Rostock soll 700 Leih-Elektro-Roller bekommen
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E-Scooter dürfen ab 15. Juni legal benutzt werden – wenn sie eine Zulassung haben und versichert sind. Bis zu 700 der flotten Flitzer will eine Berliner Firma auf Leihbasis in Rostock anbieten.
© Quelle: Christophe Gateau/dpa
Rostock. Auf den Radwegen im Nordosten könnte es bald eng werden: Ab Mitte Juni sind E-Scooter auf Radwegen erlaubt. Die Berliner Start-up-Firma Go Flash will in Rostock nach einer Aufbauphase bis zu 700 der Elektro-Roller auf Leihbasis anbieten. Das teilt die Stadtverwaltung nach einem Gespräch mit dem Sharing-Unternehmen mit. Die faltbaren E-Scooter sind vor allem für Touristen interessant, die auf ihnen die Stadt erkunden können. Aber auch für Einheimische, etwa um schnell zum Bahnhof zu kommen, als Alternative zu Bus, Straßenbahn und Laufen.
Anbieter sucht Mitarbeiter in MV
Im Internet sucht die Firma, die in Wien und Zürich bereits E-Scooter verleiht, je einen City- und einen City-Operations-Manager für Rostock – sowie für 49 weitere Großstädte bundesweit. Das schwedische Start-up Voi, das in Lübeck mit 150 Leihrollern an den Start geht, will erst einmal abwarten, ob es in MV aktiv wird, teilt das Unternehmen mit. In anderen Städten in MV – Greifswald, Wismar, Stralsund – hat sich noch kein Anbieter gemeldet, heißt es in den jeweiligen Stadtverwaltungen. Bis die ersten Leih-Roller durch Rostock fahren, dürfte noch ein knappes Jahr vergehen, schätzt Rostocks Mobilitätsbeauftragter Steffen Nozon. Noch gebe es bürokratische und technische Hürden.
Radwege schon jetzt überlastet
Allerdings sind nicht nur in Rostock viele Radwege schon jetzt überlastet. „Die Infrastruktur gibt es nicht her, dass jetzt noch E-Scooter dazukommen “, sagt Michael Reitz, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs in der Hansestadt (ADFC). Viele der Wege seien für den bereits vorhandenen Radverkehr zu schmal und marode. „Die Konkurrenz auf den Radwegen wird zunehmen“, befürchtet auch der Mobilitätsbeauftragte Nozon. Grundsätzlich sei das neue Verkehrsmittel aber eine Bereicherung.
Riskant für ungeübte Fahrer
Reitz befürchtet außerdem, dass die stark beschleunigenden E-Roller unerfahrene Nutzer überfordern könnten. Diesen Effekt gebe es bereits bei Elektro-Fahrrädern, mit denen insbesondere ungeübte und ältere Fahrer gefährliche Situationen verursachen. In der Rostocker Uni-Klinik wurden in der Vergangenheit bereits vereinzelt Patienten nach E-Scooter-Unfällen versorgt. Sie hatten sich selbst verletzt, so eine Sprecherin. Im Internet werden die Roller schon seit mehreren Jahren gehandelt, sie dürfen bislang aber nur auf Privatgrund genutzt werden. Ein Problem ist laut Reitz der schlechte Zustand vieler Radwege. Während ein Fahrrad eine dicke Baumwurzel oder scharfe Kante noch halbwegs verkrafte, werde ein Roller mit seinen kleinen Rädern aus der Bahn geworfen.
Gekennzeichnete Parkzonen
Die Miet-Roller werden über eine App gebucht, die Bezahlung läuft per Kreditkarte. In Europa hat sich ein Grundpreis von einem Euro je Buchung plus 15 Cent pro Minute durchgesetzt. Abhol- und Rückgabestationen gibt es nicht. „Free Floating“ heißt das Prinzip. Die Roller können nach Mietende innerhalb eines festgelegten Gebiets in der Stadt abgestellt werden. Entsprechende Parkbereiche sollen mit Streifen gekennzeichnet werden. Mitarbeiter sammeln die Roller zum Laden des Akkus wieder ein.
Falt-Flitzer mit Tempo 20
Elektro-Tretroller, sogenannte E-Scooter, dürfen bald legal im öffentlichen Raum benutzt werden. Die entsprechende Verordnung tritt am 15. Juni in Kraft. Für die faltbaren Flitzer gilt ein Höchsttempo von 20 Kilometern pro Stunde. Nur Modelle mit Allgemeiner Betriebserlaubnis (ABE) sind erlaubt, ihr Revier ist der Radweg. Gehwege sind tabu. Die Straße auch, außer es ist kein Radweg da. Ein Helm ist nicht nötig, dafür aber ein Mindestalter von 14 Jahren und eine Haftpflichtversicherung, die mit einer Klebeplakette nachgewiesen werden muss. Laut Gesamtverband der Versicherungswirtschaft soll diese jährlich ab 35 Euro kosten. In vielen europäischen Städten gehören Leih-E-Scooter längst zum Straßenbild, außer in Deutschland. Experten schätzen den deutschen Markt für die Tretroller mit Hilfsmotor auf drei Milliarden Euro jährlich. Das meiste Geld soll der Verleih bringen.
Roller ohne Zulassung
„700 Mietroller sind für Rostock kein Problem“, sagt Matthias Reitz vom ADFC. Sollten Flitzer ein Verkaufshit werden und noch eine riesige Flotte privater Elektro-Tretroller dazukommen, könne es ungemütlich werden auf den Radwegen. Online-Händler, Discounter und Elektromärkte bieten bereits E-Scooter an zu Preisen zwischen 100 und 500 Euro. Denen fehlt aber meist die Betriebserlaubnis, sie dürfen nicht im öffentlichen Raum genutzt werden. Bis auf zwei Luxus-Modelle, darunter eins von BMW für 2600 Euro, gibt es derzeit kaum zugelassene E-Scooter im Handel, heißt es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, der vor Fehlkäufen warnt.
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Gerald Kleine Wördemann
OZ