv waren, untersuchten das im Anschluss an die Arbeit für die Berliner. Sie vermaßen die Schädel, fertigten 3–D-Rekonstruktionen an. In einem, laut den Greifswalder Unterlagen, Herero-Schädel wurden sogar noch Spuren eines Wespennestes gefunden. Ein Hinweis auf die afrikanische Herkunft, weil es diese Wespen in Mitteleuropa nicht gibt. Der Abschlussbericht lag im April 2014 vor. Nun stand fest, dass ein Schädel tatsächlich zu einer erwachsenen afrikanischen Frau und ein anderer einem erwachsenen Schwarzafrikaner gehört. Der dritte Schädel stammt entweder von einem Europäer, oder mindestens ein Elternteil war Europäer.
Es sei eine sehr farbenprächtige Veranstaltung mit Reden namibischer Chiefs und vielen Liedern gewesen, erzählt der Professor. Insgesamt wurden bei dieser Zeremonie 27 menschliche Überreste, so aus der Charité Berlin, den Universitäten Jena, Hamburg und Greifswald sowie aus Museums- und Privatbesitz übergeben.
Oberdörfer Eckhard