Rauschgift: Straftaten in MV auf Rekordniveau
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Einen Mega-Kokainfund gab es im März 2018 im Edeka-Logistikzentrum in Valluhn.
© Quelle: LKA MV
Rampe/Rostock. Die Zahlen klingen erschreckend: Seit 2011 hat sich die Zahl der Rauschgiftdelikte in MV verdoppelt. 6669 erfasste Fälle zählte die Polizei 2018. Das sei der höchste Stand seit Erfassung der Delikte, heißt es vom Landeskriminalamt bei der Präsentation der Ergebnisse in Rampe. „Wir haben zum Vorjahr einen deutlichen Anstieg von 11,7 Prozent zu verzeichnen. Damit liegen wir etwa im Bundestrend“, sagt LKA-Ermittlerin Katrin Negendank.
Mehr Fälle heißt auch mehr Tatverdächtige: 5512 mutmaßliche Täter registrierten die Beamten. Der überwiegende Teil männlich (4694) – vom Kindes- bis zum Rentenalter sind laut LKA alle Altersgruppen vertreten. Darunter etwa 1000 Kinder. Rund 10 Prozent der Tatverdächtigen seien keine Deutschen gewesen. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien, Polen, Dänemark und Russland.
Polizei kontrolliert mehr als früher
Die Ursachen seien vielfältig, aber nicht vorrangig im steigenden Konsum begründet. Die Polizei sieht eher die gestiegenen Kontrollen als einen wichtigen Grund für die hohen Zahlen. „Je mehr wir investieren, desto mehr kriegen wir auch heraus“, sagt Negendank. In den letzten Jahren seien Kollegen intensiver und besser für den Bereich Drogen ausgebildet worden, so dass auch mehr Rauschgiftkontrollen im Zusammenhang mit anderen Straftaten stattfinden. Beispielsweise wenn es eigentlich um Körperverletzung, Raub oder Ähnliches gehe.
„Unser Abgleich mit den Beratungsstellen bis 2017 hat ergeben, dass sich der Anstieg dort nicht so widerspiegelt. Gleichwohl ist auch eine wachsende Akzeptanz von illegalen Betäubungsmitteln zu vermuten“, sagt LKA-Direktor Ingolf Mager.
Auch mehr Betreute in den Suchtberatungsstellen
Ein Blick auf die Zahlen der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (Lakost) zeigt allerdings: Auch hier gibt es seit 2011 einen fast durchgehenden Anstieg der Zahlen. Allerdings nicht auf diesem hohen Niveau. Während 1718 Menschen im Jahr 2011 wegen illegaler Suchtmittel wie Cannabis oder Kokain in den Suchtberatungsstellen Hilfe fanden, waren es 2017 schon 2108. Die vorläufigen Zahlen von 2018 gehen zwar wieder runter (1932). Das sei jedoch eher den Personalproblemen wegen des Fachkräftemangels in einigen Stellen geschuldet, sagt Lakost-Sprecherin Birgit Grämke auf OZ-Anfrage.
Fünf männliche Drogentote im Alter von 33 bis 66 Jahren zählte die Polizei 2018. Damit bewegen sich die Zahlen dieser Todesfälle in MV auf relativ niedrigem Niveau. Bundesweit waren es 1276.
In MV dominiert Cannabis, nicht Crystal Meth
Während in anderen Bundesländern seit Jahren die gefährliche Droge Crystal Meth auf dem Vormarsch ist, spielt es laut LKA in MV keine Rolle. Cannabis und Amphetamine seien die illegalen Drogen, die am meisten sichergestellt wurden. 507 Mal ermittelten die Polizisten wegen Handel und Schmuggel, sechs Mal wegen illegaler Einfuhr.
Außergewöhnlich sind dabei die zwei spektakulären Mega-Kokainfunde bei Aldi (April 2019) und in einem Logistikzentrum des Handelskonzerns Edeka in Valluhn (März 2018). In den Ananaskisten für Edeka lagen 109 Kilogramm Kokain, in den Bananenkartons bei Aldi 400 Kilogramm. Zu Ermittlungsergebnissen hält sich das LKA bislang bedeckt.
Kokain für mehr als zwei Millionen Euro
Im 2018er-Fall spricht Ermittlerin Negendank von „hochreinem Stoff“ (90 Prozent Stoffgehalt). Entsprechend hoch schätzen die Experten den Verkaufswert auf 2,11 Millionen Euro. Auf der Straße bringe die Masse natürlich mehr Geld, weil sie noch stark gestreckt würde. Die Beamten untersuchen die Vertriebswege.
Gleiches gelte für die laufenden Ermittlungen im aktuellen Fall. „Nationale und internationale Behörden arbeiten hier eng zusammen, es wurden die Funde auf DNA-Spuren untersucht der Weg zurückverfolgt“, sagt Negendank. Vom Bananenbauern bis zu den Schiffen und Häfen. Das Kokainherkunftsland sei Ecuador.
MV gilt als Drogenschmuggel-Transitland
„Diese Funde sind ungewöhnlich groß und verzerren etwas das Bild. So etwas hatten wir lange nicht“, sagt LKA-Direktor Mager. Man dürfe nicht vergessen, dass MV auch ein Transitland sei. Anhaltspunkte, dass die Mengen für den Nordosten bestimmt seien, habe es nicht gegeben. Es ist davon auszugehen, dass es eine Panne bei den Händlern gegeben haben. Ein Zugriff im Hafen scheint nicht gelungen zu sein.
Auch Cannabisplantagen erfreuen sich seit rund 15 Jahren großer Beliebtheit in MV, schildert Ermittlerin Ines Aschenbrenner. 25 Plantagen konnten die Polizisten 2018 sicherstellen. Das waren etwas mehr als im Vorjahr. Darunter sei eine Profiplantage mit mehr als 1000 Pflanzen gewesen. In 17 Fällen setzten die Anbauer auf die frische Luft und versteckten ihre Plantagen in Maisfeldern, im Wald oder im eigenen Garten.
Virginie Wolfram
OZ