Dramatischer Hilferuf von der Wismarer Tafel: „Wir brauchen dringend Lebensmittel“
/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/PDNZWRHTGVBEV3IWHB6QYR5VFM.jpg)
Dolmetscher Alexander Podolskiy (l.) erklärt den Ukrainern, dass nicht alle in die Liste aufgenommen werden können.
© Quelle: Jana Franke
Wismar. Das Osterfest steht vor der Tür – doch zum Feiern ist den ehrenamtlichen Helfern der Wismarer Tafel nicht zumute. Im Gegenteil: Sie senden einen dramatischen Hilferuf: „Wir brauchen dringend Lebensmittel“, sagt der Vereinsvorsitzende Detlef Lohne. Die Lage spitze sich von Tag zu Tag mehr zu. Viele Geflüchtete aus der Ukraine hoffen auf Lebensmittel und stehen dafür stundenlang an – nicht selten vergebens. Denn wer nicht bei der Tafel registriert ist, bekommt am Ende der Ausgabe nur das, was übrig bleibt. „Und das ist nicht viel und wird immer weniger“, berichtet Detlef Lohne.
Lesen Sie auch
- Veranstaltungen Wismar: Schwedenfest, Hafenfest und Straßentheater 2022
- Nordwestmecklenburg: Erstanlaufstelle für Geflüchtete zieht nach Wismar
- Groß Stieten: Neues großes Wohnbaugebiet bei Wismar entsteht
Team ist an der Belastungsgrenze
Sein Team ist an seine Belastungsgrenze gekommen – die meisten Helfer sind ältere Menschen und mit der Situation überfordert. „Die Warteschlangen sind extrem lang, normalerweise versorgen wir 30 Familien pro Tag, doch weitere 40 stehen vor unser Tür“, erzählt Detlef Lohne. Die Menschen ohne Lebensmittel wegzuschicken, sei auch eine psychische Belastung für die Helfer. Sie können nicht mehr durchatmen. „Von Montag bis Freitag werden wir überrannt“, verdeutlicht Detlef Lohne die Situation.
Ein Dolmetscher steht dem Team – ebenfalls ehrenamtlich – zur Seite und erklärt den Ukrainern, dass nicht alle Lebensmittel bekommen können.
/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/2JRWK6CGRDGWB3Q5DVRUHUZJTI.jpg)
Die Lebensmittelkisten werden leerer.
© Quelle: Manuela Wilk
Erst im vergangenen Dezember haben die Leser der OSTSEE-ZEITUNG ein großes Herz für die Wismarer Tafel gezeigt und rund 23 000 Euro gespendet. Das meiste Geld ist für ein neues, aber gebrauchtes Kühlfahrzeug genutzt worden, mit dem Lebensmittel von den Supermärkten eingesammelt werden. „Den Rest benötigen wir, um selber zu überleben“, erklärt Detlef Lohne. Wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise werde längst nicht mehr so gespendet wie in den vergangenen Jahren. Hinzu kommen hohe Benzin- und Energiekosten, die der Verein bezahlen muss, unter anderem für Miete, Strom und Müllentsorgung. „Wir haben monatliche Kosten von rund 3000 Euro“, ergänzt der Chef. Deshalb bittet er dringend um Hilfe. Jede Spende zählt. „Nudeln kosten nicht viel und machen satt“, nennt er ein Beispiel.
Weitere Helfer werden gesucht
Etwa 3000 Menschen, darunter viele Kinder, werden von der Wismarer Tafel mit Lebensmitteln versorgt. Zu besonderen Anlässen wie Weihnachten gibt es auch mal etwas Besonderes, zum Beispiel Schokolade. Zu Ostern ist das Tafel-Team froh, überhaupt die Kisten füllen zu können.
Geflüchtete aus der Ukraine werden in zentralen (Hotels und Sporthallen) und dezentralen Unterkünften (Wohnungen und privat) untergebracht – in den zentralen bekommen sie auch das Essen gestellt.
In Deutschland registrierte Ukrainer bekommen im Monat eine finanzielle Unterstützung von etwa 380 Euro vom Staat. Doch die Anmeldung bei den Ämtern geht nicht immer von heute auf morgen. „Es hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass es hier billige Lebensmittel gibt“, berichtet Detlef Lohne. Doch bevor man von der Tafel eine gefüllte Familienkiste für 5 Euro bekommt, muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden. „Einige unserer deutschen Empfänger haben bereits aus Solidarität auf ihren Platz zugunsten der Geflüchteten verzichtet“, berichtet Detlef Lohne, der gesundheitlich angeschlagen ist. Deswegen und auch wegen seines Alters (77) wollte er sich von seinem Ehrenamt zurückziehen. Doch in der derzeitigen Situation ist daran nicht zu denken. Jede Hand wird gebraucht.
Wer dem Tafel-Team helfen möchte, kann Lebensmittel zu den Öffnungszeiten vorbeibringen und kann sich dabei gleich selbst ein Bild von der Lage machen – montags bis freitags von 12 bis 13 Uhr Am Holzdamm 4. Wer finanziell helfen möchte, kann folgendes Konto bei der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest nutzen – IBAN: DE39 1405 1000 1200 0168 38, BIC: NOLADE21WIS. Empfänger ist die Wismarer Tafel e. V., Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch ausgestellt.
Auch Helfer, die mit anpacken wollen, werden händeringend gesucht. Sie können sich melden unter der Telefonnummer 01520 / 63 78 250 oder eine E-Mail schreiben an wismarer.tafel@web.de.
Von Kerstin Schröder