Edler Käse: Hier entstehen ganz besondere Käsesorten

Von Camembert bis Parmesan: In den Kellerräumen von Phlippe Alleosse bekommt jede Käsesorte die Zeit, die sie zum Reifen braucht.

Von Camembert bis Parmesan: In den Kellerräumen von Phlippe Alleosse bekommt jede Käsesorte die Zeit, die sie zum Reifen braucht.

Paris. Wenn Philippe Al­leosse die reifenden Ziegenkäsestücke beäugt, sieht er aus wie ein Vater, der zufrieden auf seinen wohlgeratenen Nachwuchs blickt. Prüft er die Konsistenz seines Camemberts, wirkt er wie ein Gärtner, dessen Blumen in üppiger Pracht blühen. Nimmt er die Parmesanbrocken in die Hand, nickt er selig. Und wenn er beginnt, von seinen Delikatessen zu erzählen, findet er kein Ende. Es sind so viele.

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„Sehen Sie, wie cremig der Saint-Félicien ist: Dank der Feuchtigkeit in der Luft reift er ganz langsam.“ Alleosse streichelt den runden Weichkäse, von dem Dutzende Exemplare in einem Regal auf den perfekten Moment warten, um verzehrt zu werden. „Oder der Livarot aus der Normandie: Man nennt ihn auch den Colonel (Leutnant), weil er einen starken Charakter hat! Unverfälscht, ohne Zusatzstoffe.“

Wo kommt er her, was braucht er? Philippe Alleosse fühlt mit dem Käse.

Wo kommt er her, was braucht er? Philippe Alleosse fühlt mit dem Käse.

Etliche Sorten Ziegen-, Hart- und Weichkäse verbreiten einen markanten Duft in dem 300 Quadratmeter großen Käsekeller von Philippe Alleosse im Nordwesten von Paris. Jahrelang, so sagt er, habe er hier an den idealen Bedingungen gearbeitet.

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Der 58-Jährige ist Affineur: Er veredelt Käse, den er bei etwa 100 verschiedenen Produzenten in ganz Frankreich, aber auch anderen Ländern wie Italien, Holland oder der Schweiz einkauft. Seine Lieferanten wähle er nach strengen Qualitätskriterien aus. „Was fressen die Kühe oder Ziegen? Wie werden sie gehalten? Wie ist die allgemeine Hygiene? All das schaue ich mir an.“

Schaf, Kuh oder Ziege: Die Käse kommen von etwa 100 verschiedenen Produzenten aus Frankreich, Italien, der Schweiz oder Holland.

Schaf, Kuh oder Ziege: Die Käse kommen von etwa 100 verschiedenen Produzenten aus Frankreich, Italien, der Schweiz oder Holland.

Alleosse lagert die Käse nicht nur, er behandelt sie mit Salzlake, Wein oder Rum, reibt, dreht und wendet sie. Überwacht ihre Entwicklung, bis sie zum Verkauf in seinen Laden in der Pariser Marktstraße Rue Clairaut kommen.

Da ist zum Beispiel der Délice de Honfleur, der „Leckerbissen von Honfleur“, ein Kuhmilchweichkäse mit einem Mantel aus getrockneten Blumenblüten: „Über Wochen hinweg muss sich eine Kruste bilden, bis sie schön fest ist. Vorher wage ich es nicht, ihn zu verkaufen.“ Da mögen die Kunden noch so drängend fragen. Die Zeit können sie mit einem Carreau bleu überbrücken – einem mit Kakao ummantelten und mit Rum veredelten Blauschimmelkäse.

Auch im Käseland Frankreich ein seltenes Metier

Beim Affineur handelt es sich auch im Käseland Frankreich um ein seltenes Metier. Man erlerne es in der Praxis, sagt Alleosse, der seit 34 Jahren im Geschäft ist. Wichtig sei ein Keller mit mehreren Räumen für die verschiedenen Temperaturen.

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Er besitze den einzigen in Paris, während die anderen Milchhändler, die „Crémiers“, trotzdem den Käse zu Preisen deutlich über denen von industriell gefertigtem Käse verkauften, schimpft Alleosse. Auch bei ihm kostet beispielsweise der Camembert statt 2 Euro wie im Supermarkt rund das Dreifache: Es stecke so viel Arbeit und Pflege darin.

Ein Traum für Käseliebhaber: Das Geschäft von Philippe Alleosse in der Rue Clairaut in Paris.

Ein Traum für Käseliebhaber: Das Geschäft von Philippe Alleosse in der Rue Clairaut in Paris.

Dass er die Dinge anders und besser machen wollte als die anderen, beschloss er als junger Mann nach einem Praktikum bei Pierre Androuët, einem legendären Pariser Käse-Affineur, dessen dickes „Lexikon der Käse der Welt“ im Büro von Alleosse einen Ehrenplatz hat. Von ihm lernte er, dass Käseveredlung mehr sei, als diesen im Großmarkt zu erstehen und im Laden weiterzuverkaufen.

„Ich legte die Latte höher“, sagt Alleosse stolz. Zwei Jahre lang suchten er und sein Vater, ebenfalls im Käsegeschäft, ganz Paris nach geeigneten Kellerräumen ab – und fanden sie 1987 in einer ehemaligen Futterstelle für Pferde.

Handelsgespräche mit einer kanadischen Delegation

Mit seinem Vater, seiner Frau Rachel und deren Brüdern rackerten sie zunächst „wie die Tiere“, so Alleosse: Sie belieferten internationale Sportveranstaltungen, Messen, Empfänge von Präsidenten von François Mitterrand bis Jacques Chirac, bauten den weltweiten Export aus.

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Bei Handelsgesprächen mit einer kanadischen Delegation, die es von der Unbedenklichkeit von Rohmilchkäse zu überzeugen galt, präsentierten sie ihre besten Produkte. „Kanada willigte ein“, freut sich Alleosse noch immer über seinen Triumph.

Jeder Käse findet bei Philippe Alleosse die perfekten Bedingungen zum Reifen.

Jeder Käse findet bei Philippe Alleosse die perfekten Bedingungen zum Reifen.

Heute versorgt sein Familienunternehmen, für das inzwischen auch die Kinder Maude, Yanisse und Hervine arbeiten, vor allem Feinkostläden und Spitzenrestaurants mit Käse. Rund 80 Tonnen verkauft er pro Jahr, auf 250 schätzt Al­leosse die Zahl der verschiedenen Sorten.

Eine gute Platte mit einer Auswahl von Spezialitäten, die Franzosen zwischen Hauptgericht und Dessert auf den Tisch stellen, lasse einen vom Reisen träumen, sagt er: „Man spricht über die Regionen, wo die Sorten herkommen, wo man schon einmal war ... und nicht mehr über Probleme.“

Nur eine Sache möchte er nicht hören: dass Käse stinkt. „Wer das von einem Camembert sagt, hat noch nie einen Camembert gegessen.“ Über seine Schützlinge erlaubt der Purist Philippe Alleosse keine Witze.

Von Birgit Holzer

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