Mithilfe selbst gebauter Waffe: Attentäter von Halle nimmt Geiseln in Gefängnis bei Magdeburg
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HJH2AW37WFEJZCMB27ATOERSSQ.jpeg)
Der Angeklagte Stephan Balliet sitzt am 26. Prozesstag im Saal des Landgerichts. Die Verurteilung des rechtsextremen Attentäters von Halle zur Höchststrafe ist insgesamt rechtskräftig. Der 30-Jährige gilt als schwieriger Häftling (Archivbild).
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild-
Burg. In einem Gefängnis nahe Magdeburg ist es zu einer Geiselnahme unter mithilfe einer selbst gebauten Waffe gekommen. Der Täter war der rechtsextreme Halle-Attentäter Stephan Balliet. Der 30-Jährige wurde am Montagabend nach weniger als einer Stunde überwältigt. Das Justizministerium bestätigte entsprechende Angaben aus Sicherheitskreisen.
Demnach hatte der Gefangene gegen 21 Uhr weniger als eine Stunde zwei Bedienstete in seine Gewalt gebracht. Der Täter wurde durch weitere Justizvollzugsbedienstete im Innenbereich des Gefängnisses überwältigt, wie es hieß. Er hatte den Plan, aus der JVA Burg auszubrechen.
Attentäter von Halle nimmt zwei Geiseln in Gefängnis bei Magdeburg
Der Geiselnehmer im Gefängnis Burg nahe Magdeburg war der rechtsextreme Halle-Attentäter Stephan B.
© Quelle: dpa
Balliet wurde verletzt. Die Bediensteten sind den Angaben zufolge körperlich nicht verletzt, werden aber betreut. Die genauen Hintergründe der Tat sind noch unklar. Dazu gehört, wie genau der Gefangene die Bediensteten in seine Gewalt bringen konnte. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Synagogen-Attentäter habe bei seinem Ausbruchsversuch am Montagabend einen „selbst gebauten Schussapparat“ benutzt, sagte Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU). Details zu den verwendeten Komponenten und der Funktionsfähigkeit würden derzeit durch das Landeskriminalamt untersucht.
Aktuell laufen die Ermittlungen zu den Hintergründen. Es würden Spuren gesichert auf dem Weg, den der Geiselnehmer mit den Bediensteten des Gefängnisses am Montagabend nahm, erklärte ein Sprecher des Landeskriminalamts. Videomaterial werde ausgewertet. Spezialkräfte des LKA waren in Burg im Einsatz.
Gegenwärtig werde geprüft, ob in der JVA Sicherheitsbestimmungen im Vorfeld der Tat missachtet worden seien, sagte die Justizministerin.
Lebenslange Haft und Sicherheitsverwahrung für Halle-Attentäter
Der Halle-Attentäter war am 21. Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er sitzt seine Strafe im Gefängnis in Burg ab. Es ist das größte und modernste Hochsicherheitsgefängnis Sachsen-Anhalts.
Balliet gilt als unkooperativer und schwieriger Häftling. Am Pfingstwochenende 2020 hatte er als Angeklagter im Halle-Prozess versucht, aus der JVA Halle zu fliehen. Während eines Hofgangs war er über einen 3,40 Meter hohen Zaun geklettert und hatte fünf Minuten ohne Aufsicht nach Auswegen aus dem Gefängnis gesucht, bevor ihn Justizbedienstete wieder schnappten.
Der rechtsextreme Attentäter hatte am 9. Oktober 2019 versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür. Als es ihm nicht gelang, aufs Gelände zu kommen, ermordete er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf der Flucht verletzte er weitere Menschen.
Das Gefängnis in Burg unweit der Autobahn 2 verfügt laut Justizministerium über 637 Haftplätze im geschlossenen Vollzug, es werden zudem 18 Haftplätze für die Sicherungsverwahrung vorgehalten.
Unterdessen wurden erste Forderungen nach Aufklärung und der Beseitigung von Schwachstellen im Gefängnis laut. „Die Welt schaut auf Sachsen-Anhalt und die Landesregierung trägt eine besondere Verantwortung und muss besonders sorgfältig handeln“, erklärte Linken-Fraktionschefin Eva von Angern. Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) müsse alles unternehmen, damit der aktuelle Vorfall aufgearbeitet und Schwachstellen behoben werden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Sebastian Striegel, drängte auf eine möglichst baldige Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags. „Wir müssen jetzt schnell zu gesicherten Informationen kommen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er sei „extrem beunruhigt“, dass es nach dem Ausbruchsversuch des Attentäters in der JVA Halle und einem versuchten Angriff im Gericht nach der Urteilsverkündung erneut „zu einem schwerwiegenden Sicherheitsvorfall“ durch den Gefangenen gekommen sei.
RND/dpa