„Angleichung im Schneckentempo“: Linken-Politiker Pellmann kritisiert ungleiche Lebensverhältnisse in Ost und West
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Sören Pellmann (Bildmitte) auf der Demo am 5. September in Leipzig, wo Anhänger der Linken gegen die Energie- und Sozialpolitik der Bundesregierung protestierten.
© Quelle: Jan Woitas/dpa
Berlin. Gut zwei Wochen vor dem 32. Jahrestag der deutschen Einheit am 3. Oktober hat der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag, Sören Pellmann, die schleppende Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West kritisiert. „Wenn sich die wirtschaftliche Angleichung in diesem Tempo fortsetzt, brauchen wir noch ein halbes Jahrhundert, bis wir gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland erreichen“, sagte Pellmann dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Bei seiner Kritik an der „Angleichung im Schneckentempo“ stützt sich Pellmann auf die Antwort des Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider, auf eine entsprechende Anfrage der Linken zum Stand der Einheit. Das Papier, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, lässt nach wie vor erhebliche Unterschiede sowohl in der Wirtschaftskraft als auch im Lohn- und Gehaltsgefüge erkennen.
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Angleichung geht voran – aber langsam
Demnach betrug 2002 das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung im Westen 28.872 Euro und im Osten 19.526 Euro, was etwa 68 Prozent entspricht. 20 Jahre später, im Jahr 2021, ist die Wirtschaftsleistung im Osten zwar auf 77 Prozent des Westniveaus angewachsen, liegt aber absolut immer noch 10.000 Euro niedriger mit 34.587 Euro im Osten und 44.968 Euro im Westen.
Bei der Lohnentwicklung erreichten ostdeutsche Arbeitnehmer 2002 demnach 78 Prozent des Westniveaus, wobei der durchschnittliche Bruttolohn inklusive Teilzeitbeschäftigter damals im Westen 2680 Euro betrug und im Osten 2090 Euro. Mit Blick auf das Vergleichsjahr 2021 stieg der Bruttolohn im Osten auf 3080 Euro und erreichte damit 89 Prozent des Westniveaus mit 3470 Euro monatlich.
„32 Jahre nach der Einheit sind die Unterschiede zwischen Ost und West immer noch gravierend“, kommentierte Pellmann. Die Antwort der Bundesregierung zeige, dass sich viel zu wenig in den letzten 20 Jahren getan habe. Es seien viel zu wenige Unternehmen und Behörden in Ostdeutschland angesiedelt worden.
Pellmann räumte ein, dass es bei der Lohnentwicklung etwas besser aussehen würde. Dies liege aber auch an der schwachen Lohnentwicklung in Westdeutschland nach der von der Regierung Schröder beschlossenen Agenda 2010 mit der Einführung von Hartz IV.
Der Ostbeauftragte der Linken warnte, die jetzige Inflation könne den Osten und die Einheit um Jahre zurückwerfen. „Die Preisexplosionen dürfen nicht zu einem Rollback führen und die Kluft wieder vergrößern. Wir brauchen einen Schutzschirm gegen die Inflation für die Einheit und den Zusammenhalt des Landes“, betonte Pellmann.