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Digitales „Dashboard“ zur Migration

Flüchtlingsgipfel: Faeser verspricht Ländern mehr Kooperation – aber noch kein neues Geld

Nancy Faeser (SPD, r), Bundesministerin für Inneres und Heimat, und Armin Schuster (CDU, l), Innenminister von Sachsen, nehmen am Flüchtlingsgipfel mit Vertretern der Innenministerkonferenz und der kommunalen Spitzenverbände teil.

Nancy Faeser (SPD, r), Bundesministerin für Inneres und Heimat, und Armin Schuster (CDU, l), Innenminister von Sachsen, nehmen am Flüchtlingsgipfel mit Vertretern der Innenministerkonferenz und der kommunalen Spitzenverbände teil.

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Berlin. Der Flüchtlingsgipfel von Vertretern des Bundes, der Länder und der Kommunen am Donnerstag bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) endete mit Verabredungen über den weiteren Umgang mit über einer Million ukrainischer Kriegsflüchtlinge sowie weit über 200.000 Asylsuchenden aus anderen Ländern. Zugleich wurden bei der anschließenden Pressekonferenz sehr unterschiedliche Positionen deutlich.

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Die Beteiligten verabredeten eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Unter anderem soll ein digitales „Dashboard“ zur Migration künftig bis auf die Landkreis-Ebene hinunter für „Transparenz“ darüber sorgen, wo Unterkünfte belegt sind und wo es noch freie Plätze gibt. Faeser kündigte überdies an, dass bis Ostern neue Gespräche über zusätzliche Finanzhilfen des Bundes zur Bewältigung der Aufgaben folgen würden. Schließlich sollten weitere Bundesliegenschaften als Flüchtlingsunterkünfte hergerichtet werden.

Sie sprach von konstruktiven Gesprächen, würdigte „das herausragende Engagement der Kommunen“ und plädierte für eine stärkere europäische Verteilung der Flüchtlinge aus der Ukraine ein. So habe etwa Spanien nur etwa 150.000 von ihnen aufgenommen. „Das kann so nicht bleiben“, sagte die SPD-Politikerin.

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Landkreistagspräsident Sager beklag das Fehlen von Olaf Scholz

Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, beklagte hingegen, dass es nicht zu einem Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) gekommen sei. Denn der Druck sei erheblich und werde von Woche zu Woche größer. Wohnraum sei begrenzt; hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte stünden kaum noch zur Verfügung, sagte Sager und unterstrich: „Wir stehen auch hier vor einer Zeitenwende. Das Problem ist größer als 2015/16.“ Zu seiner großen Enttäuschung sei der Bund dennoch nicht bereit, die Städte, Gemeinden und Landkreise mit zusätzlichem Geld zu unterstützen. Die Bundesregierung hatte für 2022 und 2023 insgesamt 6,25 Milliarden Euro zugesagt.

Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Hans-Günter Henneke, der unter den Journalisten saß, verließ sogar unter Protest die Pressekonferenz und rief in Richtung der SPD-Vertreter: „Heuchelei“. Sowohl Sager als auch Henneke gehören der CDU an.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) kritisierte die Bundesregierung ebenfalls. „Die Migration nach Europa muss stärker reguliert werden“, sagte er. „Dazu braucht es einen grundsätzlichen Neustart in der Migrationspolitik der Ampelkoalition.“ Beuth fuhr fort, bei der Bewältigung des Flüchtlingszuzugs seien wertvolle Monate ungenutzt verstrichen. Zur Lösung des Finanzstreits sagte er: „Heute wäre die Chance dazu gewesen.“ Faeser tritt bei der hessischen Landtagswahl im Herbst als SPD-Spitzenkandidatin an.

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Britta Haßelmann spricht von einem „wichtigen Signal“

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte dem RedaktionsNetzwerk (RND) unterdessen: „Der Flüchtlingsgipfel ist ein wichtiges Signal der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die humanitäre Versorgung der Menschen, die bei uns Zuflucht und Schutz suchen. Er muss der Auftakt für einen weiteren, kontinuierlichen Dialog sein.“ Vor dem Krieg geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer sowie weitere Asylsuchende müssten aufgenommen, untergebracht und versorgt werden. „Das ist unsere humanitäre Verantwortung“, so Haßelmann.

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Dabei reiche es in der gegenwärtigen Situation nicht aus, nur kurzfristige Aspekte der Aufnahme zu klären. „Denn Aufgabe ist es auch die Integration der geflüchteten Menschen sicherzustellen“, sagte die Grünen-Politikerin. Sie erklärte zudem: „Über eine angemessene Verteilung der Kosten wird weiter zu reden sein, auch dafür ist fortgesetzter Dialog nötig. Denn die Kommunen müssen sich auf die Unterstützung von Bund und Ländern verlassen können.“

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Apokalyptisch sind die Bilder aus dem Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien. Besonders betroffen machen sie die, die dort ihre ursprüngliche Heimat haben. So wie Rani Al Ali. Der Syrer lebt seit mehreren Jahren in Deutschland und versucht, Kontakt ins Katastrophengebiet zu halten.

Kipping fordert Bund auf, Kosten komplett zu übernehmen

Die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) forderte den Bund auf, die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen wieder zu 100 Prozent zu übernehmen. „Bis 2021 hat der Bund 100 Prozent der Unterkunftskosten getragen“, sagte sie dem RND. „Diese Regelung sollte reaktiviert werden. Das wäre konkrete, schnelle Hilfe. Dann wäre es auch leichter, in der Praxis pragmatische Lösungen zu finden – etwa, wenn in bestimmten Landkreisen Leerstand herrscht und in anderen keine Plätze mehr frei sind.“ Kipping forderte: „Dazu müssen bis spätestens Ostern konkrete Verabredungen getroffen werden. Deshalb sollte beim nächsten Gipfel der Bundesfinanzminister persönlich dabei sein.“

Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) sagte: „Es ist gut, dass sich Bund, Länder und Kommunen in dieser Runde offen und konstruktiv ausgetauscht haben. Angesichts der Größe der aktuellen Herausforderungen hätte ich aber konkretere Ergebnisse erwartet. Wir brauchen dringend mehr dauerhafte Unterkünfte in den Kommunen und entsprechende Unterstützung vom Bund. Und wir brauchen eine Ausweitung der Sprachkurse des Bundes.“ Das Land Schleswig-Holstein und die Kommunen gingen hier immer wieder gemeinsam in Vorleistung. „Das funktioniert nicht auf Dauer. Hier muss der Bund bis Ostern liefern.“

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