Der Bergener Ratskeller und seine Wandlungen
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Im Stil der Gründerzeit Anfang 20. Jahrhundert der Speise- und Restaurationssalon.
© Quelle: Sammlung Uwe Hinz
Bergen. Als Bergen am 19. Juni 1613 die städtischen Freiheiten durch den Herzog Philipp Julius von Pommern – Wolgast erlangte, konnte dieser Marktflecken bereits seit Jahrhunderten auf einen Krug zurückblicken. Die Historie des Ratskellers ist ebenso die Geschichte von Bergen und seinen Menschen. In slawischer Zeit, also vor 1168 war ein Krug gegenüber dem heutigen Ratskeller, links Eingangs des Marktes, gut sichtbar für ankommende Reisende, vorhanden. Der Begriff des Kruges ist wohl das älteste Indikativ eines Gebäudes unserer Vorfahren, der wendischen Slawen. Mit der Christianisierung und Erbauen von St. Marien besiedelten neben den dänischen Bauleuten der Bauhütte auch Kaufleute, Handwerker und Ackerbauern aus Westfalen, Sachsen und Holstein den Flecken Gora.
Um Kirche und Kloster entwickelte sich ein Marktflecken
Das slawische Wort Gora bedeutet Berg. Große Bedeutung erlangte dabei das Zisterzienserinnenkloster. Die Pfalz des ersten rügenschen Fürsten Jaromar I. wurde aus politischem Kalkül nicht vollendet, sondern 1193 durch den Roskilder Bischof Peter Sundewitt zum Kloster geweiht. So entwickelte sich langsam um Kirche und Kloster ein Marktflecken. Nach Fabricius hieß dieser Ort 1314 „villa montis“, das Haus auf dem Berg. Das geht aus dem fürstlichen Hebungsregister hervor. Nicht vergessen möchte ich die Bedeutung der slawischen Fischersiedlung Gatemin oder auch Gatemunde „ trübes Wasser“ genannt, südöstlich an den Niederungen des Berges.
Rügen war seit slawischer Zeit in 9 Verwaltungsbereiche, in „Garde“eingeteilt. Bergen war ein „Gard“ und gleichzeitig Sitz des Landvogtes. Er war der königliche Verwalter der Garde und oberster Richter und Herr über das „Halsgericht“.
14 Krüge im Jahr 1506
Hinweisend auf die neuen Besiedlungen wurde der Ort 1250 „forum principale“ so viel wie „fürstlicher Markt“genannt. Ein Krug auf der Höhe des Marktes wurde bereits 1232 erwähnt. Ab diesem Jahr führte Fürst Wizlav I. 10 Mark Rente im Jahr aus dem Krug der „taberna in Gora“ an das Bergener Kloster ab. 1250 bestätigte der Papst Innocenz diese Gabe von dem Krug „taberne montis Rugya“. 1306 wurde als Krugbesitzer „ tabernator in Berghen“ Krüger Heinrich benannt.
1309 wurden der Knecht Tezize und dessen Erben durch Fürst Wizlav III. mit dem Krug „tabernam in monte“ betraut und außerdem mit einer Hufe Land in der nahen Heide belehnt. Dafür zahlte dieser jährlich 60 Mark und zwei Pfund Honig. In den Jahren 1317 und 18 führte der Krugbesitzer eine Abgabe von zwei Scheffeln Bischofsroggen an den Landpropst zu Ralswiek ab. Dieser war der Vertreter des Bischofs zu Roskilde.
In den folgenden Jahren entwickelte sich der Marktflecken zu Bergen und bereits 1506 verzeichnete der Ort 14 Krüge, die jährlich je vier Mark an das Kloster zu zahlen hatten. Dominant blieb jedoch der Krug auf der Südseite des Marktes. Dieser Krug bediente noch weitere Funktionen als Speise und Trunk. Ab 1408 nutzten die Bergener Gewandschneider und Tuchhändler die Räume zum Verkauf ihrer Waren während der Markttage. Dafür entrichteten sie eine Gebühr an das Kloster. Zwischen 1530 und 1538 wurden im Klosterregister zwei Abteilungen im Krug unterschieden. Die eine, wohl besser ausgebaute Hälfte, nutzten die Gewandschneider.
Die zweite Hälfte war wohl weniger komfortabel ausgebaut und so fiel hierfür die Abgabe niedriger aus. Des Weiteren gab es am Krug noch Anbauten. So eine Mittelbude, eine Bude an dem Staken und zwei Ortsbuden, sogenannte Eckbuden. Diese diversen Ergänzungen gaben dem Krug den Namen „ Kophus“, so viel wie Kaufhaus. So war zur Zeit der Säkularisierung 1539 der Krug Besitz des Klosters geworden. Übrigens die Nonnen des Bergener Klosters vergaben auch die Braugerechtigkeit.
Brand von 1690 vernichtete das Rathaus
Nach der Reformation fiel der Krug in die Hände der Regierung als fürstliche Domäne. Hier richtete sich das fürstliche Rentamt ein und der jeweilige Rentmeister wohnte hier. Anfang des 17. Jahrhunderts war der fürstliche Rentmeister Joachim von Schiele auch Besitzer des Kruges.
