Suche nach Tourismusstrategie in Ahrenshoop
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Rund 50 Interessiert sind am Montagabend zum Auftakt der Zukunftswerkstatt Ahrenshoop in die Strandhalle gekommen.
© Quelle: Timo Richter
Ahrenshoop. Wo wollen wir hin? Wie kommen wir dahin? Wo stehen wir? Obwohl das Ostseebad Ahrenshoop seit Jahren auf einer touristischen Erfolgswelle surft, wie es Kurdirektor Roland Völcker bezeichnete, soll vorsichtig an Stellschrauben gedreht werden, um auch noch in 15 Jahren erfolgreich im Tourismus zu sein. Rund 50 Interessierte kamen am Montag zur öffentlichen Auftaktveranstaltung der Zukunftswerkstatt Ahrenshoop. Bis zur wiederum öffentlichen Ergebnispräsentation am Freitag wird in verschiedenen Arbeitsgruppen an verschiedenen Aspekten gearbeitet.
Wo stehen wir? Diese Frage ließ sich am einfachsten beantworten, schließlich erfolgt seit 2012 ein intensives Gästemonitoring. Dr. Alexandra Partale von Benchmark-Service kennt die Gästeklientel in dem Ostseebad genau. Die Gäste sind demnach umweltbewusst, gebildet und vermögend, aber auch vergleichsweise alt. Ahrenshoop habe sein Image gut aufgebaut, die Gästegruppe vergleichsweise homogen. Folge sei eine überdurchschnittliche Gästezufriedenheit, wie Alexandra Partale in Kooperation mit Karsten Palme von der Compass GmbH vorstellte.
Bestandsaufnahme
Das Publikum, das ja ausdrücklich an der Tourismusstratgie für den Künstlerort mitarbeiten sollte, erfuhr sodann die die Problemfelder: eine zunehmende Individualisierung, Nachhaltigkeit oder das Stichwort „Overtourism“, also zuviel Tourismus. Nach übereinstimmender Einschätzung von Alexandra Partale und Karsten Palme muss sich das Ostseebad mit einem neuen Selbstbildnis der Urlauber auseinander setzen. Die erwarteten authentische Reiseerlebnisse in regionaltypischer Kulisse, am besten mit Kontakt zu Einheimischen.
Die sollten im Verlauf des Abends noch mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das Moderatorenduo stellte die Interessen der Bewohner des Ortes vor denen der Urlaubsgäste. „Mal weg von Größe und immer mehr Übernachtungszahlen“, wünschte sich Alexandra Partale – auch wenn das mal zulasten der Statistik oder dem Umsatz gehe.
Leise Kritik
Was eigentlich bewegt die Touristiker? Natur und Kunst sind die beiden großen Stichwörter, die sich nach einer kurzen Einschätzung per Handy-Eingabe herauskristallisierten. Das war der Zeitpunkt, ab dem die Gäste gefragt waren. Die meldeten leise Kritik an der aktuellen Strategie an. Kunst werde zu sehr in den Mittelpunkt gestellt, die Natur gerate darüber ins Hintertreffen beziehungsweise sogar in Vergessenheit, hieß es aus Reihen des Publikums. Somit fehlten multiple Bilder, weil sich alles auf die Kunst konzentriere. Allerdings, so die Moderatorin, werde nicht einfach so von einem erfolgreichen Konzept abgewichen.
Nach Einschätzung von Hoteliers und Gastronomen wollen die Touristen eintauchen in die Welt der Einheimischen. Das sei Authentizität, dafür zahlten die Touristen. Im Gegensatz zu früheren Jahren sei heute allerdings kein Einheimischer mehr in den weniger werdenden Gaststätten zu finden. „Es gibt für Einheimische nichts“, lautete das Urteil einer Ahrenshooperin. Einheimische stünden nicht mehr im Fokus. Aber genau deretwegen würden die Urlauber nach Ahrenshoop kommen.
Knappe Leitlinie
Nächstes Thema: Mitarbeiter. Auch die leiden nach Auffassung von Hoteliers und Gastronomen unter der Situation. Denn in das „Landleben“ fänden die wenigsten hinein. Nicht nur fehlender Wohnraum, sondern auch mangelnder Kontakt zu Einheimischen sei ein Grund, dass etliche nicht nur Ahrenshoop, sondern die Region schon nach einigen Monaten wieder verließen. Das Freizeitangebot sei etwa in Rostock doch wesentlich abwechslungsreicher.
Am Ende der Zukunftswerkstatt Ahrenshoop soll ein neues Tourismuskonzept stehen. Roland Völcker wünscht sich anstelle eines zig Seiten starken Konzepts schon zum Jahresende eine kurze und knappe Leitlinie für die künftige Entwicklung des Tourismus in dem Ort.
Timo Richter