Fußball & Konzerte: Grüne und FDP für mehr Mut bei Freiluftevents
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Pappkameraden in Gladbach: Viele Fußballfans sehnen sich ins Stadion zurück. Doch daraus wird vorerst nichts.
© Quelle: Martin Meissner/AP Pool/dpa
Berlin. Die Ansage war klar und deutlich: Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben am Montagabend einstimmig entschieden, bis mindestens Ende Oktober keine Fans bei Bundesliga-Spielen zuzulassen. Umso verwunderter und verärgerter sind viele, dass ausgerechnet im Stadion von Fortuna Düsseldorf nun ein großes Musikkonzert stattfinden soll.
In der Theorie sei das Zuschauerkonzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ohne Sitzplätze, Alkohol und Gästefans gut, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach der Sitzung mit seinen Amtskollegen erklärt. “Entscheidend ist in der Pandemie aber die Praxis im Alltag. Tausende Zuschauer in den Stadien – das passt nicht zum aktuellen Infektionsgeschehen.” Die Minister hatten vor allem kritisiert, dass die Hygienekonzepte den Gesundheitsämtern überlassen werden sollten, die schon jetzt sehr belastet seien. Das zweite Manko sei, dass das DFL-Konzept nicht die An- und Abreise und damit “kritische Infektionsmomente” beinhalte.
Die DFL nahm die Entscheidung klaglos hin: “Wir haben immer betont, dass die Eindämmung des Coronavirus höchste Priorität haben muss. Wir respektieren daher selbstverständlich die Position der Gesundheitsminister aus Bund und Ländern in der gegenwärtigen Situation”, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme. Auch das Fanbündnis Unsere Kurve zeigte Verständnis.
FDP: “Sonst gibt es bald keine Kulturschaffenden mehr”
Einer der wenigen Unterstützer des Plans, Fans wieder ins Stadion zu lassen, war Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Er wolle “der Idee eine Chance geben”, hatte er im Vorfeld der Entscheidung gesagt. Auch Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Infektionsschutz in der Grünen-Bundestagsfraktion, zeigt sich grundsätzlich offen für Vorhaben dieser Art. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte sie am Dienstag: “Inzwischen wissen wir mehr über das Virus und die Verbreitung als noch vor ein paar Monaten. Deshalb ist es aus meiner Sicht richtig, Ideen und Konzepte zu entwickeln, die bestimmte Veranstaltungen zukünftig auch wieder möglich machen. Dabei müssen Veranstaltungen unter freiem Himmel sicher anders beurteilt werden als solche in geschlossenen Räumen und mit schlechter Belüftung.”
Auch Christine Aschenberg-Dugnus, Gesundheitsexpertin der FDP, sieht das ähnlich: “Die Veranstalter sowie Kulturschaffende stehen finanziell und psychisch enorm unter Druck. Deshalb müssen wir reagieren und Veranstaltungen mit einem erarbeiteten und genehmigten Hygienekonzept stattfinden lassen. Gerade im Sommer bieten sich etwa Außenveranstaltungen an der frischen Luft an. Mit den richtigen Konzepten müssen wir einen Weg finden, Kulturveranstaltungen wieder stattfinden zu lassen. Denn sonst gibt es bald keine Kulturschaffenden mehr. Einen Weg in die alte Normalität gibt es noch nicht, wir müssen den Weg in eine neue wagen.”
Streit um Konzert in einem Fußballstadion
Doch diese Meinungen scheinen momentan eher nicht mehrheitsfähig zu sein. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hat ein Musikkonzert im Fußballstadion der Stadt genehmigt. Das “Give Live A Chance”-Konzert – unter anderem mit Bryan Adams und Sarah Connor – soll am 4. September bis zu 13.000 Menschen anlocken. Doch bei Spitzenpolitikern stieß dies auf breite Ablehnung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von einer “katastrophalen Signalwirkung für das ganze Land”. Und auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zeigte sich verärgert über den “Alleingang” der Stadt. Er will nun sogar rechtliche Schritte gegen die Genehmigung prüfen.
Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, kritisiert wiederum Laschet: “Ob Veranstaltungen stattfinden können, muss nach einer Überprüfung der Konzepte vor Ort entschieden werden. Was die Kritik von Ministerpräsident Armin Laschet am Konzert in Düsseldorf angeht: Die örtlichen Behörden in den Rat- und Kreishäusern in NRW haben hier anscheinend mehr Expertise als die Landesregierung, die über die Sommerpause nicht einmal ein vernünftiges Konzept für die Schulen hinbekommen hat”, sagte er dem RND. Und mit Blick auf den Fußball: “Dass in den Fußballstadien erst einmal keine Fans mitfiebern können, schmerzt mich als BVB-Anhänger selbst sehr, aber es ist eine verantwortungsvolle Entscheidung.”
Die Chancen auf größere Veranstaltungen stehen also auf absehbare Zeit wohl eher schlecht. Die Gesundheitspolitikerin Karin Maag (CDU) formuliert es gegenüber dem RND so: “Wir alle mussten harte und belastende Einschränkungen im Arbeitsleben, in den Schulen oder der Wirtschaft hinnehmen. Hier wurde den Menschen aus gutem Grund viel zugemutet – da muss Freizeit erst recht zurückstehen.”