Er verkaufte 1614 , ein knappes Jahr nach der Stadtverleihung, das Gebäude an die noch junge Stadt. Der Magistrat richtete darauf in der oberen Etage seine Amtsräume ein. Der Krug mit der Schankwirtschaft behielt im Erdgeschoss sein Domizil. Vor dem Rathaus ließ die Bürgerschaft einen „Schandpfahl“ errichten, um so ihre Macht und Eigenständigkeit zu zelebrieren. Drei große Brände fügten im 17. Jahrhundert der Stadt großen Schaden zu. Der Brand von 1690 vernichtete das Rathaus und auch fast das gesamte Stadtarchiv. Wenige Unterlagen wurden gerettet, da sie im Hause des Bürgermeisters und des Stadtsekretärs Döbel aufbewahrt wurden, wie die Gründungsurkunde und das Bürgerbuch von 1613.
Nach fünf Jahren war ein neues Rathaus errichtet, wie es noch Ende des 19. Jahrhunderts, abgesehen von der 1817 veränderten Frontansicht, zu sehen war. Das Haus hatte auch wieder eine Gastwirtschaft. Der Ratskellermeister nahm das gesamte Gebäude in Pacht und erwarb das Monopol Weine in jeder Menge alleinig zu verkaufen. Dafür zahlte er eine jährliche Pacht von 100 Reichstalern. Die Stadt waltete unterdessen wieder in der oberen Etage und hielt dort ihre Sitzungen ab. Dazu gehörten eine Rats-und Gerichtsstube, ein Raum für das Stadtarchiv, eine Altermannstube und ein „Correktionsgemach“ (Schreibstube) im Volksmund auch „Bollenstall“ genannt.
Außerdem gab es das „Bürgergehorsam“. Es war das städtische Gefängnis, indem der verurteilte Bürger eine Disziplinar - oder Polizeistrafe verbüßte, Um 1800 veränderte der Camerarius Last, der nun Ratskellermeister war, die Baulichkeiten. Der Pferdestall wurde abgerissen und dafür ein einstöckiges Fachwerknebengebäude errichtet. Darin wurden ein Vorraum und ein Tanzsaal eingerichtet.
Mehrere Besitzerwechsel
1833, nach dem Tod des Ratskellermeisters Last, übernahm seine Frau, eine geborene Mau, die Gastwirtschaft. Sie war die Tochter des Besitzers des „ Deutschen Hauses“ am Markt. Das stand einst dort wo das Spalding-Jakobsche Jungfrauenstift (heute Rathaus) erbaut wurde. Sie ging später eine Ehe mit dem Bergener Bürgermeister W. A. Von Blessingh ein. Noch im selben Jahr, 1833, erwarb der Gingster Brauer Kagelmacher die Wirtschaft.
Er war ein Sohn des Bergener Bürgermeisters I. T. Kagelmacher. Nach fünf Jahren übernahm dieser das Hotel „Bellevue“ in Putbus. 1838 war der Ratskeller in Pacht des Gastwirtes Hasper. Dieser führte zu der Zeit den „Goldenen Adler“ in Bergen. 1842 führte die Gastwirtin Christiane Breitsprecher, geborene Kagelmacher, die Wirtschaft zusammen mit ihrem Mann Johann Christoph Breitsprecher. Im Volksmund hieß er „ de oll Breetspräker“.
Als Ratskellerwirt ließ er den alten Tanzsaal abreißen und 1851 im selben Jahr einen größeren Saal erbauen. J. Ch. Breitsprecher wurde am 18.Januar 1795 in Bergen geboren und starb hier am 23. März 1853. Seine Frau war eine Tochter des Bürgermeisters und führte die Gastwirtschaft vorerst weiter. Ihr Sohn Carl Breitsprecher übernahm diese 1859. Als 1862 das neue dreistöckige Rathaus (heute BEWO) an der Ostseite des Marktes errichtet wurde, kaufte Carl Breitsprecher den „Ratskeller“ nebst Grundstück und machte daraus das „Hotel Ratskeller“. Er ließ die Marktfront und das Frontispice erneuern.
Fünf Jahre später im Jahre 1867 ging das Hotel in „Concurs“, wie es seinerzeit hieß. Er ging nach Stralsund, wo er 1891 verstarb. Von 1867 bis 1869 wurde der Ratskeller dann Besitz des Herrn von Berg – Silenz. Dieser verpachtete das Hotel dann 1868 und 1869 an Herrn Quaase. Darauf war Emil Bley 13 Jahre bis 1882 Besitzer des Ratskellers bis er ihn 1882 an Theodor Stange weiter verkaufte. Karl Bley war der Vater von Emil Bley und der Tochter Gustave Bley. Sie wurde am 1. April 1844 geboren wurde weit über Rügens Grenzen hinaus eine anerkannte Komponistin und Liederdichterin. Karl Bley gründete wenige Jahre zuvor das Hotel in Bergen „Prinz von Preußen“.
Kürschnermeister Uwe Hinz