Erdbeben trifft Syrien: „Vor allem Flüchtlingsgebiete benötigen dringend Unterstützung“
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Rettungskräfte und Zivilisten suchen in Harem in der syrischen Provinz Idlib nach Menschen in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes.
© Quelle: Anas Alkharboutli/dpa
Ein schweres Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Richterskala erschütterte am frühen Montagmorgen die Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei. In Syrien hat das Erdbeben besonders schwer in Landesteilen gewütet, die nicht unter der Kontrolle der Regierung von Präsident Baschar al-Assad stehen. Ausgerechnet die letzte von den Rebellen noch kontrollierte Provinz Idlib scheint am stärksten betroffen zu sein.
Dass die Infrastruktur schon vor dem Erdbeben durch Luftangriffe massiv zerstört worden war, verschärfe das Versorgungsproblem nun, sagt Janine Lietmeyer, Programmdirektorin bei Malteser International. Seit 2012 unterstützt die Hilfsorganisation in Syrien Gesundheitsstrukturen und die Wasser- und Sanitärversorgung über lokale Partner.
Flüchtlingsgebiete im Norden Syriens benötigen „dringend Unterstützung“
„Vor allem in den Flüchtlingsgebieten im Norden Syriens benötigen unsere lokalen Partner dringend Unterstützung. Dort leben über eine halbe Million Menschen in provisorischen Unterkünften und sind nun nach dem Erbeben schutzlos“, sagte Lietmeyer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Die größte Herausforderung seien die Wetterkonditionen vor Ort. „Es herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die Menschen, die noch in befestigten Häusern leben, können nicht in diese zurückkehren, weil sie akut einsturzgefährdet sind“, sagt Lietmeyer. Die Bebenopfer werden in Gemeinschaftszentren, etwa in großen Zelten und Hallen, untergebracht. „Dafür braucht es Decken, Matratzen, warme Kleidung und Lebensmittel. Die Märkte sind natürlich unterbrochen nach so einer Katastrophe.“
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Die Bundesregierung stelle der Hilfsorganisation Malteser International eine Million Euro zur Verfügung, um vor allem den Menschen in Syrien zu helfen.
© Quelle: Reuters
Rettungsaktionen, wie sie derzeit in der Türkei zu sehen sind, seien in der Region Idlib so gut wie unmöglich, da in der Grenzregion Gerätschaften für Bergungsarbeiten wie Kräne und Bagger fehlen. Auch die ohnehin schon provisorische Wasserversorgung sei durch das Erdbeben komplizierter geworden. „Ganz viele Camps sind nicht an ein zentrales Wassersystem angeschlossen. Wasser wird mit Lastwagen gebracht. Durch das Erdbeben sind viele Zufahrtswege zerstört worden“, so Lietmeyer.
Hilfe vor Ort leisten derzeit vor allem syrische NGOs
Hilfe vor Ort leisten derzeit hauptsächlich syrische NGOs, wie etwa die Weißhelme. Humanitäre Hilfe von UN-Staaten kann in die letzte verbliebene Oppositionsenklave derzeit nur über einen einzigen Grenzübergang gelangen, erklärt die Nahost-Expertin. Bab Al-Hawa sei der einzige offene humanitäre Grenzübergang im Nordwesten Syriens an der Grenze zur Türkei.
Diese direkte Cross-Border-Hilfe, die unabhängig vom Assad-Regime in Damaskus organisiert wird, könne jedoch nicht so einfach erhöht werden. „Die Region ist auch so schwer vom Erdbeben betroffen, dass es im Moment gar nicht realistisch ist, über diesen Grenzübergang im großen Stile Hilfsgüter hineinzubringen“, so Lietmeyer. „Deshalb wäre es wünschenswert, auch andere Grenzübergänge für humanitäre Hilfe zu öffnen.“
Malteser International hat ein Nothilfeteam in die Region entsendet, das Gaziantep in der Türkei am Mittwochnachmittag erreicht hat. „Es geht jetzt erst einmal darum, Hilfsgüter zu beschaffen und diese innerhalb der Region zu verteilen“, sagt Lietmeyer. Dafür hat die Organisation 400.000 Euro Soforthilfe bereitgestellt. Die Beschaffung erfolge ausgehend von den aktuell dringlichsten Bedarfen, die vom Länderbüro der Organisation in der Türkei gemeldet werden.