Klimawandel: Wieso Rostock und Greifswald den Notstand ausrufen
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Hunderte Kinder und Jugendliche wollen am Freitag in Rostock wieder für mehr Klimaschutz demonstrieren. Nun schließen sich auch Studenten und Wissenschaftler dem Protest an.
© Quelle: Andreas Meyer
Rostock. Zwei Hansestädte in MV rufen den Notstand aus – den Klimanotstand. "Hochwasser, Sturmfluten, Hitze: Rostock wird in ganz besonderem Maße von den Folgen des Klimawandels betroffen sein", sagt Holger Matthäus (Grüne), Umweltsenator in der größten Stadt des Landes. Wissenschaftler sagen Rostock bis 2065 steigende Pegelstände der Ostsee und vermehrte Hochwasser, lange Dürreperioden und extreme Stürme voraus. Auch das Trinkwasser könnte dann knapp werden. Bisher ist Ludwigslust die einzige Stadt im Land, die den symbolischen Notstand erklärt hat. Greifswald zieht bereits am Dienstag nach – auf Initiative von SPD, Grünen und Linken. Stralsund und Wismar halten das hingegen für reine Symbolpolitik.
Mehr als „nur“ Symbolkraft
Wann Rostock den Notstand erklärt, ist noch offen. Die Bürgerschaft soll sich so schnell es geht mit dem Thema befassen. Denn Rostock habe im Kleinen die gleichen Probleme wie Europa im Großen: „Wir haben seit fünf Jahren ein Klimaschutz-Konzept. Aber bei der Umsetzung kommen wir nicht schnell genug voran“, so Senator Matthäus. „Eine rechtliche Wirkung per se ist mit der Ausrufung des Notstandes nicht verbunden“, heißt es aus dem Umweltbundesamt. Dennoch gehe es um mehr als Symbolpolitik, sagt Rostocks Umweltsenator: „Wir würden uns zwingen, mehr Maßnahmen und mehr Mittel in den Klimaschutz zu investieren.“ Das sieht Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) genauso: „Jeder einzelne Bürger, jedes Unternehmen sowie die Politik auf allen Ebenen sind hier zum Handeln aufgefordert. So müssen wir zum Beispiel beim Bauen und Einkaufen, bei der Energieversorgung, der Mobilität und dem eigenen Ressourcenverbrauch die Folgen für das Klima in den Blick nehmen.“
Konkrete Maßnahmen für die Hansestadt
In Konstanz am Bodensee etwa will der CDU-Oberbürgermeister seit Ausrufung des Notstandes auf den Dienstwagen verzichten, Kiel will nicht erst 2050 klimaneutral werden. Auch Rostock hat bereits konkrete Pläne: "Wir besitzen in der Rostocker Heide 60 Quadratkilometer Wald. Das reicht gerade mal, um zehn Prozent des CO2-Ausstoßes zu kompensieren. Wir müssen also unseren Ausstoß reduzieren – und wir müssen mehr Wald anpflanzen", sagt Matthäus. Und: Die Stadtwerke Rostock sollen ihre Fernwärme (70 Prozent der Haushalte in Rostock werden damit beheizt) nicht mehr aus Gas, sondern sauberen Quellen erzeugen – aus Geothermie etwa oder riesigen Wärmepumpen an der Warnow. "Und wir brauchen mehr Geld für den Nahverkehr, für neue Straßenbahnlinien, eine bessere Verknüpfung der Pendlerverkehr, für Radwege. Das alles müsste schneller gehen." Greifswald denkt unter anderem über autofreie Stadtviertel nach, sagt OB Fassbinder.
Stralsund und Wismar warten ab
In den anderen Hansestädten in MV ist der Notstand derzeit noch kein Thema: „Wichtiger als Symbolik sind ohnehin Taten“, sagt Stralsunds Stadtsprecherin Anne Pilgrim. Bereits 2011 habe Stralsund ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, ein Großteil des Stroms und der Fernwärme am Sund wird bereits aus Biogas erzeugt. Auch aus dem Wismarer Rathaus heißt es, dass ein Klimanotstand kein Thema sei: „Wismar hat bislang auf konkrete Maßnahmen zum Umweltschutz gesetzt und wird das auch weiterhin tun.“ Zum Beispiel würden Straßenbanketten in der Stadt nur drei Mal im Jahr gemäht, den Rest des Jahres sollen sie als Lebensraum für Insekten und Vögel dienen.
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Andreas Meyer