Druck aus China: Warum der Uiguren-Bericht der UN schon wieder verschoben wird
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Die Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet.
© Quelle: IMAGO/NurPhoto
Peking. Mehrfach hatte Michelle Bachelet bereits mit ihrem Kuschelkurs gegenüber der chinesischen Regierung für Irritationen gesorgt, doch die jüngsten Aussagen der UN-Kommissarin für Menschenrechte sorgten für besondere Enttäuschung: Die Chilenin deutete während ihrer Pressekonferenz am Donnerstag in Genf ganz offen an, dass sie ihren lang erwarteten Bericht zu den Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang möglicherweise nicht mehr während ihrer Amtszeit veröffentlichen wird. Sie gäbe sich allerdings „große Mühe“ ihr Versprechen einzuhalten, sagte die 70-Jährige. Wirklich überzeugend klang das nicht.
Mehrfach bereits hatte die UN-Kommissarin den Report verschoben. Dabei hieß es ursprünglich im letzten Jahr, dass dieser schon „nahezu fertig“ sei. Doch Peking übte wiederholt massiv Druck aus, dass Bachelet von einer Publikation vor Austragung der Olympischen Winterspiele im Februar absieht. Sie fügte sich tatsächlich – und wurde im Gegenzug mit der Erlaubnis belohnt, endlich nach Xinjiang einzureisen zu dürfen.
UN-Kommissarin für Menschenrechte lässt sich für Chinas Propagandaspiel einspannen
Jenes „Geschenk“ entpuppte sich allerdings wenig später als Bärendienst, schließlich war der Besuch Bachelets im Mai hochgradig inszeniert. Die Chilenin ließ sich dabei – wissentlich oder nicht – für das Propagandaspiel der Chinesen einspannen: Während ihrer abschließenden Pressekonferenz antwortete sie auf die Fragen der chinesischen Staatsjournalistinnen und Staatsjournalisten über die Menschenrechtsverbrechen der Vereinigten Staaten mit ellenlangen Schilderungen, während sie die horrenden Verbrechen in Xinjiang nicht einmal beim Namen nannte. Die Straflager bezeichnete sie als „Fortbildungszentren“ – und bediente damit das chinesische Narrativ der Terrorbekämpfung.
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Der Poyang-See liegt im Südosten des Landes. Seit circa 70 Tagen hält eine Hitzewelle das Gebiet fest im Griff.
© Quelle: Reuters
Doch längst ist hinreichend dokumentiert, dass es sich bei den Einrichtungen in Westchina keineswegs um freiwillige Ausbildungsstätten handelt, sondern vielmehr um politische Umerziehungslager, die sich gezielt gegen die muslimische Minderheit der Uiguren richten. Mit ideologischer Gehirnwäsche und auch physischer Folter soll ihre kulturelle Identität gebrochen, ja, möglicherweise ausgelöscht werden, lautet der Vorwurf etlicher NGOs. Und auch mehrere Regierungen in Europa und Nordamerika haben die Menschenrechtsverbrechen bereits als „kulturellen Genozid“ eingestuft.
Kommissarin verschiebt Bericht erneut – auf unbestimmte Zeit
Michelle Bachelets Bericht hätte also eine ungemeine Autorität, den öffentlichen Druck gegenüber Peking zu erhöhen. Doch nun ist es erneut die chinesische Regierung, die mit einem taktischen Schachzug die Publikation wiederholt verzögert. Denn Peking habe laut Bachelet „substanziellen Input“ eingereicht, „den wir sorgfältig prüfen müssen, so wie wir es immer mit jedem Bericht und jedem Land tun“. Erst dann könne der Bericht veröffentlicht werden.
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Der Kanzler und sein Vize haben bei ihrer Reise nach Kanada ein Abkommen eingefädelt, das Deutschland ab 2025 die Lieferung von Wasserstoff bescheren soll. Das nordamerikanische Land ist für Scholz mehr als ein Geschäftspartner: Er spricht von „Freundschaft“ und „Verwandtschaft“. Alle Wünsche Deutschlands kann aber auch der neue Traumpartner nicht erfüllen.
Des Weiteren wurde Bachelet am Donnerstag von einem Journalisten gefragt, inwiefern sie von China unter Druck gesetzt wurde. Ihre Antwort war entlarvend: Es habe von mehreren Stellen „enormen Druck“ gegeben, sagte die Chilenin. Damit setzt sie beide Seiten gleich: den Druck der Opfer, für Gerechtigkeit zu sorgen – und den Druck des Täterregimes, das seine Menschenrechtsverbrechen unter den Teppich kehren möchte.
Innerhalb Chinas wird über die Causa nicht berichtet. Doch zumindest hat sich die deutsche Botschaft in Peking positioniert und auf der chinesischen Onlineplattform Weibo dazu aufgerufen, Bachelet möge den Menschenrechtsbericht wie versprochen noch vor Ende ihres Mandats veröffentlichen. Wie zu erwarten reagierten die chinesischen Internetnutzer vor allem mit diffamierenden Kommentaren: „Wie konnte eine solch großartige Nation zu einem solchen Hund werden?“, meint einer. Ein anderer Poster bezichtigte die deutsche Regierung zu lügen, verleumden und „der wahre Nazi-Staat“ zu sein.
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